Wirecard-Skandal: Neue Haftbefehle gegen drei Vorstände

Neue Vorwürfe im Fall Wirecard: Die Führungsspitze soll bereits seit 2015 die Bilanzen künstlich aufgebläht haben, um an Milliarden-Kredite zu kommen.

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Wirecard-Skandal: Neue Haftbefehle gegen drei Vorstände

(Bild: Plateresca/Shutterstock.com)

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Im Betrugsskandal des Dax-Konzerns Wirecard hat die Münchner Staatsanwaltschaft drei Haftbefehle gegen frühere Führungskräfte gestellt. Dabei gehe es unter anderem um gewerbsmäßigen Bandenbetrug und Marktmanipulation in mehreren Fällen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in München. Die Ermittlungen hätten ergeben, "dass der den Beschuldigten zur Last zu legende Sachverhalt erheblich erweitert werden muss", sagte die Staatsanwaltschaft.

Ein Kronzeuge und weitere Unterlagen hätten den Ermittlern zudem weitergeholfen: Demnach sollen die Betroffenen schon seit 2015 beschlossen haben, die Wirecard-Bilanz "aufzublähen". Die neuen Haftbefehle richten sich unter anderem gegen einen früheren Finanzvorstand, aber auch erneut gegen Ex-Vorstandschef Markus Braun. Ein erster Haftbefehl gegen ihn war gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro außer Vollzug gesetzt worden.

Mit dem Frisieren der Bilanzen habe sich das Unternehmen attraktiver für finanzkräftige Investoren und Kunden machen wollen, "um so regelmäßig Kredite von Banken und sonstigen Investoren zu erlangen und daraus fortwährend eigene Einkünfte zu generieren", sagte die Staatsanwaltschaft. Den Beteiligten sei aber klar gewesen, dass der Wirecard-Konzern mit seinem tatsächlichen Geschäft, der Abwicklung von Onlinezahlungen, Verluste mache.

Mit den geschönten Bilanzen habe man demnach Banken in Deutschland und Japan sowie sonstige Investoren täuschen können und von diesen 3,2 Milliarden Euro an Krediten erhalten. Das Geld sei "aufgrund der Insolvenz der Wirecard AG höchstwahrscheinlich verloren". Zudem hätten die drei Beschuldigten Vermögen des Unternehmens durch den Kauf von Unternehmen und Unternehmensanteilen zu überhöhten Preisen geschädigt.

In allen Fällen sei die Haftfortdauer angeordnet worden, sagte die Sprecherin. Die drei Beschuldigten seien in München festgenommen worden, sie hätten sich nicht selbst gestellt. Noch in Untersuchungshaft befindet sich der frühere Chef der Wirecard-Tochtergesellschaft Cardsystems Middle East in Dubai. Bereits schon länger gesucht wird der flüchtige Ex-Vorstand Jan Marsalek, dessen Verbleib aber unklar ist. Berichten nach könnte er sich in Russland oder Weißrussland aufhalten.

Wirecard mit Sitz in Aschheim bei München hatte vor dem Insolvenzantrag eingeräumt, dass 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf philippinischen Treuhandkonten verbucht waren, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht existieren. Bei diesen 1,9 Milliarden Euro handelte es sich um die angeblichen Erträge von Geschäfte mit Subunternehmern, die für Wirecard Kreditkartenzahlungen in Südostasien und im Mittleren Osten abwickelten. Nach derzeitigem Stand war dieses Drittpartnergeschäft entweder in Gänze oder zum allergrößten Teil erdichtet.

Von den insgesamt 45 Tochtergesellschaften der Muttergesellschaft Wirecard gab es überhaupt nur drei, die nennenswert profitabel waren. Über die Cardsystems in Dubai liefen die mutmaßlichen Scheingeschäfte, diese Firma steuerte 2018 mit 237 Millionen Euro einen großen Anteil des Wirecard-Gewinns bei. (axk)