Winzige Palladiumteilchen erleichtern Wasserstoffspeicherung

Ein Team am Hamburger Forschungsinstitut DESY hat ein Verfahren entdeckt, Wasserstoff in Nanoclustern ohne hohen Druck und Extremkühlung zu speichern.

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Wasserstoff als Überzug auf Palladium-Nanoteilchen

Auf den Oberflächen der durch einen Kern aus Iridium (rot) stabilisierten Palladiumteilchen (grün) kann sich Wasserstoff anlagern. Durch Erwärmen lässt er sich wieder ablösen.

(Bild: DESY, Andreas Stierle)

Lesezeit: 3 Min.

Wasserstoff gilt als verheißungsvoller Energieträger. Unmittelbar und mittelbar dient er unter anderem zum klimaneutralen Antrieb von Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen. Ein hartnäckiges Problem für die Nutzung liegt darin, dass Wasserstoff ein sehr flüchtiges Gas ist, dessen Speicherung bislang einigen Aufwand erfordert. Man bewahrt es entweder in Drucktanks bei bis zu 700 bar auf oder lagert es extrem gekühlt in flüssiger Form – dabei muss die Temperatur bis auf minus 253 Grad Celsius gesenkt werden. Beide Wege erfordern den Einsatz zusätzlicher Energie.

Weitaus weniger Aufwand müsste man für eine Lagerung in winzigen Edelmetallteilchen treiben. Ein von Andreas Stierle geleitetes Team am NanoLab des Hamburger Forschungszentrums Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) hat die Grundlage für eine solche Methode erarbeitet. Die Forscher sprechen dabei scherzhaft von "Nanopralinen": Es geht um winzige Teilchen aus Palladium. Dass dieses Material Wasserstoff gewissermaßen einsaugt wie ein Schwamm, ist schon länger bekannt – so Stierle, der ergänzt: "Allerdings ist es bislang ein Problem, den Wasserstoff wieder aus dem Material herauszubekommen." Deshalb versuchte sein Team es mit Palladiumteilchen von nur etwa 1,2 Nanometer Größe – das entspricht 0,0000012 Millimeter. Diese Winzlinge wurden durch einen Kern aus dem seltenen Edelmetall Iridium stabilisiert. Zusätzlich haben die Forscher sie auf einem Graphenfundament fixiert, einer extrem dünnen Lage aus Kohlenstoff. "Auf Graphen können wir die Palladiumteilchen in Abständen von nur zweieinhalb Nanometern verankern", so Stierle. "Das Ergebnis ist eine regelmäßige, periodische Struktur.“

Zur Ausstattung des DESY gehört die Röntgenlichtquelle PETRA III. An dieser konnte das Team verfolgen, was passierte, wenn die Palladiumteilchen mit Wasserstoff in Kontakt kamen: Das Gas blieb im Wesentlichen an den Oberflächen haften – in das Innere der Klümpchen drang kaum etwas ein. Die Forscher vergleichen ihre Nanoteilchen mit winzigen Pralinen: In der Mitte befindet sich gleichsam eine Iridium-Nuss, umhüllt von einer Marzipanschicht aus Palladium. Ganz außen liegt dann wie ein Schokoladenüberzug der Wasserstoff. Der Vorteil dieser Struktur: Zur Entladung des Speichers reicht eine leichte Erwärmung. Die Gasmoleküle brauchen sich nicht erst den Weg aus dem Inneren heraus zu bahnen, sondern der Wasserstoff löst sich rasch von der Teilchenoberfläche ab.

Als Nächstes will Stierles Team herausfinden, welche Speicherdichten sich mit ihrer neuen Methode erreichen lassen. Hoffnungen auf eine schnelle Verwendung in der industriellen Praxis verpassen die Forscher allerdings zunächst einen Dämpfer – dafür gebe es noch manche Herausforderungen zu meistern. So denken die Forscher etwa darüber nach, statt Graphen andere, porösere Formen von Kohlenstoffstrukturen als Trägermaterial zu verwenden – so etwas wie Kohlenstoffschwämme. In deren winzigen Poren sollten sich die Palladiumteilchen dann in nennenswerten Mengen unterbringen lassen.

Stierles Forschungsteam, zu dem auch Fachleute von den Universitäten Köln und Hamburg gehören, hat seine Arbeit am 11. Oktober 2021 im Fachblatt "ACS Nano“ der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft (ACS) veröffentlicht.

(psz)