c't 3003: Bitte Apple, schafft endlich dieses $§$%& Lightning ab!

Seit 2012 haben iPhones eine Lightning-Buchse. Aber warum eigentlich heute noch? USB-C ist schließlich in allen Belangen überlegen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 255 Kommentare lesen

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen


Apples Lightning-Anschluss war 2012 extrem innovativ. Heute, zehn Jahre später, nicht mehr. Deshalb: Bitte USB-C einbauen. Das würde sich jedenfalls c't 3003 wünschen.


Transkript des Videos:

Ihr kennt das: Ihr wollt irgendwo hinfahren und denkt so: Ah cool, ich brauche nur ein Netzteil und Kabel, weil Spielkonsole, E-Book-Readser und Kopfhörer ja alles mit USB-C laden, super. Und dann fällt euch ein: Ah Mist, das *brandneue* iPhone lädt ja nur mit Lightning-Kabel -- und dann habt ihr doch wieder zwei Kabel im Rucksack. Warum Apple zwar USB-C in iPads einbaut, aber vermutlich niemals in iPhones – und warum das ganz schön doof ist – das seht ihr in diesem Video, bleibt dran.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei...

Ich sag das ganz ehrlich: Als Apple 2012 mit den ersten Lightning-Geräten um die Ecke kam, fand ich das megacool: Endlich muss man beim Reinstecken nicht mehr drauf achten, wie rum der Stecker ist! Das hat sich angefühlt wie Zukunft. Und dann kam ab 2015 aber USB-C; und inzwischen hat das in meinem Gerätezoo ungefähr jedes einigermaßen aktuelle Gerät. Tja, jedes halt außer halt meinem arschteuren iPhone 13 Pro. Klar, jetzt argumentieren die Apple-Fans: USB-C ist voll inkompatibel, super kompliziert, nicht so zuverlässig – ja, Leute, die Argumentation funktioniert irgendwie nicht, weil Apple ja selbst seit 2018 ihre (teuren) iPads mit USB-C ausstattet, MacBooks sowieso. Kann also nicht so schlimm sein, dieses USB-C. Nur die iPhones müssen halt weiterhin mit Lightning rumasseln. Und zwar deshalb, weil Apple sagt, dass es bei einem Wechsel auf USB-C zu einer „noch nie dagewesenen Menge an Elektroschrott“ kommen würde und den „Nutzerinnen und Nutzern große Unannehmlichkeiten bereiten“ würde.

Ja, ok. Apple sagt, Leute müssen neue Kabel und Netzteile kaufen und ihren Lightning-Kram halt wegwerfen. Aber Newsflash: Die Leute HABEN SCHON USB-C-Zeugs! Zumindest ist das meine ganz persönliche Erfahrung, dass heute in jedem Haushalt irgendeine USB-C-Lademöglichkeit existiert, sogar bei Leuten, die nicht so wahnsinnige Technikfreaks sind – alleine, weil viele Notebooks, Ebookreader und diverseste andere Gadgets halt inzwischen mit USB-C geladen werden. USB-C ist einfach der Super-Standard, nur halt nicht bei Apple. [Kurzer Einschub: USB-C ist dieser Stecker hier, und der ersetzt USB-A, Mini-USB, Micro-USB, Displayport, DVI, HDMI, Klinkenstecker und sogar die ollen Stromversorgungs-Rundstecker. Ein Rundum-Sorglos-Paket also.]

Wie kann es also sein, dass Apple alles mit USB-C ausstattet, nur seine Telefone nicht?

Eventuell kann es sein, dass es Apple gar nicht um die Müllproblematik geht, sondern darum, dass ihnen Geld durch die Lappen geht: Durch das Mfi-Zertifizierungsprogramm „Made for iPhone“, das auf Lightning-Kabel und Lightning-Geräte prangt, verdient Apple bei jedem Verkauf mit – Hersteller die das Mfi-Logo draufdrucken wollen, müssen einen Anteil an Apple abführen. Außerdem kann Apple natürlich entscheiden, wem sie die MfI-Zertifizierung geben und wem nicht. Bei USB-C würde das für Apple wegfallen: Also weniger Geld und weniger Kontrolle.

Von dieser Kontrolle profitiert natürlich die Kundschaft schon auch: Die Gefahr, ein Lightning-Kabel zu kaufen, das nicht funktioniert, ist geringer als bei einem billigen USB-C-Kabel. Aber wenn man bei USB-C auf Markenhersteller achtet, gibt es da ebenfalls keine Probleme. Ja, und ansonsten finde ich leider nicht so viele positive Argumente für Lightning.

Auf meiner persönlichen Lightning-Nervliste ganz vorne mit dabei: Der Stecker ist bei Weitem nicht so robust wie USB-C: Bei Lightning sind nämlich die Pins von außen zugänglich, das heißt, dass sie anfälliger sind für Korrosion –zumindest habe ich das hier bei zwei Kabeln schon beobachtet, weil ich da halt immer mit meinen Schwitzfingern draufpatsche. Ich habe hier sogar ein Original-Apple-Lightning-Kabel, das kann ich nur noch in einer Richtung einstecken, offenbar eben genau wegen Korrosion an den Kontakten. Bei meinen USB-C-Kabeln ist mir das noch nie passiert.

USB-C hat aber nicht nur mechanische Vorteile, sondern auch noch andere: Apple hat leider niemals genaue Spezifikationen von Lightning veröffentlicht, aber laut unserer Tests überträgt Lightning auf iPhones Daten ungefähr auf dem Niveau von USB 2.0, also mit rund 60 Mbyte pro Sekunde.[Ganz kurz: USB-C ist nur das Steckerformat, die USB-Versionsangaben wie USB3 oder USB4 beziehen sich auf den Standard selbst, bei den Versionssprüngen ändert sich der Stecker nicht (zumindest seit Version 3.1 Gen 2). Jedenfalls: Der aktuelle USB-Standard 4 kann theoretisch 5000 MByte pro Sekunde transportieren, lassen wir das in der Praxis mal 200 MB sein, dann ist das immer noch DEUTLICH mehr als Lightning.

Hinzu kommt die schlechte Zuverlässigkeit: Zumindest ich hole meine 4K-Videos immer per Dropbox vom iPhone 13 – weil auf meinem Windows-System die Dateiübertragung per Lightning-Kabel super unzuverlässig funktioniert. Jetzt sagt ihr, ja, das liegt an deinem Windows-Rechner – das mag sein, aber ich hatte in der Vergangenheit auch schon auf anderen Windows-Rechner und mit anderen iPhones Probleme bei der Datenübertragung. Und auch wenn es dann geht, ist es halt definitiv nicht schnell.

Ja, apropos schnell, geladen werden sollen die Handys ja auch möglichst schnell. Und da unterstützt USB inzwischen sage und schreibe 240 Watt, mit 48 Volt und 5 Ampere. Sehr interessant übrigens: Weil es schon ab 20 Volt mit 5 Ampere, also 100 Watt, bei schlechten Kabeln zu Lichtbögen kommen kann, nutzt USB solche hohen Spannungen nur bei Kabeln, die dafür ausgelegt sind. Und die erkennt USB über einen im Stecker eingebauten ID-Chip. Ganz cool, oder? Lightning dagegen, das kann bislang nur maximal 20 Watt.

Aber wenn ich ehrlich bin, sind mir bei Smartphones zuverlässige 20 Watt lieber als irgendwelche Ladeleistungs-Rekordversuche, die dann oft gar nicht funktionieren, das habe ich nämlich tatsächlich bei Android-Phones schon häufiger beobachtet -- dass die dann am Ende doch nur mit 10 oder sogar 5 Watt luden.

Und hier sind wir jetzt auch beim größten USB-C-Problem: Die ganzen verwirrenden Unter-Standards. Hier schaut mal, das ist die offizielle Seite der USB-Organisation USB Implementers Forum. Und hier unten auf der Seite sind ein paar der Logos abgebildet. Ja, und das meinen die offenbar wirklich ernst, das ist keine Satire: Da soll man durchsteigen? Weil das Ding ist halt: Es reicht nicht, wenn irgendwo zum Beispiel USB 3.2 draufsteht, denn das sagt nix darüber aus, mit welcher Geschwindigkeit Daten übertragen werden oder mit welcher Leistung geladen wird. Es ist bei USB immer ganz viel optional – leider. Und deshalb braucht man diese ganzen kleinteiligen Zusatzangaben wie Gen 3x2.

Tja, und dann ist da ja auch noch Thunderbolt: Das benutzt die Stecker und Buchsen von USB-C, ist aber nicht zwingend kompatibel. So ist Thunderbolt 4 inzwischen in USB4 aufgegangen, allerdings sind bei USB4 viele Sachen optional, bei Thunderbolt 4 ist dagegen deutlich mehr vorgeschrieben.

Ja, also wenn das jetzt alles so verwirrend ist mit USB 3.0, ist das also vielleicht doch sinnvoll, dass Apple iPhones nur mit Lightning anbietet? Ganz klar: Nein. Wenn man nämlich darauf achtet, ordentliche vom USB Implementers Forum zertifizierte Kabel zu kaufen und auch sonst auf Markengeräte setzt, ist USB-C vollkommen unproblematisch. Es kann zu Fällen kommen, dass Geräte vielleicht nicht die maximale Lade- oder Übertragungsleistung erreichen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass das ganze trotzdem schneller ist als mit Lightning ist sehr, sehr hoch.

Vor allem hat USB-C obendrein den mechanischen Vorteil, dass die Kontakte besser geschützt sind. Und dass USB-C überlegen ist, hat Apple ja quasi selbst zugegeben; weil die teuren iPads diese Schnittstelle statt Lightning ja längst nutzen.

Ja, und auch die EU erhöht langsam den Druck auf Apple, weil es endlich einen geräteübergreifenden Lade-Standard geben soll. Laut einer EU-Untersuchung hatten 38% der EU-Bürger schonmal Probleme mit inkompatiblen Handy-Ladern; deshalb wurde Ende letzten Jahres ein ganz konkreter Richtlinienentwurf für einheitliche USB-C-Ladegeräte formuliert.

Beschlossen ist der allerdings noch nicht. Und wenn der kommen sollte, würde ich ehrlich gesagt nicht drauf wetten, dass Apple in iPhones dann endlich USB-C-Buchsen einbaut. Sondern sie werden dann womöglich iPhones ohne jegliche mechanische Schnittstelle bauen – denn die EU hat explizit eine Ausnahme für Geräte vorgesehen, die sich ausschließlich drahtlos laden lassen. Ja, und auch wenn das erstmal modern und innovativ klingt – für den Planeten ist das ziemlich doof, weil alle bisherigen Drahtlos-Ladeverfahren nur einen Wirkungsgrad von circa 50% haben – das heißt, dass die Hälfte der reingesteckten Energie verpufft. Und das ist global-warming-technisch irgendwie nicht so toll. Also Apple: Cool, dass ihr 2012 Lightning erfunden habt, weil euch USB damals zu nervig und zu lahm war. Das sehe ich ein, da hattet ihr recht. Und ihr habt mit Lightning wahrscheinlich dafür gesorgt, dass USB-C endlich in die Pötte kam, das hätte sonst womöglich noch ewig gedauert.

Aber INZWISCHEN, zehn Jahre später, ist USB einfach in allen Belangen überlegen. Deshalb: Time to say goodbye. Baut doch bitte USB-C in eure zukünftigen Smartphones ein, auch wenn ihr dadurch ein paar Dollar weniger einnehmt. Zumindest ich würde mich wirklich freuen, wenn ich irgendwann dann wirklich meinen ganzen Technikkram mit nur einem einzigen Kabel laden könnte.


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Johannes Börnsen und Şahin Erengil veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)