Gesundheitsnetz: Ärzte fordern bei Ausfall Entschädigung – wie bei der Bahn

Der Hausärzteverband fordert Änderungen beim Digitalgesetz. Diese sollen sich unter anderem positiv auf die Ausfallsicherheit des Gesundheitsnetzes auswirken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 16 Kommentare lesen

(Bild: Pixfiction/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

In Arztpraxen kommt es immer wieder zu Ausfällen der Telematikinfrastruktur – der "Datenautobahn des Gesundheitswesens", wie sie von der verantwortlichen Gematik auch genannt wird. Die Delegierten des Hausärztinnen- und Hausärztetages fordern den Gesetzgeber daher auf, Regelungen zu schaffen, damit die Betreiber der Telematikinfrastruktur, kurz TI, für den Ausfall der Technik haften. Dabei sollen die Betreiber "im Sinne einer Beweislastumkehr" nachweisen, dass ihre Technik störungsfrei funktioniert. Passiert das nicht, soll es angemessenen Schadensersatz geben – analog zur Deutschen Bahn.

Begründet wird die Forderung damit, dass "zu häufige Ausfälle der TI" zu erheblichen Störungen im Praxisbetrieb führen und inzwischen ein "versorgungsgefährdendes Maß erreicht" haben. Daher sollte der Gesetzgeber dringend reagieren und die Betreiber der TI "unter der Androhung finanzieller Haftung" zu einer störungsfreien der Technik verpflichten. Das geht aus einem von mehreren Beschlüssen der Delegiertenversammlung des Hausärzteverbandes hervor.

Den Umbau der Gematik zu einer nationalen Agentur begrüßten die Delegierten. Fehlermeldungen und Störungen soll die "neue" Gematik offen und transparent kommunizieren. Zudem soll die Gematik eng mit den Hausärzten zusammenarbeiten und die Prozesse in den Praxen vor Ort verstehen. Darüber hinaus wollen Ärzte besser "in alle technischen Entwicklungen" einbezogen werden. Für die Digitalstrategie hatte das Bundesgesundheitsministerium bereits einen partizipativen Prozess begonnen. Dabei sollen die digitalen Prozesse nach Ansicht der Ärzte vollständig und nicht nur teilweise digitalisiert werden. Bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fordern die Ärzte, dass diese ebenfalls für Kinder erhalten werden kann.

Bei telemedizinischen Leistungen wie der Videosprechstunde fordern die Ärzte "angemessene arztgruppenindividuelle Quoten" – für den hausärztlichen Bereich maximal 50 Prozent. Hintergrund ist die Sicherstellung einer eventuell notwendigen Anschlussversorgung der Patienten. Dafür sei die Festlegung von Maximalquoten notwendig. Für den hausärztlichen Versorgungsbereich wäre daher eine Erhöhung der Quote von derzeit 30 Prozent auf 50 Prozent "völlig ausreichend", heißt es in der Begründung. Das soll zudem auch den Markteintritt ausschließlich telemedizinisch arbeitender Anbieter wie Teleclinic und Co. verhindern.

Gleichzeitig begrüßen die Ärzte, dass mit dem Digitalgesetz Leistungen telemedizinisch, außerhalb der Praxis erbracht werden können. Das ermögliche vor allem jungen Ärztinnen und Ärztinnen mit Familie eine bessere Work-Life-Balance. Außerdem können die Ärzte damit flexibler auf Menschen reagieren, die beispielsweise in ländlichen Gebieten wohnen oder nicht zu den üblichen Praxisöffnungszeiten können. Allerdings sprechen sie sich gegen das Gesetzesvorhaben aus, wonach die Home-Office-Leistungen zusätzlich zu den 25 Pflichtstunden in der Praxis erbracht werden müssen.

Die Ärzte fordern obendrein das viel kritisierte Gesetzesvorhaben der automatisierten Verarbeitung von Daten durch die Krankenkassen "zu Zwecken des Gesundheitsschutzes" zu streichen. Die möglicherweise neuen Rechten und Pflichten für Krankenkassen im geplanten Gesundheitsdatennutzungsgesetz sollten ihrer Ansicht nach gestrichen werden. Ebenso lehnen die Hausärzte ab, dass Krankenkassen ihre Versicherten vor Gesundheitsgefahren warnen können. "Die Verantwortung für die Überwachung der Gesundheit und die Entscheidung zur ärztlichen Untersuchung liegt in erster Linie bei den Versicherten und ihren Ärztinnen und Ärzten. Das Verschieben dieser Verantwortung auf Algorithmen und Kranken- und Pflegekassen wirft massive ethische Fragen auf."

Darüber hinaus wünschen sich die Ärzte eine praktikable Umsetzung der elektronischen Patientenakte (ePA), damit der Praxisbetrieb nicht behindert wird. Die Akte müsse ohne Schulung funktionieren, die Zugriffsrechte dürften keinen zusätzlichen Aufwand verursachen. Ebenso müsse die Synchronisation mit den Praxisverwaltungssystemen automatisiert erfolgen und die Daten strukturiert eingestellt werden. Positiv sieht der Hausärztetag die Integration des Medikationsmanagements in die ePA, zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit.

Allerdings müsse das Medikationsmanagement deutlich zwischen einer Medikationsliste und einem Medikationsplan unterscheiden. In der Medikationsliste soll dabei eine Übersicht aller verordneten und auch der vom Patienten selbstständig eingenommenen Medikamente sein und auch im Praxisverwaltungsssystem integriert. Der hausärztlich erstellten Medikationsplan zeigt hingegen die "angeordnete Einnahme von Dauer- und Bedarfsmedikamenten an". Bisherige technische Formate des bundeseinheitlichen Medikationsplans sollten nach Ansicht der Ärzte beibehalten werden, zudem solle er sich "inhaltlich, semantisch und syntaktisch eng am bisherigen elektronischen Medikationsplan" orientieren. Änderungen ärztlicher Anweisungen seien dabei auf die behandelnden Ärzte zu beschränken. Für die Zukunft fordern die Ärzte einen Ausbau des Datenaustausches zwischen der elektronischen Medikationsliste und dem hausärztlichen Medikationsplan, ohne dass dabei technische Probleme entstehen.

(mack)