Yahoo zeigt Auflösungserscheinungen und plant Restrukturierung

Nachdem die Übernahme durch Microsoft endgültig gescheitert ist, verlassen zahlreiche Manager den Internetkonzern, berichtet das Wall Street Journal. Derweil soll die Yahoo-Führungspitze an einer grundlegenden Neustrukturierung des Unternehmens arbeiten.

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Nachdem die Übernahme durch Microsoft endgültig gescheitert ist, verlassen zahlreiche Manager den Internetkonzern, berichtet das Wall Street Journal. Während schon in den vergangenen Jahren immer wieder wichtige Mitarbeiter bei Yahoo ausgeschieden seien, setze nun ein Exodus von Führungskräften ein, bestätigen Insider. Nicht nur Executive Vice President Usama Fayyad, Jeremy D. Zawodny, der Yahoos Entwicklernetzwerk mit aufgebaut hat, sowie das Flickr-Gründerehepaar Caterina Fake und Stewart Butterfield haben dem Konzern bereits den Rücken gekehrt, nun kündigten auch Qi Lu, Vish Makhijani und Brad Garlinghouse ihren Ausstieg an. Zuletzt bestätigte del.icio.us-Gründer Joshua Schachter seinen Abgang. Auf einschlägigen Blogs wie TechCrunch oder Valleywag finden sich beinahe täglich neue Meldungen über Yahoos Managementschwund.

Nach Einschätzung zahlreicher US-Analysten geraten CEO Jerry Yang und Präsident Susan L. Decker dadurch zunehmend in die Isolation. Denn Lu, Garlinghouse und Makhijani waren für strategische Geschäftszweige des Unternehmens wie die Suchmaschine, E-Mail und Messaging, Flickr sowie Werbung verantwortlich. Während Makhijani offensichtlich zur russischen Suchmaschine Yandex wechselt, hatte sich Garlinghouse schon 2006 in seinem Erdnussbutter-Manifest – Peanut Butter Manifesto kritisch zur Firmenstrategie geäußert: Der Senior Vice President for Communications & Communities bemängelte, Yahoo investiere zu wenig Geld und Ressourcen in zu viele Projekte.

Derweil soll die verbliebene Yahoo-Führungspitze um Yang und Decker an einem neuen Projekt arbeiten: der grundlegenden Neustrukturierung des Unternehmens. Insidern zufolge plant Susan Decker, die zahlreichen Produktgruppen wie Mail, Suchmaschine, Homepages in einem zentralisierten Geschäftsbereich mit globaler Verantwortung zu bündeln. Dabei soll künftig Hilary Schneider, Executive Vice President for Global-Partner Solutions, die das Vertrauen von Decker genießt, eine tragende Rolle zukommen. Die Neuorganisationsbemühungen stoßen im Management jedoch auf wenig Begeisterung: "In der gegenwärtigen Situation totaler Instabilität sollte man nicht noch Mitarbeiter in Verunsicherung über ihren Job bringen", zitiert die New York Times einen Senior Executive von Yahoo, der nicht namentlich genannt werden möchte.

Eine offizielle Stellungnahme zu den personellen Abgängen hat Yahoo bisher nicht abgegeben. Stattdessen lässt das Unternehmen verlauten, man habe ein "talentiertes Managementteam in allen Geschäftsbereichen und werde weiterhin talentierte Kräfte einstellen". Und genau auf die Expertise der Yahoo-Mitarbeiter hatte es ja auch Microsoft mit seinen Übernahmeversuchen abgesehen, wie Bill Gates schon im Februar betonte. Nun will der Software-Konzern aus Redmond offenbar die Gunst der Stunde nutzen und die wechselwilligen Yahoo-Manager für sich gewinnen. Am vergangenen Mittwoch schaltete Microsoft in den San Jose Mercury News, einer Zeitung, die am Stammsitz von Yahoo im Silicon Valley erscheint, eine ganzseitige Anzeige, in der Spezialisten für Internet-Suche gesucht wurden. (map)