YouTube bietet Gema Verhandlungen an
Beide Parteien können dem Urteil des Hamburger Landgerichts positive Seiten abgewinnen: YouTube haftet nur als Störer für die von seinen Nutzern hochgeladenen Inhalte, muss aber die von der Gema beanstandeten Songs sperren.
Nach dem Urteil des Landesgerichts Hamburg, laut dem YouTube sieben von der Gema beanstandete Musiktitel vom Netz nehmen muss, hat Google Verhandlungsbereitschaft signalisiert. "Wir wollen wieder mit der Gema an den Verhandlungstisch", sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck. "Im Grunde stimmen wir überein, dass Musik auch entlohnt werden muss." Sein Unternehmen habe in der Hauptsache gewonnen und werde das Urteil akzeptieren. Die Aussage des Google-Sprechers bezieht sich auf die Feststellung der Richter, dass "YouTube eine Hosting-Plattform ist und nicht zur Kontrolle sämtlicher auf der Plattform hochgeladenen Videos verpflichtet werden kann", also lediglich als Störer haftbar gemacht werden kann. Das Unternehmen sieht darin einen Teilerfolg für die Musikindustrie, "für die Nutzer in Deutschland sowie für Künstler, Komponisten und andere Internetplattformen".
Im aktuellen Verfahren ging es nur um die Unterlassungsverpflichtung, nicht um Schadenersatz beziehungsweise Lizenzkosten. Gema-Anwältin Kerstin Bäcker forderte, die Rechteinhaber müssten an den Werbeeinnahmen von Youtube beteiligt werden. YouTube solle für jeden Abruf eines Musikstücks 0,6 Cent an die Gema abführen. Das entspräche dem Ende 2011 veröffentlichten Forderungen der Verwertungsgesellschaft für werbefinanzierte Streaming-Dienste mit "hoher Interaktivität". Experten halten eine Einigung bei 0,1 bis 2 Cent pro Abruf für realistisch.
Das Urteil werfe jedoch auch Fragen zu den Kontrollpflichten von Hosting-Plattformen für User Generated Content auf, im Falle von YouTube konkret zum Einsatz des hauseigenen Filtersystems Content-ID und Wortfiltern. Das Gericht hat YouTube dazu verpflichtet, einen Wortfilter zu installieren, der direkt anhand der Titel bestimmte Videos aussortieren sollte. Google hatte einen solchen wegen der hohen Wahrscheinlichkeit fälschlich blockierter Videos ausgeschlossen. Nun will der Internet-Riese die Begründung des Gerichts abwarten, bevor er sich konkret dazu äußert.
Der IT-Verband Bitkom sieht den Einsatz von Wortfiltern kritisch. Die von der Gema geforderten Prüfungspflichten seien "schlicht nicht umsetzbar". "Ebenso gut hätte die Gema fordern können, Online-Plattformen für Musik zu verbieten. Wir müssen aufpassen, dass Deutschland bei Online-Musikangeboten nicht abgehängt wird", sagte Verbandsvorsitzender Bernhard Rohleder. In einem wesentlichen Punkt sei das Urteil aber ein gutes Signal für die Internetwirtschaft: "Es macht klar, dass YouTube nicht als Inhalteanbieter, sondern als sogenannter Hostprovider einzustufen ist."
Bäcker wiederum sieht das Urteil als einen "großartigen Erfolg, weil YouTube für die Nutzerinhalte haftet". Allerdings hätte sie es lieber gesehen, wenn YouTube als Täter verurteilt worden wäre. Durch die Störer-Haftung fühle sich die Gema aber bestätigt. Gema-Vorsitzender Harald Heker ergänzte: "Unser primäres Ziel, die grundsätzliche Haftung von YouTube für Nutzervideos gerichtlich bestätigt zu bekommen, haben wir voll erreicht. YouTube hat zumutbare Maßnahmen zum Schutz unseres Repertoires zu ergreifen und kann diese Verpflichtung nicht einfach auf die Rechteinhaber abwälzen. Das stellt einen wichtigen Erfolg für uns dar."
Bei dem Prozess ging es ursprünglich um zwölf Songs, von denen YouTube nun die folgenden sieben vom Netz nehmen muss: Alex Joerg Christensen, "Ritmo de la noche" (Chocolate, 1990), ebenfalls von Christensen, "Night in Motion" (U96, 1993), Frank Dostal, "Lieder, die die Liebe schreibt" (Nana Mouskouri, 1978), Hajo Lewerentz (Hayo Panarinfo; Hayo Bauer; CKioni), "Club Bizarre", (U96, 1995), Franz Reuther (Frank Farian), "Rivers of Babylon", (Boney M., 1978), Rolf Zuckowski und deren "Lieder, die wie Brücken sind" (1982) und "Im Kindergarten" (1994). Bei den fünf weiteren Liedern wurde der Antrag der Gema formal zurückgewiesen, da diese Videos nicht erneut auf der Plattform bereitgestellt worden seien. (mit Material von dpa) / (vza)