Zu viel Elon Musk: Medienwächter prüfen Bevorzugung auf Twitter

Twitter-CEO Musk will den Algorithmus angeblich so "frisieren", dass seine eigenen Tweets höchste Reichweite erzielen. Die deutsche Aufsicht ist alarmiert.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 52 Kommentare lesen
Paris,,France,,October,8.,2022:,Portrait,Of,Business,Magnate,And

(Bild: kovop58/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Medienberichte, wonach Twitter-Chef Elon Musk seine Tweets sichtbarer machen und dafür Einfluss auf die algorithmische Steuerung der Timelines der Nutzer nehmen will, hat die für die Plattform zuständige deutsche Aufsichtsbehörde auf den Plan gerufen. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) prüft, ob die offenbar vorgesehene oder bereits erfolgende Manipulation des Algorithmus durch einen "Reichweiten-Booster" gegen den Medienstaatsvertrag (MStV) der Länder verstößt. Sie will dabei ausloten, ob das Geheiß Musks das in dem Gesetz verankerte Gebot der Diskriminierungsfreiheit verletzt.

Auf den "Multiplikator für Poweruser" machte das US-Magazin "Platformer" aufmerksam. Gleich nach einem Tweet Musks zum Super Bowl, der wenig Aufmerksamkeit erzielte, habe der Konzerneigner demnach die Belegschaft zum Gegensteuern aufgefordert. Der Algorithmus soll demnach so "frisiert" werden, dass die Tweets des Eigentümers des Dienstes regelmäßig die höchste Reichweite erzielen. Die BLM will daher ein Auge darauf werfen, ob diese Manipulation auch beim deutschen Twitter-Ableger zu beobachten sei und damit die Regulierungsvorgaben für Medienportale mit Vermittlungsfunktion verletzt werden.

In einem solchen Fall "greift der Medienstaatsvertrag mit dem Diskriminierungsverbot", erläuterte BLM-Präsident Thorsten Schmiege. Dieses solle verhindern, dass bestimmte journalistisch-redaktionelle Inhalte in ihrer Wahrnehmbarkeit herabgestuft oder priorisiert werden. "Twitter hat gerade für die politische Kommunikation eine enorme Bedeutung", hob Schmiege hervor. Meinungsvielfalt und damit auch einen freien demokratischen Dialog zu sichern, sei eine Aufgabe, die die Medienanstalten angesichts der zunehmenden Bedeutung von Social Media und vergleichbarer Plattformen "sehr ernst nehmen".

Nach der ersten Sondierung will die BLM entscheiden, ob sie ein offizielles Aufsichtsverfahren der Medienanstalten wegen Diskriminierung nach Paragraf 94 MStV einleitet. Stellen die Wächter einen Verstoß gegen die Bestimmungen fest, sind laut Paragraf 109 Abhilfemaßnahmen wie "insbesondere Beanstandung, Untersagung, Sperrung, Rücknahme und Widerruf" vorgesehen. Eine Option, Sanktionen zu verhängen wie Geldstrafen in Höhe von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes bei der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), enthält der MStV nicht. Eine BLM-Sprecherin erklärte gegenüber heise online, dass Twitter beim Feststellen eines Verstoßes gegen Paragraf 94 MStV aber eine finanzielle Buße von bis zu 500.000 Euro drohen könnte.

Die Länder kündigten bereits vor einem knappen Jahr an, die Vorgaben nach einer Schonfrist schärfer durchsetzen zu wollen. Es gehe darum, das Vertrauen von Nutzern in die Funktionsweise digitaler Mittler etwa mit Vorgaben zu Transparenz und dem Diskriminierungsverbot zu stärken. Bei Twitter ist es prinzipiell möglich, die Timeline umzustellen von der vom Algorithmus kurierten Startseite hin zu "Neuesten Tweets". Dann werden Mitteilungen etwa von gefolgten Nutzern rein zeitlich gesteuert eingespielt.

Laut einer 2022 veröffentlichten Studie der Medienanstalten sind Social-Media-Dienste für 43 Prozent der Befragten die wichtigste Informationsquelle für politische Botschaften. Die Relevanz des Internets zur Orientierung übers Zeitgeschehen hat demnach vorrangig bei Jüngeren zugenommen. Für Twitter gelte das Phänomen, dass sich die gesellschaftliche Bedeutung des Netzwerks für politische Diskussionen zwischen Aktivisten, Journalisten, Politikern und Bürgern vor allem außerhalb der Plattform entfalte. Sie wirke also gerade über die klassischen Medien nach. Dies zeigt für die BLM etwa, "wie wahlkampfentscheidend Twitter sein kann".

(mki)