X/Twitter verliert nach Antisemitismus-Eklat weitere große Werbekunden

Wegen Antisemitismus und Nazi-Inhalten bei X reißt nun der Geduldsfaden mancher Werbetreibender – weitere Großkunden wenden sich ab. Elon Musk droht.

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X-Symbol auf einem Smartphone. Das Smartphone liegt auf einer Mac--Notebook-Tastatur.

(Bild: sdx15/Shutterstock.com)

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Ein doppelter Eklat um Antisemitismus und Nazi-Inhalte bei Elon Musks Twitter-Nachfolger X treibt immer mehr große Werbekunden in die Flucht. Medienberichten zufolge stoppten am Freitag unter anderem Apple, Disney, Paramount und der Warner-Konzern die Werbung bei X. Auch das Filmstudio Lionsgate bestätigte, dass Anzeigen auf der Plattform ausgesetzt worden seien. Zuvor hatte der Computerkonzern IBM seine Werbung pausiert. Der New York Times zufolge wollte der Konzern dort in diesem Quartal eine Million Dollar ausgeben.

Auslöser der IBM-Entscheidung war, dass Anzeigen des Unternehmens bei X neben Nazi-Beiträgen und antisemitischen Äußerungen entdeckt wurden. Die Organisation Media Matters for America zeigte auf, wie Werbung unter anderem von IBM, Apple und dem Software-Konzern Oracle auf X neben Beiträgen mit positiven Äußerungen über Adolf Hitler und die Ideologie der Nationalsozialisten auftauchte. Am Freitag gab auch die EU-Kommission bekannt, vorerst keine Werbung mehr auf X schalten zu wollen.

Musk drohte Media Matters mit einer "thermonuklearen Klage" und warf der Organisation vor, gezielt einen falschen Eindruck zu erwecken. Unter anderem behauptete er, Media Matters habe die Ansicht wiederholt neu geladen, bis Werbung neben den Inhalten angezeigt worden sei. Dadurch sei 13-mal mehr Werbung ausgespielt worden als bei gewöhnlicher Nutzung von X. Bei einem früheren von Media Matters an die Öffentlichkeit gebrachten Fall reichte es allerdings, einen Account mit rassistischen Beiträgen nur einmal durchzuschauen, um Werbung etablierter Marken angezeigt zu bekommen. Der Account wurde nach dem Bericht gesperrt.

Media Matters legte am Freitag mit neuen Beispielen mit Werbung weiterer bekannter Unternehmen nach. Von der Organisation gab es zunächst keine Reaktion auf die Klagedrohung.

Musk selbst sorgte für eine Kontroverse mit Zuspruch für einen antisemitischen Beitrag, was ihm unter anderem scharfe Kritik aus dem Weißen Haus einhandelte. In dem Post auf X hieß es unter anderem, von jüdischer Seite werde "Hass gegen Weiße" verbreitet. Musk schrieb zu dem Beitrag am Mittwoch, darin stehe die "tatsächliche Wahrheit".

In späteren Äußerungen rückte Musk nicht von seiner Position ab, sondern relativierte sie nur: Er meine "einige Gruppen" wie die jüdische Organisation Anti-Defamation League (ADL), die "faktisch anti-weißen Rassismus und anti-asiatischen Rassismus" verbreiteten. Er bekräftigte zugleich, dass es aus seiner Sicht ein Problem mit Rassismus gegen Weiße gebe.

Am Freitag gab sich Musk trotzig. "Viele der größten Werbekunden sind die größten Unterdrücker von Eurem Recht auf freie Meinungsäußerung", schrieb er an seine Anhänger bei X. Zugleich warb er für das teuerste Premium-Abo ganz ohne Werbung, das in Deutschland rund 19 Euro im Monat kostet. Musk bezeichnete Media Matters als "das pure Böse".

Die wirtschaftliche Lage von X ist bereits schwierig. Musk räumte mehrfach ein, dass die Werbeerlöse nur noch etwa halb so hoch seien wie zu Twitter-Zeiten. Er versucht zwar, mehr Geld durch Abo-Angebote einzunehmen. Nach Einschätzung von Experten kann das aber bisher den Wegfall der Anzeigen-Einnahmen nicht annähernd ausgleichen.

(tiw)