Wertige Weitwinkel und ein langer Abschied – die Fotonews der Woche 42/2023
Canons M-Bajonett ist wohl Geschichte, Leica hat zwei neue Weitwinkel, und eine Sonnenfinsternis gab es auch. Sie wurde nicht nur von der Erde aus abgelichtet.
- Nico Ernst
In der Fotobranche hat man sich an – sagen wir – gestaffelte Produkteinführungen gewöhnt. Da macht beispielsweise Tamron eine "Entwicklungsankündigung" für ein Objektiv, das schon ein paar Wochen später in den Läden stehen soll. Dass dafür längst die Produktion von Seriengeräten laufen muss, liegt auf der Hand, solche langfristigen Marketingmaßnahmen dienen vor allem dazu, die Kunden davon abzuhalten, ein anderes Gerät zu kaufen.
Darauf kann man sich noch halbwegs einstellen, anders liegt die Sache aber, wenn ein Produkt vom Markt genommen, vulgo, nicht mehr hergestellt wird. Da würde man dann schon gerne frühzeitig wissen, ob man sich das Teil noch kaufen soll, wenn bald keine Updates oder Ersatzteile dafür mehr zur Verfügung stehen. Eine Produktabkündigung wäre folglich eine feine Sache, nicht ein langsames Ausschleichen aus dem Markt.
Canon schleicht das M-Bajonett aus
Das kann sich aber wohl nicht einmal der MarktfĂĽhrer Canon leisten, die BefĂĽrchtung dĂĽrfte sein: Keiner kauft die kommenden Auslaufmodelle mehr. Daher muss man dann durch Suchen auf der Webseite erfahren, dass fĂĽr das M-Bajonett fĂĽr spiegellose APS-C-Kameras keine Neuerungen zu erwarten sind. Auf der japanischen und der US-amerikanischen Webseite sind die M-Kameras als "discontinued" gefĂĽhrt. Das hat zuerst Canon Rumours entdeckt, Petapixel nachvollzogen, und nun kommen wir auch noch daher, denn auf der deutschen Webseite ist das noch etwas verwirrender.
Dort gab es in der allgemeinen Produktübersicht am Freitag, dem 20. Oktober 2023, noch den Abschnitt "EOS M Spiegellose Systemkameras". Ein Klick darauf führt wie erwartet zu einer Seite mit allen M-Kameras, unter "Jetzt kaufen" werden dann erst einmal, weil angeblich "Bestseller" jede Menge R-Modelle gezeigt, sortiert man nach den günstigsten Geräten, taucht schließlich die EOS M50 als einzige Kamera mit M-Mount auf. Ein gelber Balken warnt dann "Niedriger Lagerbestand". Aha. Die Ms sind also wirklich Auslaufmodelle. Es braucht tatsächlich diesen ganzen Absatz mit Beschreibung von betreutem Surfen – so hätte man das vor 25 Jahren den Eltern beigebracht – um zu erklären, wie man bei Canon an solch eigentlich essenzielle Informationen kommen muss, denn: Eine ganz ausdrückliche Bestätigung für das Ende des M-Systems gibt es noch nicht. Dennoch dürfte jetzt die Sache klar sein.
Keine Schnäppchen zu erwarten
Das hat sich lange abgezeichnet, mit den APS-C-Kameras mit RF-Bajonett R7 und R10 vor anderthalb Jahren war das M-Bajonett schon faktisch erledigt. Gerade weil der Zeitraum so lang war, wäre eine klarere Kommunikation von Canon angebracht gewesen. In so ziemlich jedem anderen Markt ist es bei parallelen Modellreihen von ganz ähnlichen Geräten zudem üblich, den Abverkauf mit Preissenkungen anzukurbeln. In der Fotobranche, so auch bei Canon, wird fast immer bis zum letzten Gerät die UVP aufgerufen. Es sei denn, ein Händler verzichtet auf einen Teil seiner Marge, im Falle des M-Systems ist das aber dennoch wohl kein Schnäppchen, denn die Auswahl an Objektiven ist einfach zu klein. Wer eine M hat, kann aber umgekehrt beim Glas vielleicht noch zuschlagen.
Zwei Weitwinkel von Leica
Bei manchen Marken darf man ans Sparen gar nicht erst denken, die Rede ist natürlich wieder einmal von Leica. Ganze 5300 Euro ruft das Unternehmen für sein "Super-APO-Summicron-SL 1:2/21 ASPH" auf. Also für eine Festbrennweite mit 21 Millimetern, bei maximaler Blendenöffnung von f/2.0. Da es das einzige Objektiv mit diesen Daten für das SL-Bajonett für Vollformatsensoren ist, kann Leica aber schlicht verlangen, was es will. OK, als weltweit erstes apochromatisches Objektiv mit 21 Millimetern schon auch. Eher ein Standardmodell ist das neue Zoom, das auf Leicanisch so heißt: "Super-Vario-Elmarit-SL 1:2.8/14-24 ASPH". Dafür sind 2500 Euro gefordert, und man bekommt ein Weitwinkel-Zoom mit 14 bis 24 Millimetern Brennweite bei durchgehend f/2.8. Beide Objektive können bereits bestellt werden.
Bei Optiken wie dem kurzen Zoom sind oft schon deutlich sichtbare Verzerrungen und Abschattungen am kurzen Ende der Brennweite zu sehen. Daher betont Leica in seiner Ankündigung, dass die Konstruktion aus 18 Linsen in 13 Gruppen das weitgehend minimieren soll. Der Schwerpunkt der Entwicklung lag offenbar bei der Bildqualität, nicht neuen Rekordwerten. Erst vor einer Woche hatte Canon sein Vollformat-Zoom mit 10 bis 20 Millimetern vorgestellt, das die kürzeste Brennweite ohne Fisheye-Verzerrung bieten soll, und das nochmal 200 Euro mehr kostet – man muss als Leica-Nutzer wohl Canon dankbar sein, dass das neue SL-Zoom nicht noch teurer ausgefallen ist.
Sonnenfinsternis mal andersherum
Kein Weitwinkel, ein Tele, besser noch ein Teleskop und vor allem einen sehr starken Filter braucht man zum Fotografieren einer Sonnenfinsternis. Zumindest, wenn man das von der Erde aus machen muss. Hat man jedoch eine Kamera im Weltraum, so lässt sich auch festhalten, wie der Schatten, den der Mond auf die Erde wirft, sich tatsächlich auswirkt. Dass auch bei vollständig verdeckter Sonne durch die Brechungen der Atmosphäre und die Reflexionen auf der Oberfläche noch viel Licht übrig ist, erscheint dann sehr deutlich.
Im Bild festgehalten wird das nur selten, denn dafür muss ein weit entfernter Satellit richtig positioniert sein. In der vergangenen Woche waren die Bedingungen dafür günstig, sodass sie NASA das Phänomen fotografieren konnte. Die Aufnahme stammt vom Satelliten der Mission DSCOVR, der in 1,5 Millionen Kilometern von der Erde entfernt zwischen unserer Heimat und der Sonne steht. Das Bild sieht aus wie aus einem Science-Fiction-Film, in dem Aliens die Erde vernichten wollen: Über dem größten Teil Nordamerikas befindet sich ein transparenter, brauner Fleck. So sieht der Schatten aus dem All eben aus.
Fernbedienung zur Bildbearbeitung
In die Kategorie: "muss man ausprobiert haben, um den Nutzen zu verstehen" fallen Editing Consoles, fĂĽr die es keinen einheitlichen deutschen Begriff gibt. Nennen wir sie einfach Fernbedienungen. Sie waren schon vor Jahren vor allem bei Videoproduzenten beliebt, weil man mit der Maus in der einen Hand und der Fernbedienung in der anderen viel intuitiver arbeiten kann als mit MenĂĽs und TastenkĂĽrzeln.
Schon lange lassen sich auch Fototools wie Lightroom damit steuern, aber zum Standardwerkzeug gehört eine solche Konsole noch nicht. Es gibt sie inzwischen in den verschiedensten Größen und Ausführungen, auch kabellos und mit Akku. Fünf aktuelle und sehr unterschiedliche Geräte hat Petapixel getestet, was unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende ist.
(cbr)