Zuwanderungsregelung: Vorrang für IT-Fachkräfte gefordert

Der Bitkom fordert ein Punktesystem für die gesteuerte Migration von Fachkräften nach Deutschland. Aktuell seien 28.000 Arbeitsplätze für IT-Spezialisten unbesetzt, daher solle für IT-Fachkräfte die Vorrangprüfung wegfallen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle wirbt ebenfalls für ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild.

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Von
  • Detlef Borchers

Der IT-Branchenverband Bitkom fordert ein Punktesystem für die gesteuerte Migration von Fachkräften nach Deutschland. Aktuell seien 28.000 Arbeitsplätze für IT-Spezialisten unbesetzt, diese müssten gezielt besetzt werden, erklärte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Für IT-Fachkräfte solle daher auf die sogenannte Vorrangprüfung verzichtet werden. Außerdem soll das nachzuweisende jährliche Mindesteinkommen von 60.000 Euro auf 40.000 Euro gesenkt werden, entsprechend dem aktuellen Einstiegsgehalt von Informatikern.

Nach der Vorstellung des Bitkom soll eine unabhängige Expertenkommission ein Punktesystem entwickeln, das abseits der Vorfahrtsregelung für IT-Spezialisten die Zuwanderung von Fachkräften steuern soll. Hochqualifizierte, die nach Deutschland einwandern, sollen nach Kriterien wie Qualifikation, Alter oder Sprachkenntnisse mit Punkten bewertet werden. Die Kriterien wie die Zahl dieser Hochqualifizierten sollen dabei "von Politik und Wirtschaft gemeinsam je nach Bedarf und konjunktureller Lage festgelegt werden", heißt es in der Bitkom-Stellungnahme.

Die Stellungnahme des IT-Verbandes erfolgte einen Tag vor dem "Integrationsgipfel" der Bundesregierung. Auf ihm will vor allem Wirtschaftsminister Rainer Brüderle für ein Punktesystem werben. Brüderle meldete sich auf einer Kanadareise zu Worte und pries das Punktesystem des "Mosaiklandes Kanada" als Vorbild für Deutschland, weil es unbürokratisch sei und zielgenau funktionieren würde. Mit seiner Auffassung opponiert der FDP-Politiker gegen die Meinung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese hatte am Wochenende erklärt, dass ein Punktesystem nicht alle Probleme lösen könne.

Die kanadische Zuwanderungspolitik wird seit 1971 gesteuert. 2009 kamen 125.400 hochqualifizierte Fachkräfte mit 68.000 Familienangehörigen ins Land. Aktuell sind 5,3 Millionen der 34 Millionen Kanadier im Ausland geboren worden. In seiner Analyse des kanadischen Systems weist der Bremer Sozialwissenschaftler Gunnar Heinsohn darauf hin, dass die Zuwanderung gerade nicht zielgenau erfolge. Seiner Analyse nach sollen Menschen nach Kanada kommen, die "alle und damit auch noch unbekannte Qualifikationen erlernen können". Nach Heinsohn werden in Kanada aktuelle Erfordernisse bewusst vernachlässigt und die Zuwanderung gerade nicht nach dem Bedarf dieser oder jener Branche gesteuert. Ein enger Branchenbedarf würde "das Kernprinzip des Imports hoher Lernfähigkeit gleich wieder unterlaufen. Denn was in der Bilanz zusätzliche neue Arbeit bringt, sind ja nicht heute ausgewiesene offene Stellen, sondern die unbekannten Neugründungen und Umrüstungen von morgen", kommentiert der Sozialwissenschaftler, der in seinem Artikel auch das "Hereinholen von Bildungsfernen" nach Deutschland scharf kritisiert. (jk)