Zwischen Strohhalm und Aufbruch -- die CeBIT 2002 steht bevor
Die IT-Branche hat gerade eines ihrer schwierigsten Jahre hinter sich gebracht. Das bekommt auch die CeBIT, die größte Computer-Messe der Welt, zu spüren.
Die Macher der CeBIT sind Sorgen und Kummer nicht gewöhnt. Vom ersten Tag im Jahre 1986 an wuchs die internationale Hochleistungsschau zur größten Messe der Informationstechnik und Telekommunikation -- in ähnlich satten Riesenschritten wie Umsätze und Gewinne der ausstellenden Unternehmen. In diesem Jahr aber sind die Vorzeichen anders. Die erfolgsverwöhnte IT-Branche hat nach Meinung des Vize-Präsidenten des deutschen Dachverbandes BITKOM, Willi Berchtold, gerade eines ihrer schwierigsten Jahre hinter sich gebracht.
Dies bekommt auch die CeBIT 2002 zu spüren: Die Ausstellerzahl wird mit rund 8.000 bestenfalls auf dem Niveau des Vorjahres verharren, die Fläche und erwartete Besucherzahl sind geringer als noch 2001, meint das für die CeBIT zuständige Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG, Ernst Raue. Er sieht angesichts der Branchensituation großen Druck auf der Veranstaltung lasten. "Viele Aussteller klammern sich an die CeBIT wie einen Strohhalm und hoffen, dass von der Messe ein Ruck für die Branche ausgehen wird."
Berchtold rechnet mit guter Stimmung Mitte März. "Das Signal, das die CeBIT sendet, ist entscheidend für das ganze Jahr. Wenn die Veranstaltung in Hannover eine positive Stimmung hinbekommt, ist das wichtig für die gesamte Industrie." Er gehe davon aus, dass es nach der Talsohle eine "Messe des Aufbruchs" wird. "Wir haben im vergangenen Jahr den Grundstein gelegt, damit wir wieder vernünftig wachsen können." Er zeige für 2002 einen "realistischen Optimismus".
Optimismus kann die IT-Branche brauchen. Denn die Zahlen von 2001 sind nicht mehr so rosarot wie in den Vorjahren. Der deutsche Markt verlor kräftig an Dynamik und legte laut BITKOM nur noch um 2 Prozent auf 140 Milliarden Euro zu. Wie bei der Gesamtkonjunktur hängt auch die IT-Branche im europaweiten Vergleich hinterher und ist Spitzenkandidat für die rote High-Tech- Laterne. Noch im Oktober hatte das European Information Technology Observatory (EITO) ein europaweites Wachstum von rund 6,8 Prozent auf rund 570 Milliarden Euro vorausgesagt.
In Deutschland brach vor allem die Binnennachfrage nach Endgeräten und Systemen ein. Der Umsatz bei Personal-Computern verlor 16 Prozent, Server gaben um zwei Prozent nach. Auch einige Bereiche der Telekommunikation sahen rot: Handy- und andere Endgerätehersteller mussten von hohem Niveau kräftige zweistellige Rückgänge verbuchen. Nur weil die Telekommunikationsdienste ihre Umsätze um 8 Prozent nach oben treiben konnten, schloss die TK-Branche mit einem respektablen Umsatzplus von 3 Prozent.
"Wir hatten eigentlich auf eine Erholung in der Telekommunikation gehofft. Das hat aber nicht geklappt", sagt Branchenanalyst Alexander Viets von der Nord/LB (Hannover). Auch für 2002 sieht er nur wenig positive Vorzeichen für die Mobilfunker. Die Handy-Produzenten wollen im laufenden Jahr weltweit weniger verkaufen als 2001. Die Handys mit dem neuen Mobilfunkstandard GPRS lagen im Weihnachtsgeschäft "wie Blei" in den Regalen, meint Viets.
Und die Mobilfunker litten ohnehin unter den hohen Ausgaben für die UMTS-Lizenzen. Es sei "sehr fraglich, ob sich diese hohen Ausgaben überhaupt je rechnen", meint Viets. UMTS sei kaum für den Massenmarkt geeignet. Beim BITKOM sieht man das anders. Es gebe rund 6 Millionen Laptops in Deutschland, die als Potenzial für UMTS direkt zur Verfügung stehen. "Das ist nur ein Beispiel, warum sich UMTS zügig durchsetzen wird."
Auch wenn UMTS in 2002 wohl kaum zum Gesamtumsatz der Branche betragen wird, rechnet der BITKOM insgesamt für das Jahr mit einem leichten zweistelligen Wachstum. "Vieles wird davon abhängen, wann sich die Konjunktur dreht. Passiert das schon Mitte des Jahres, wird das Plus am Ende vielleicht etwas höher ausfallen", meint Berchtold. Die ITK-Branche habe in der Vergangenheit häufig den Krisen anderer Wirtschaftszweige getrotzt. "Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten arbeiten viele Unternehmen an Kosteneffizienzprogrammen. Da kommt ein wesentlicher Schub für die Software und dem damit verbundenen Service." (Hartwig von Saß, dpa) / (jk)