Westeuropa entdeckt 450-MHz-Frequenzen neu

Die ehemals fürs C-Netz genutzten Frequenzen im 450-MHz-Band erleben einen zweiten Frühling als Träger für Breitbanddienste.

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Die Frequenzen im 450-MHz-Band erleben einen zweiten Frühling als Träger für Breitbanddienste. Dieses Band wurde früher für analogen Mobilfunk nach dem Standard Nordic Mobile Telephony (NMT) genutzt, in Deutschland für das C-Netz. Nun gelangt dabei meist die CDMA-Technologie nach dem 1x EV-DO-Standard zur Anwendung. Aber auch Flash-OFDM könnte erstmals kommerziell zum Einsatz gelangen. Beide Technologien sollen im Endausbau mehrere MBit/Sekunde übertragen können; die Gesamtkapazität der Netze ist jedoch limitiert, da in der Regel nur wenige Funkkanäle zur Verfügung stehen.

Der große wirtschaftliche Vorteil liegt in der höheren Reichweite der Sender durch die im Vergleich zu 900- oder 1800-MHz-Netzen deutlich niedrigere Frequenz, die zu einer besseren Beugung der Funkwellen an Hindernissen und geringeren Problemen mit Mehrwegeempfang führt. Beim Einsatz von CDMA450 kann eine Basisstation Gegenstellen in einem Radius von bis zu 80 Kilometern versorgen, bei Flash-OFDM bis zu 50 Kilometern. So können insbesondere dünn besiedelte Gebiete kostengünstig erschlossen werden.

Der schnelle Umstieg von NMT auf GSM erweist sich für westeuropäische Netzbetreiber nun als Nachteil. Während etwa in Osteuropa viele Netzbetreiber ihre NMT-Netze länger betrieben und so die entsprechenden Frequenznutzungsrechte behalten haben, erloschen in anderen Ländern die Lizenzen bei der Betriebsteinstellung. Dies ist mit ein Grund, warum es zwar in Osteuropa, Afrika, Asien und Südamerika 450-MHz-Netze gibt, in Westeuropa aber nur Portugal damit aufwarten kann. Allerdings zeichnen sich nun eine Reihe neuer Installationen ab: Bereits im Juni 2004 wurde in Norwegen eine Lizenz an Norsk Nordisk Mobiltelefoni vergeben. Im März 2005 setzte sich das Unternehmen in Schweden gegen vier Mitbewerber durch und muss nun bis zum 1. Juli 2007 mindestens 80 Prozent eines jeden schwedischen Landkreises versorgen. Ende April schließlich sind beim finnischen Verkehrsministerium sogar sieben Anträge eingetroffen. Unter den Bewerbern sind auch Norsk Nordisk und die Saunalahti Group.

Saunalahti ist derzeit nur ein Mobilfunk-Provider und möchte die Frequenz gerne für Breitbandangebote in bislang unterversorgten, dünn besiedelten Gebieten nutzen. Der Unternehmen möchte aber kein CDMA450-Netz errichten, sondern die von Flarion entwickelte Flash-OFDM-Technologie (PDF) einsetzen. Unbestätigten Informationen zu Folge hat sich auch T-Mobile Slowakei für einen Wechsel von NMT zu Flash-OFDM entschieden. Ebenfalls im 450-MHz-Bereich aktiv wäre gerne T-Mobile Tschechien, die dortige Regulierungsbehörde hat aber abgewunken. Marktführer Eurotel hatte vergangenes Jahr als erster Netzbetreiber weltweit sein NMT-Netz mit einem CDMA450-Overlay versehen. Das NMT-Netz wird für wenige tausend Kunden weiterbetrieben, was die Lizenz sichert.

In Deutschland hat die RegTP kurz vor Weihnachten je eine Lizenz an T-Mobile und Inquam vergeben. Inquam betreibt das portugiesische CDMA450-Netz und dürfte an dieser Technologie festhalten. T-Mobile wird auch in Deutschland Interesse an Flash-OFDM nachgesagt. Ab wann die deutschen Lizenzen tatsächlich genutzt werden, ist aber offen. In Österreich wird ein Vergabeverfahren vorbereitet, die Nutzungsbedingungen sollen im Sommer veröffentlicht werden.

Eines der letzten westeuropäischen NMT-Netze ist auf den Färöer Inseln in Betrieb. Aber auch dort ist zum Jahresende Schluss, nachdem Teile des bestehenden GSM-Netzes von erhöhten Standorten aus durch veränderte Betriebsparameter nun einen Umkreis von 70 Kilometern versorgen können. Die Nutzung des frei werdenden Spektrums für Breitbanddienste ist derzeit nicht geplant. (Daniel AJ Sokolov) / (uma)