Hotel-Knebelung: Booking.com soll riesige Strafe an Spanien zahlen​

413 Millionen Euro soll booking.com an Spanien zahlen. Die Wettbewerbsbehörde ortet jahrelangen Machtmissbrauch zum Schaden von Reisebüros, Hotels und Gästen.​

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Holzgebäude mit Aufschrift "KENO CITY HOTEL"

Das Symbolbild zeigt das Keno City Hotel in Keno City, Yukon, Kanada. Im Dezember 2020 ist das damals fast 100 Jahre alte Holzgebäude abgebrannt.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Noch nie hat Spaniens Wettbewerbsbehörde eine so hohe Strafe ausgesprochen: Nicht weniger als 413,2 Millionen Euro soll das Online-Reisebüro booking.com zahlen. Die Hälfte davon wegen ausbeuterischen Marktmachtmissbrauchs, die andere Hälfte wegen Missbrauch seiner Marktmacht zum Ausschluss von Mitbewerbern. Booking.com fühlt sich missverstanden und kündigt Rechtsmittel gegen die nicht rechtskräftige Rekordstrafe an.

Tatsächlich hat das Unternehmen im Untersuchungszeitraum (ab 2019) 70 bis 90 Prozent Anteil am Markt für Hotelbuchungen in Spanien über Online-Reisebüros. Das ist für sich genommen nicht rechtswidrig. Allerdings kann es illegal sein, die mit solchen Marktanteilen einhergehende Macht zu missbrauchen. Und genau das kreidet die spanische Wettbewerbsbehörde CNMC (Comisión Nacional de los Mercados y la Competencia) dem Konzern booking.com an (Az. S/0005/21).

Im Mai hat die EU-Kommission das Reise-Buchungsportal als Gatekeeper eingestuft. Damit muss sich booking.com an die Regeln des Digital Markets Acts (DMA) halten. Bereits 2015 hat das deutsche Kartellamt booking.com untersagt, sich von den Partnerhotels den jeweils günstigsten Hotelpreis, die höchstmögliche Zimmerverfügbarkeit und die günstigsten Buchungs- und Stornokonditionen garantieren zu lassen.

In einer seit Oktober 2022 laufenden Untersuchung hat die spanische Behörde CNMC festgestellt, dass booking.com spanischen Hotels untersagt, in deren eigenen Verkaufskanälen günstigere Preise zu bieten als über das Online-Reisebüro. Außerdem sind die Verträge in englischer Sprache nach niederländischem Recht abgefasst und sehen Amsterdam als Gerichtsstand vor. Das ist insbesondere für kleinere spanische Tourismusunternehmen eine Hürde, ihre Rechte wahrzunehmen.

Zudem sollen die Mechanismen hinter den Zusatzprogrammen Preferred, Preferred Plus und Genius intransparent sein. Die Hotels müssen dafür höhere Disagios zahlen, um auf den Webseiten des Reisebüros besser gereiht zu werden und damit mehr Buchungen zu erhalten. Doch welche Leistungen oder Ansprüche sie für die höheren Zahlungen konkret erhalten, sei undeutlich.

Gleichzeitig scheinen sich die Mitgliedschaften bei Preferred und Preferred Plus für die Hotels auszuzahlen. Denn laut CNMC bemühen sie sich, diesen Status nicht zu verlieren. Nur Betriebe, die für booking.com besonders rentabel sind, dürfen bei diesen Premiumprogrammen mitmachen. Das führe dazu, dass die Beherbergungsbetriebe viel daran setzen, Online-Buchungen über booking.com abzuwickeln anstatt über andere Online-Reisebüros. Weil booking.com so einen hohen Marktanteil hat, nutzt die Konstruktion dieser Premiumprogramme dem Unternehmen im Wettbewerb, weshalb die Behörde sie als unzulässig einstuft.

Noch deutlicher wird das bei einem anderen Mechanismus: Je mehr Buchungen ein Hotel bringt, umso besser wird es auf den Webseiten booking.coms gereiht. Das ist ein direkter Anreiz für Hotels, nicht auf eigene Webseiten oder andere Reisebüros zu setzen, sondern booking.com mehr Umsatz zu bringen. Auch das erachtet die CNMC als Verstoß gegen Wettbewerbsrecht.

(ds)