Yahoo: Mit Volldampf auf Schlingerkurs

Ein schlingernden Schiff mit einem Kapitän, der mit Inbrunst "Volle Kraft voraus!" schreit? Die Konferenz zum Hintergrund der Yahoo-Geschäftszahlen zeichnete ein widersprüchliches Bild der Situation bei dem Internet-Konzern.

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Yahoo-Chefin Mayer agierte im Stil einer Nachrichtensprecherin. Der Livestream war trotzdem keine Werbung für ihre Videoplattform.

Vor einem Jahr hat Marissa Mayer das Kommando bei Yahoo übernommen. Ihre Aufgabe ist es, die Talfahrt des Konzerns zu stoppen und das Ruder herumzureißen. Am Dienstagabend nach Börsenschluss in den USA präsentierte die energische Managerin gemeinsam mit ihrem Finanzchef Ken Goldman die Geschäftszahlen für das zweite Quartal 2013. Anstatt der üblichen Telefonkonferenz wollte Mayer mit einem Videostream ein Zeichen setzen, realisiert "mit unseren eigenen Produkten", wie sie betonte. Doch zahlreiche Aussetzer und Störungen in der Videoübertragung zeichneten eher das Bild eines schlingernden Schiffes; immerhin mit einem Kapitän, der mit Inbrunst "Volle Kraft voraus!" schreit.

Mayer zieht auch fleißig an diversen Hebeln: "Das zweite Quartal war eines der produktivsten in der Geschichte Yahoos", betonte sie. "Bauen, Zukaufen und mit anderen Zusammenarbeiten" sind dabei die Schlagworte. Im Schnitt sei jede Woche ein neuer Dienst hinzugekommen, vor allem Handy-Apps sind ihr wichtig. Seit Herbst hat sie aber auch mehr als 30 "unterbenutzte" Dienste eingestellt.

Neun Unternehmen wurden gekauft, was insgesamt eine Milliarde Dollar gekostet hat. In erster Linie ging es dabei um die Immaterialgüterrechte dieser Firmen, aber auch um die Mitarbeiter. Prominentester Einkauf war jedoch tumblr, wo derzeit fast 250.000 neue Blogs pro Tag neu eröffnet werden. In diesem Fall stehen die Inhalte im Fokus, die ein jüngeres Publikum anziehen. Darüber hinaus erwirbt Yahoo Rechte für Videos, zuletzt etwa für das gesamte Archiv von Saturday Night Live, immerhin 38 Jahre Samstagabendunterhaltung.

Yahoo braucht dringend Usermagneten, um mehr Werbung verkaufen zu können. Während der Online-Werbemarkt wächst, schrumpfen Yahoos Reklameeinnahmen. Doch Mayer versprüht Optimismus: Die Zugriffe von Computern gehen offenbar weiter zurück, doch bei der mobilen Nutzung geht es eindeutig aufwärts. Anfang Juni lagen die addierten Zugriffszahlen erstmals auf beziehungsweise leicht über dem Vorjahresniveau. Mayer hofft, dass das die Aufmerksamkeit von Werbekunden erregt und so langfristig für Umsatzzuwachs bei Yahoo sorgt. Für die Zukunft wünscht sich Mayer mit einem Handyhersteller zu kooperieren, damit dieser Yahoo-Apps auf seinen Geräten vorinstalliert.

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(jk)