Yelp verklagt Google wegen Monopolmissbrauchs

Die Ladengeschäfte-Plattform Yelp wirft Google vor, seit 15 Jahren unfair zu verfahren. Kronzeuge sind alte Akten und Googles KI-Dienst Gemini. ​

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Google Maps auf einem Smartphone in einer Hand

User suchen häufig auf Google Maps nach lokalen Betrieben. Kein Zufall, aber auch keine Eigenleistung Googles, sagt Yelp.

(Bild: I AM NIKOM/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
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"Google schädigt Yelp", sagt Yelp, Betreiber einer werbefinanzierten Online-Plattform, die Ladengeschäfte und Kunden einander vermittelt. Im Windschatten einer jüngst ergangenen US-Gerichtsentscheidung, wonach Googles Suchmaschinen-Geschäfte illegal sind und gegen Kartellrecht verstoßen (USA v Google), wagt auch Yelp sich zu Gericht. Das Unternehmen verklagt Google vor dem US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien (Az. 3:24-0v-06101).

Der Vorwurf: Google habe sich durch rechtswidrige Methoden besondere Marktmacht im Markt fĂĽr ortsbezogene Suchen verschafft und/oder erhalten, oder das zumindest versucht. AuĂźerdem versuche es, auch den Markt fĂĽr Werbung rund um ortsbezogene Suchmaschinen zu monopolisieren, verbinde allgemeine Suche rechtswidrig mit ortsbezogener Suche, und versuche, seine Marktmacht bei allgemeiner Suche dazu auszunutzen, sich auch besondere Marktmacht bei ortsbezogener Suche zu verschaffen.

Diese Vorwürfe beziehen sich allesamt auf Paragraph 2 des US-Wettbewerbsgesetzes Sherman Act. Zudem soll Google auch ein kalifornisches Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verletzt haben. Der beklagte Datenkonzern stellt die Vorwürfe in Abrede. Zum Teil seien sie bereits vor Jahren behördlich untersucht und für unzutreffend befunden worden, zum Übrigen werde sich Google vor Gericht verteidigen.

Wortreich schildert Yelp auf 66 Seiten der Klage zunächst die eigene Beziehung zu Google. 2004, als Yelp gegründet wurde, waren demnach Citysearch und Yahoo Local die in den USA führenden Anbieter ortsbezogener Suche (local search), und auch Google habe sich bereits in dem Markt versucht. 2005 habe Google die von Yelp-Nutzern eingegebenen Daten über Ladengeschäfte samt Kundenbewertungen für zwei Jahre lizenziert und in die Ergebnisse der Google-Suchmaschine eingebunden.

2007 habe Google seinem Kartendienst Google Maps ein eigenes User-Bewertungssystem für Geschäfte und andere Einrichtungen spendiert, was Yelp als Beginn der direkten Konkurrenz betrachtet. Es hat das Lizenzabkommen dann nicht erneuert. Google habe damals versprochen, Fotos und Kundenbewertungen nicht von Yelp zu kopieren. 2009 habe Google Yelp kaufen wollen, doch sei keine Übereinkunft erzielt worden.

2009/2010 brachte Google dann Place Pages, alsbald Google Places genannt, heraus. Dort konnten Unternehmen Daten über sich selbst eingeben und anzeigen lassen. Um sich einen Startvorteil zu verschaffen, soll Google entsprechende Daten bei anderen Online-Dienst kopiert haben (scraping), darunter auch Yelp – ohne zu fragen. Als Yelp und andere Mitbewerber sich 2010 darüber bei Google beschwerten, soll der Datenkonzern unwirsch reagiert haben: Entweder die Unternehmen akzeptierten das Scraping, oder sie würden aus Googles Suchergebnissen verbannt. Das hätte Yelp ruiniert, da die weitaus überwiegende Mehrheit des Yelp-Traffic von Google-Suchergebnissen herrührt.

Als Beweis für seine Vorwürfe verweist Yelp auf entsprechende Erkenntnisse einer 2011 bis 2013 laufenden Untersuchung der US-Handelsbehörde FTC. Die Behörde verklagte Google damals aber nicht, sondern gab sich mit einer Zusicherung Googles zufrieden: Ab April 2013 würde Google ungefragt kopierte Daten von Webseiten, deren Betreiber ein Opt-Out-Formular korrekt ausgefüllt haben, in den USA unter google.com nicht mehr in den speziellen Anzeigeboxen für lokale Einrichtungen verwenden. Auf andere Länder oder Domains, etwa google.us oder google.de, bezieht sich die entsprechende Zusicherung nicht. In normalen Suchergebnissen könnten die Daten weiter auftauchen, und Google werde sich an den Webseiten auch nicht durch schlechteres Ranking rächen.

Wie für eine Kartellrechtsklage erforderlich, definiert Yelp relevante Märkte: allgemeine Suche, ortsbezogene Suche sowie Werbung rund um ortsbezogene Suche. In allen drei Märkten habe Google besondere Marktmacht und nutze diese rechtswidrig aus, führt die Klägerin aus. Beispielsweise bevorzuge Google in seinen Suchergebnissen eigene Informationsangebote, auch wenn diese schlechter seien als Konkurrenzangebote.

Und überhaupt stelle Google seine Infoboxen für Informationen über Ladengeschäfte, Online-Einkäufe und dergleichen über die echten Suchergebnisse, um die Aufmerksamkeit der Nutzer auf sich zu binden. Das Gleiche gelte für Eigenwerbung, die Google oft vor Werbung Dritter platziere, selbst wenn deren Reklame besser zur Suchanfrage passe. In den Suchergebnissen tauchten Mitbewerber, beispielsweise Preisvergleichsportale, oft erst auf hinteren Seiten auf, die nur wenige User aufriefen. Dazu verweist Yelp auf Erkenntnisse der Europäischen Kommission.

Yelps Klageschrift ist zwar lang, hat aber ihre Schwächen. Zum einen hat das US-Bundesbezirksgericht für den Hauptstadtbezirk District of Columbia gerade erst festgestellt, dass es zwar einen Markt für Werbung auf Suchmaschinen insgesamt gibt, Google dort aber kein Monopol hat. Lediglich im Markt für Textwerbung auf Suchmaschinen insgesamt hat Google demnach besondere Marktmacht.

Einen relevanten Markt für Werbung schlechthin auf allgemeinen Suchmaschinen gibt es laut dem Urteil gar nicht. Daraus folgt: Gibt es einen Markt für Werbung auf Suchmaschinen insgesamt, aber keinen Markt für Werbung auf allgemeinen Suchmaschinen, wie kann es dann einen separaten Markt für Werbung auf ortsbezogenen Suchmaschinen geben? Es ist möglich, dass Yelp das Bundesbezirksgericht in Kalifornien davon überzeugen kann, aber einfach wird es nicht.

Zudem bleibt Yelp mehrfach konkrete Daten schuldig und verweist stattdessen auf Antworten eine generativen Künstlichen Intelligenz, nämlich Googles hauseigenem Gemini. Dieses habe angegeben, dass "ein signifikanter Anteil aller Suchen ortsbezogen sei" und Google den Markt für lokale Suche "dominiere"; der Marktanteil werde demnach "generell auf weit über 90 Prozent geschätzt". Auch für den Markt für Werbung rund um ortsbezogene Suche soll Gemini bescheinigen, dass "Google einen dominanten Marktanteil hat" und die Umsätze "signifikant" seien.

Mit Allgemeinfloskeln des Schlaumeiers Gemini wird vor Gericht kein Blumentopf zu gewinnen sein, selbst bei den beantragten Geschworenen. Entweder spekuliert Yelp auf einen milliardenschweren Vergleich oder muss darauf hoffen, im Zuge gerichtlich angeordneter Akteneinsicht bei Google selbst belastendes Material zu finden. Vielleicht können auch Behörden, die schon Einsicht genommen haben, als Zeugen oder Beweislieferanten aushelfen. Nicht hilfreich ist, dass die schwersten Vorwürfe, nämlich des Scraping und der Drohung mit der Verbannung aus den Suchergebnissen, schon mehr als ein Jahrzehnt alt sind.

Yelp begehrt UnterlassungsverfĂĽgungen sowie dreifachen Schadenersatz nebst Zinsen und Verfahrenskosten.

(ds)