Wirtschaftsministerium überwacht E-Mail der Mitarbeiter

Ein "Mail-Gitter" scannt die elektronische Post und verhindert die "versehentliche" Sendung klassifizierter Dokumente.

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Die elektronische Poststelle des Bundeswirtschaftsministeriums wartet seit wenigen Tagen mit einer neuen Funktion auf: Schusseligen Beamten, die versehentlich als "schutzwürdig" eingestufte Dokumente wie zum Beispiel Leitungsvorlagen, interne Vermerke oder nur für den Dienstgebrauch bestimmte Papiere aus dem Behördennetzwerk nach außen senden wollen, gebietet ein "Vermittlungsrechner" Einhalt. Glaubt das Filtersystem eine entsprechende Datei an ihrem Namen oder ihrem Kopf- beziehungsweise Fußtext zu erkennen, schickt es eine freundliche Mail an den Nutzer zurück. Darin wird er von der "noch lernenden" Maschine aufgeklärt, dass die beigepackte Nachricht "zunächst nicht weitergeleitet wurde."

Der Einbau des sich selbst als "Ihr Mail-Gitter" bezeichnenden Filters geht auf einen Hauserlass zurück, der bereits am 2. Mai 2000 verabschiedet wurde. Wie der Fehlermeldung zu entnehmen ist, will das System die Anwender davor bewahren, unbedachterweise klassifizierte Informationen als "maschinenlesbare Postkarten" über das Internet zu versenden. Schließlich könnten sie im offenen Netz der "Aufklärung durch Nachrichtendienste und der Kenntnisnahme durch Unbefugte ausgesetzt" sein. Gleichzeitig verspricht der hilfreiche Autoresponder Schutz vor Viren und Junk-Mail.

Falls das System in seiner "maschinellen Unvollkommenheit", wie es im Feedback heißt, ein nicht schützenswertes, ein sowieso bereits veröffentlichtes Dokument oder eine schon gehaltene Rede festgehalten hat, sollen die eifrigen E-Mailer im Wirtschaftsministerium "bitte diese Fehlermeldung mit Anlage an meinen menschlichen Bediener 1-IT-3-17" weiterleiten. Hinter dem Kürzel versteckt sich "mein Mensch" alias ein Mitarbeiter des IT-Sicherheitszentrums, der die Mail mit leichter Verzögerung absetzt, wenn er das Gitter "vormittags oder nachmittags aufsucht".

Auch wenn die Mitarbeiter den dienstbaren Rechnergeist mit etwas Handarbeit umgehen können, indem sie den Text aus dem betroffenen Dokument herauskopieren und ohne Vor- oder Abspann direkt in der Mail versenden, hat das neue System im Ministerium bereits Unruhe ausgelöst. "Da muss man sich Sorgen machen, ob die Telefonate nicht ebenfalls automatisch abgehört werden", erklärte ein Beamter gegenüber heise online. Für vertrauensvolle Gespräche kämen wohl nur noch Spaziergänge in Grünanlagen in Frage. (Stefan Krempl) / (jk)