Zum Schutz des Web: das W3C gegen das Eolas-Patent
Der Web-Pionier und Vorsitzende des W3C, Tim Berners-Lee, will gegenüber dem US-Patentbüro eine Bedrohung für etablierte Web-Praktiken durch das gegen Microsoft eingeklagte Eolas-Patent ausräumen.
Der Web-Pionier und Vorsitzende des Worldwide Web Consortiums (W3C), Tim Berners-Lee, will mit einem Brief ans US-Patentbüro (USPTO) eine Bedrohung für etablierte Web-Praktiken ausräumen. Der allgemein als Erfinder des WWW anerkannte Berners-Lee weist James Rogan, den Chef der Patentbehörde, in einem Schreiben darauf hin, dass das jüngst geltend gemachte amerikanische Patent Nr. 5 838 906 der Firma Eolas keinen Neuigkeitswert schützt. Die dort beanspruchte Erfindung liegt in der Nutzung von Browser-Plugins, um nicht HTML-kodierte, in Webseiten eingebettete Objekte nahtlos -- also ohne das Öffnen eines neuen Browser-Fensters -- auf dem Bildschirm des Surfers darzustellen.
Eolas war in die Schlagzeilen gekommen, nachdem eine Chicagoer Geschworenenjury dem Browser-Produzenten Microsoft wegen angeblicher Verletzung des Patents ein Urteil über die Zahlung von 521 Millionen US-Dollar Schadenersatz an die Wohnzimmerfirma beschert hatte. Als wie unwägbar selbst der Softwareriese das amerikanische Rechtssystem zumindest in diesem Fall einschätzt, erwies sich darin, dass Microsoft zwar die "Lösegeldzahlung" verweigerte, aber an Stelle einer Patentanfechtung lieber den aufwendigen Weg ins Auge fasste, den Internet Explorer umzuprogrammieren und Millionen Webmastern stillschweigend den Umbau ihrer Web-Auftritte zuzumuten, bevor sich diese als inkompatibel zu einem zukünftigen Microsoft-Browser herausstellen.
Nun will Berners-Lee in einem so genannten Prior Art Filing den Beweis erbringen, dass sich Eolas-Inhaber Michael Doyle 1998 eine längst bekannte Binsenweisheit patentieren ließ. Die Einbettung beliebiger Objekte in Webseiten war laut Berners-Lee seit Anbeginn des Web routinemäßig vorgesehen und Teil des HTML-Standards, auch wenn dies normalerweise die Darstellung in einem gesonderten Browser-Fenster bedeutete. Für den einzigen Neuigkeitsanspruch des Eolas-Patents, nämlich die Wiedergabe der von einem Plug-in gerenderten Inhalte im selben Fenster wie die eigentliche HTML-Seite, verweist der W3C-Direktor auf bereits 1993 öffentlich vorgeschlagene Erweiterungen des Ur-Browsers NCSA Mosaic, in denen es genau um die Eigenheiten des fünf Jahre später gewährten Eolas-Patents geht.
So eindeutig sich die Argumente aus dem W3C auch lesen -- die Formulierungen in Berners-Lees Brief muten weniger wie die definitive Anmeldung eines Rechtsanspruchs auf Patentlöschung an als vielmehr wie ein Gnadengesuch ans US-Patentbüro. Das Schreiben hebt vor allem auf die katastrophalen Auswirkungen des Eolas-Patents für den Nutzen des WWW ab und ersucht die Behörde lediglich, "die Auswirkungen des Patents zu berücksichtigen" und "eine erneute Untersuchung der Patentgewährung ins Auge zu fassen, um substanziellen wirtschaftlichen und technischen Schäden beim Betrieb des WWW vorzubeugen".
Die Firma Eolas schmĂĽckt sich ĂĽbrigens neben der Anmeldung des strittigen Patents auch mit der Erfindung des kleinen "e" als Nachbildung des "Klammeraffen" (@). Die Nutzungsrechte fĂĽr dieses Symbol hat der Computerriese IBM nach Eolas-Angaben bereits 1997 fĂĽr Markennamen wie "eBusiness" oder "eSeries" lizenziert. (hps)