Zweiter Anlauf für Galileo-Satelliten

Der gestern abgebrochene Versuch, die ersten beiden Satelliten des europäischen Ortungssystems Galileio in die Umlaufbahn zu bringen, ist geglückt. Der Start ist nicht nur ein Meilenstein für die ESA sondern auch für die russische Raumfahrt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 92 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von

Der am gestrigen Donnerstag abgebrochene Versuch, die ersten beiden Satelliten des europäischen Ortungssystems Galileo in die Umlaufbahn zu bringen, ist am heutigen Freitag geglückt. Den ersten beiden Satelliten sollen noch zwölf weitere folgen. Frühestens 2014 soll das System dann seinen Betrieb aufnehmen.

Der Start ist nicht nur ein Meilenstein für die europäische Raumfahrtagentur ESA, sondern auch für das Comeback der russischen Raumfahrt. Denn das Land, das den ersten Satelliten und den ersten Menschen ins All brachte und die erste Raumstation baute, will wieder an den früheren Glanz anknüpfen, berichtet Technology Review in seiner November-Ausgabe (ab dem 27. Oktober am Kiosk oder ab sofort online zu bestellen).Nach fast zwei Jahrzehnten drastischer Unterfinanzierung will Russland in diesem Jahr umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro in die Raumfahrt stecken. Obwohl nur rund ein Sechstel des NASA-Budgets, ist das für russische Verhältnisse bereits eine Rekordsumme.

Ein Kernstück dieses Comebacks ist die lange Erfahrung mit den Sojus-Trägerraketen. Eine aktuelle Variante, die Soyuz ST-B , ist auch für den Transport der ersten Galileo-Satelliten auf ihre Umlaufbahn verwendet worden.

Anders als der wissenschaftliche Zweig der russischen Raumfahrt hat die Antriebs-Abteilung den Zusammenbruch des Sowjet-Systems vergleichsweise gut überstanden und kann sogar Technik exportieren: Der Raketenmotor RD-180 beispielsweise, die Weiterentwicklung eines Triebwerks aus Sowjetzeiten, läuft seit einigen Jahren in den Startstufen von Atlas-V-Trägerraketen, eine der am meisten verwendeten US-Raketen für Satelliten und Raumsonden. Das dreieinhalb Meter hohe und fünfeinhalb Tonnen schwere Triebwerk verbrennt Kerosin und Flüssigsauerstoff in einem sogenannten sauerstoffreichen gestuften Verbrennungszyklus. Dieses Verfahren gilt zwar als hocheffizient, aber auch als schwierig beherrschbar.

Ingenieure in Westeuropa und den USA hielten es lange Zeit für praktisch unrealisierbar, weil bei der sauerstoffreichen Verbrennung extrem korrosive Gase entstehen, die jedes bekannte Triebwerksmaterial innerhalb kürzester Zeit zerstören. Den Russen gelang das scheinbar Unmögliche – sie bauten ein korrosionsbeständiges Triebwerk. Wie genau, ist Betriebsgeheimnis.

Doch innerhalb eines knappen Jahres ruinierten vier Fehlstarts den guten Ruf der russischen Weltraum-Ingenieure: Im Dezember 2010 stürzte eine Rakete mit drei Navigationssatelliten in den Pazifik, im Februar 2011 brachte eine Rakete einen Militärsatelliten in eine falsche Umlaufbahn. Am 18. August gelangte ein wichtiger Kommunikationssatellit in einen zu niedrigen Orbit und nur sechs Tage später stürzte eine Sojus-Rakete mit einem unbemannten Progress-Transporter, der Versorgungsgüter zur ISS bringen sollte, über der südwestsibirischen Altai-Region ab. Eine Untersuchungskommission nach dem Vorbild der NASA soll die Strukturen jetzt durchleuchten und die Fehlerquellen aufdecken. (wst)