Wirtschaftsminister: Auch Büros sollen Energie sparen – Städte treffen Vorsorge
Wann fließt wieder russisches Erdgas? Wirtschaftsminister Habeck ruft zum Energiesparen in Büros auf. Auch die Städte treffen Vorbereitungen für den Ernstfall.
Angesichts eines drohenden Gasmangels im kommenden Winter hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Unternehmen mit Büroräumen aufgefordert, sich am Energiesparen zu beteiligen. Auch öffentliche Gebäude müssten in Randzeiten nicht voll beheizt werden, sagte Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Nach Angaben des Deutschen Städtetages versuchen die Städte jetzt schon alles, um ihren Gasverbrauch zu senken. Die Krisenstäbe der Städte arbeiteten an einem Stufenverfahren für den Zeitpunkt, zu dem man wisse, wie es um die Gasversorgung stehe, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy im Deutschlandfunk.
Ungewisse Gasversorgung Deutschlands
Hintergrund der Diskussion ist die ungewisse Versorgung Deutschlands und Europas mit russischem Erdgas als indirekte Folge des Ukraine-Krieges. Seit Montag fließt gar kein Gas mehr durch die wichtigste Pipeline Nord Stream 1. Der Gastransport wurde für jährliche Wartungsarbeiten an den Verdichterstationen der Leitung unterbrochen. Diese Arbeiten sollen nach Angaben der Betreibergesellschaft bis 21. Juli dauern. In Deutschland gibt es die Sorge, dass die Pipeline aber nicht wieder in Betrieb genommen und im Winter das Gas knapp wird.
Bereits im Juni hatte der Gazprom-Konzern die Lieferungen durch Nord Stream 1 in der Ostsee deutlich gedrosselt und dies mit einer fehlenden Verdichterturbine von Siemens Energy begründet, die in Kanada gewartet wurde. Inzwischen hat die kanadische Regierung entschieden, dass die Turbine trotz der Sanktionen gegen Russland nach Deutschland gebracht werden darf. Gazprom bat nun Siemens Energy darum, die Rückgabe der Turbine in die Wege zu leiten, wie das Unternehmen am Samstag mitteilte. Man erwarte, dass Siemens Energy seinen Vertrag zur Wartung und Reparatur der Gasturbinen erfülle. Davon hänge das weitere Funktionieren von Nord Stream 1 ab.
Ernst der Lage überall angekommen
Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey forderte ein enges Zusammenwirken von Bund und Ländern in der Gaskrise. Sollte Russland die Regler nach den Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 nicht wieder aufdrehen, müsse eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam mit der Bundesregierung einberufen werden, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. "Das hätte massive Auswirkungen auf alle. Und an dieser Stelle ist es aus meiner Sicht absolut erforderlich, dass es einen sehr, sehr engen Schulterschluss zwischen Bund und Ländern gibt", sagte Giffey.
Habeck sagte dem RND, sein Eindruck sei, von der Wirtschaft über Städte, Länder und Bundesregierung bis hin zu den Verbrauchern sei der Ernst der Lage angekommen. Zu seinem Sparappell führte er aus, ganze Bürotürme auf mehr als 20 Grad zu heizen, wenn nur drei Menschen drinsäßen, werde man sich nicht leisten können. "Es wäre doch fatal, Büros bis 23 Uhr zu heizen und gleichzeitig ganze Industriezweige zu zerstören."
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"Ein bisschen weniger wäre tolerabel"
Auch die bisherige Praxis für das Heizen von öffentlichen Gebäuden müsse geändert werden, forderte Habeck. "In vielen öffentlichen Gebäuden wird von 6 Uhr morgens bis 23 Uhr abends die volle Raumtemperatur bereitgestellt. Ein bisschen weniger wäre in den Randzeiten auch tolerabel."
Der Grünen-Politiker bekräftigte die Absicht, auch im nächsten Jahr eine Kostenentlastung der Bürger zu verwirklichen. "Selbst Gutverdiener schlucken, wenn sie statt 1500 plötzlich 4500 Euro im Jahr fürs Heizen bezahlen müssen. Für Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen sind diese Summen schlicht nicht darstellbar. Hier muss die Bundesregierung Entlastungen organisieren, und zwar auch 2023. Ich bin mir sicher, dass das Finanzministerium dafür noch Vorsorge schaffen wird", sagte Habeck.
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sprach sich angesichts der hohen Preise für ein "Kündigungsmoratorium für Mieterinnen und Mieter" aus. "Es geht nicht, dass Menschen wegen der gestiegenen Energiepreise ihre Wohnung verlieren", sagte Lang dem Nachrichtenportal t-online.
(tiw)