Zu viel Zensur: Yandex gibt sein Webportal Yandex.ru her

Der politische Druck auf Yandex ist zu groß. Das russische Unternehmen übergibt VKontakte sein Webportal Yandex.ru samt "Nachrichten"-Dienst und erhält wenig.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 96 Kommentare lesen
Kyrillischer Schriftzug Yandex auf gläsernem Bürohaus

(Bild: WikiFido (Ausschnitt aus Yandex-Hauptquartier in Moskau) CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: 2 Min.

Der russische Konzern Yandex gibt sein Webportal Yandex.ru an das Kreml-nahe Unternehmen VK (ehemals Mail.ru) ab. Gleichzeitig wandern auch der "Nachrichten"-Aggregator Yandex News sowie der Webempfehlungsdienst Zen zu VK. Im Gegenzug gibt VK seinen Lieferdienst Delivery Club an Yandex ab, das mit Yandex Eda bereits einen gleichartigen Lieferdienst für Mahlzeiten und Einkäufe des täglichen Bedarfs betreibt. Für Yandex ist es eine Flucht nach vorne.

Denn der Zensurdruck des Kremls einerseits und zunehmend beschädigte Reputation andererseits dürften zu schmerzvoll geworden sein. Bereits seit 2017 darf auf Yandex News nur noch auf "Nachrichten"-Webseiten verlinken, die eine russische Behörde ausgewählt hat. 2019 musste Yandex einer Staatsstiftung eine "goldene Aktie" gewähren, die ein Vetorecht für Unternehmensentscheidungen und -übernahmen, zwei Sitze im Verwaltungsrat, und das Recht zur Entlassung des Managements mit sich bringen.

Damit war eine Schließung von Zen und Yandex News nicht mehr möglich. Deren Weiterbetrieb wirkte unterstützend für die zunehmende Zensur in der Russischen Föderation. Die Verantwortung für die laufende Desinformation schiebt Yandex nun an VK ab. "Verwaltungsrat und Management sind zu dem Schluss gekommen, dass den Interessen der Aktionäre durch eine Exitstrategie aus dem Mediengeschäft (mit Ausnahme von Unterhaltungsstreaming) und Konzentration auf andere Technik und Dienste (…) am besten gedient ist", teilte Yandex am Dienstag mit.

Die grundsätzliche Vereinbarung, Yandex News und Zen an VK abzutreten, ist bereits im April geschlossen worden. Zen überwacht seine Anwender hinsichtlich Bewegungsmustern, Browserverläufen und anderen Faktoren, um dann gemäß errechneter Vorlieben Webinhalte anzupreisen.

Neu ist, dass Yandex auch sein Portal Yandex.ru abgeben muss. VK wird Aufrufe auf eine neue URL umleiten. Yandex stellt seine Suchmaschine, E-Mail und andere Dienste fortan unter ya.ru bereits. Aus der iOS-App werden Zen und News kurzerhand entfernt. Die Android-App Yandex Start wird auf einen Webbrowser reduziert. Parallel entsteht eine neue Android-App namens Yandex with Alice, insbesondere für Suchanfragen.

VK ist vor allem für das gleichnamige Soziale Netzwerk (ehemals VKontakte, zu Deutsch etwa "mit Kontakten") sowie den E-Mail-Dienst Mail.ru bekannt. Das Unternehmen gilt als dem Kreml nahestehend. Dieser muss den Deal mit Yandex noch genehmigen, was einige Monate dauern dürfte.

(ds)