Wo Daten brutzeln und Hacker frotzeln

Das zweite Chaos Communication Camp in Altlandsberg ist eine sommerlich entspannte Sache -- wenn auch bereits mit ernsten Themen wie Trusted Computing und Flugdatenaffäre.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Das zweite Chaos Communication Camp in Altlandsberg ist eine sommerlich entspannte Sache. Wenn ein kühler Hauch über die drei großen Zelte streift, die von den Decken hängenden Projektoren leicht zu schwanken beginnen und die Präsentationen der Redner einen schicken Effekt bekommen, genießt man beides, Effekte und Windhauch. Entspannt gehen auch die Kämpfer der Talhoffer-Schule zur Sache, die den Schwertkampf üben: Richtig hacken will offenbar keiner.

Hunde verboten, Journalisten mit Warnschildern plakatiert? Alles egal, die vorab aufgestellten Camping-Regeln interessieren niemanden: Die Hunde laufen herum und baden im See, die Journalisten sind unbeschildert. Einzig das Verbot von offenen Feuern und Grillparties wird strikt eingehalten. Im Gegensatz zum kühlen, von häufigen Schauern durchsetzten Hacker-Camp Hal 2001 hat der CCC die heißesten Tage des Jahres erwischt. So warten die Hacker auf die Ankunft des Raumschiffes "Heart of Gold", das sie mit kühlendem Sternenstaub besprenkeln soll -- die Feuerwehrschläuche liegen schon bereit.

Abseits der Idylle ist das Camp eine Mischung aus Informationsveranstaltung und einem Treffen unterschiedlicher Clans, von den Cypherpunks. Diese sitzen abgeschottet in ihren Zelten und werkeln an ihren Projekten. Wettbewerbe wie das Erstürmen eines hochgesicherten Servers gibt es nicht, nur ein sommerlich leichtes vorolympisches Quiz. Hacker suchen eben nicht die besten Menschen, sondern die besten Informationen.

Diese gab es -- neben den ausführlichen CCC-Anmerkungen zum Trusted Computing -- bislang etwa von dem österreichischen Journalisten Erich Moechel, der über den neuesten Stand der Flugdatenaffäre berichtete und die passive Rolle der EU kritisierte. Moechel präsentierte die von der EU und den USA ausgehandelten Verträge in verschiedenen Korrekturstadien und machte darauf aufmerksam, dass die USA unter den Passenger Name Records nicht nur eine ausufernde Sammlung von Flugdaten verstehen, sondern auch für zukünftige Erweiterungen Platz gelassen haben: Wenn biometrische Daten auf dem Visum oder Flugschein auftauchen, zählen sie zu den additional data fields, auf die Zugriff gewährt werden muss.

Was im Geheimen bleiben soll, will die Künstlergruppe BBM (Beobachter der Bediener von Maschinen) mit einem europaweiten Projekt Troia (Temporary Residence Of Intelligent Agents) öffentlich machen. Olaf Arndt stellte die ganze Kollektion neuer Polizeiwaffen vor, die verharmlosend als nichttödliche Waffen gepriesen werden. Mit einer kreativen Bricolage (Bastelei) möchte die Künstlergruppe den Prozess umdrehen und eine immersive multimediale wie multisensorische Wanderausstellung schaffen, in der die Besucher den Effekt non-letaler Waffen am eigenen Leibe erleben können.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(Detlef Borchers) / (jk)