Zahlen, bitte! 9.500.000 Dollar teure Mond-Spazierfahrten

Seite 2: Steuerung via Joystick

Inhaltsverzeichnis

Das Amaturenbrett des Lunar Roving Vehicles. Oben Navigationssystem mit Kompass, Kilometerzähler, Gyroskopsteuerung, Geschwindigkeitsanzeige (in km/h), sowie Resetschalter. Darunter die Batterieüberwachung, sowie die Bedienschalter für Batterie, Antrieb und Steuerung.
Ganz unten der Joystick für die Steuerung und eine Armlehne für entspanntes Fahren.

(Bild: NASA)

Der Kommandant war jeweils der Steuermann der LRVs und die Piloten der Landefähren die "Reiseleiter" beziehungsweise Navigatoren. Gelenkt wurden beide Achsen Mithilfe von je einem 72 Watt starken Elektromotor. Das hatte zum einen den Vorteil, dass das LRV einen sehr günstigen Wendekreis aufwies, zum anderen war dadurch eine gewisse Redundanz gewährleistet, Die stellte sich denn auch gleich als sehr notwendig heraus: Nach dem Entladen des LRV aus der Quad-1-Ladebucht stellten die Astronauten fest, dass Vorderlenkung nicht funktionierte. Dank der noch verbleibenden Hinterradlenkung konnten die Fahrten dennoch weitgehend wie geplant durchgeführt werden.

Als Speicher kamen zwei nicht aufladbare 36 Volt-Batterien von Varta zum Einsatz, die jeweils 121 Amperestunden Kapazität hatten. Ein einfaches gyroskopgesteuertes Navigationssystem sorgte zudem für Orientierung auf dem Erdtrabanten. Als Höchstgeschwindigkeit waren 13 km/h Werksangabe, wobei Eugene Cernan als Apollo-17-Astronaut dem Fahrzeug 18 km/h entlockte – Inoffizieller Geschwindigkeitsrekord auf einem anderen Himmelskörper. Eine Kamera sowie eine starke Funkanlage waren ebenfalls an Bord.

Als Reichweite wäre theoretisch maximal eine Fahrstrecke von 92 Kilometern möglich gewesen - allerdings wurden diese Fahrstrecken nicht annähernd erreicht. Sicherheitsbestimmungen ließen nur eine begrenzte Entfernung zu, da die Astronauten innerhalb des "walk back limits" bleiben mussten - damit sie zu Fuß die Landefähre erreichen konnten, falls das LRV mal ausfallen sollte oder es Probleme mit den Lebenserhaltungssystemen gab.

Mehr Infos

Maße (verpackt):

  • Länge: 3,10m (1,7m)
  • Breite: 1,83m (1,5m)
  • Höhe: 1,14m (0,9m)
  • Radstand: 2,30m

Gewicht LVR:

  • 210 KG
Zulässiges Gesamtgewicht:
  • 490 KG

Fahrtgewicht inklusive zwei Astronauten und Anzüge:
  • 353 KG

Antrieb:

  • Je Rad ein Elektromotor mit 180 W (0,24 PS)

Lenkung:

  • Achsweise via 72 Watt - Elektromotoren

Energieversorgung:

  • 36-Volt-Silberoxid-Zink-Batterien
  • 121 Ah
  • Nicht aufladbar
  • Höchstgeschwindigkeit: 13 Km/h
  • Akkuladung-Reichweite: Bis zu 92 KM

Vier LRV wurden gebaut zu Entwicklungskosten von insgesamt 38 Millionen Dollar (heute umgerechnet um 200 Millionen Dollar) und damit 9,5 Millionen Dollar pro Einweg-Fahrzeug. Das erste wurde vor 48 Jahren bei Apollo 15 im Hadley-Appennine-Landegebiet eingesetzt und über eine Strecke von insgesamt 27,9 Kilometer gefahren.

Das zweite LRV besuchte mit Apollo 16 den Stone Mountain und den North-Ray-Krater. Hier fiel die Hinterradlenkung aus; nach 26,7 Kilometern war die Mission ebenfalls Geschichte.

Zuletzt wurde mit Apollo 17 das Nord- und Südmassiv des Littrow-Kraters besucht. Dabei fuhr das LRV die weiteste Strecke von 35,9 Kilometer und war zudem mit 7,6 Kilometer am weitesten vom Landemodul entfernt. Sämtliche Fahrzeuge wurden jeweils dreimal eingesetzt und nach der Mission auf dem Mond zurückgelassen. Da weitere Apollo-Missionen gestrichen wurden, kam das vierte LRV nicht mehr zum Einsatz.

Der HU-Prüfer würde die Stirn runzeln, aber für den Mond reichte es: Eine mit Klebeband und zweier Klammern fixierte Mondkarte ersetzte den zerstörten Kotflügel.

(Bild: NASA)

Bei Apollo 17 wurde die erste und bisher einzige Fahrzeugreparatur auf einem anderen Himmelskörper durchgeführt: Ein Kotflügel war durch einen unglücklich hängengebliebenen Hammer stark beschädigt worden. Ersatz wurde mit einer zusammengefalteten Mondkarte, etwas Panzertape, sowie zweier Halteklammern geschaffen. Bis auf die genannten Kleinigkeiten waren die LRVs zuverlässige Arbeitstiere und ließen endlich den Forschungscharakter der Apollo-Missionen in den Vordergrund treten.

Übrigens: Für Hobbyastronauten bietet das PS3-Rennspiel Gran Turismo 6 als Special Event ein Rennen mit dem LRV auf der Mondoberfläche unter 1/6 der Erdgravitation. Sofern die Schwerkraftsimulation stimmt, hätten die Astronauten sehr schnell auf der Seite liegen können. Falls jemand die echte Steuerung einem Gaming-Controller vorzieht, gibt es zumindest theoretisch Abhilfe: Die NASA bietet das originale LRV-Handbuch zum Download an. (mawi)