c't 3003: Der Stromspar-Scam

90% weniger Stromkosten durch ein kleines Kästchen in der Steckdose? Das Voltbox-Versprechen ist Nepp; und besonders dreist fällt das Marketing aus.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Dass die Voltbox und ihr Stromspar-Versprechen Nepp sind, hat das c't Magazin bereits recherchiert. c't 3003 wirft nun einen Blick auf die dreisten Marketing-Maßnahmen und findet die "Voltbox" bei diversen Billiganbietern.


Transkript des Videos:

Wollt ihr eine um 90% reduzierte Stromrechnung haben? Nur dadurch, dass ihr dieses Ding hier in die Steckdose steckt? Das verspricht die Voltbox für 59 Euro. Mit "bahnbrechender Stromstabilisierungstechnologie", um die Effizienz des Stromflusses zu erhöhen. Außerdem soll die kleine Zauberkiste hochfrequenten Stromfluss und damit elektromagnetische Strahlung reduzieren. Kann das wirklich funktionieren? Spoiler: Nein. Aber bleibt trotzdem dran, denn wie die Voltbox vermarktet wird, ist richtig, richtig dreist.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen bei c't 3003.

Ja, ok, die Voltbox. Man soll sie einfach in eine Steckdose stecken, und dann soll sie die Effizienz des Stromflusses erhöhen. Steht auf der Website. Für ein "KLEIN Haus/Wohnung" unter 100 Quadratmeter braucht man "ein Voltbox", für ein "Mittelhaus" bis 140 Quadratmeter braucht man "zwei Voltbox-ès". Ok, das ist jetzt bisschen billig, sich über die Übersetzung lustig zu machen.

Aber wir können uns auch über die Technik lustig machen, mein Kollege Ernst Ahlers hat das Teil im c't Magazin nämlich sehr, sehr detailliert analysiert, er hat sogar einen schicken Schaltplan aufgemalt.

Aber bevor wir in die Technik einsteigen, will ich euch erstmal noch das miese Marketing zeigen: Googelt man Voltbox, findet man als ersten Treffer diesen Artikel hier von "Raphael Knacke". Komisch, diesen "Journalisten" findet man nur genau einmal auf Google, und zwar in diesem Artikel.

Scrollt man ein bisschen runter, gibt es dieses Foto hier mit einer Frau, die offenbar eine Stromrechnung hochhält, mit dem Zitat "Voltbox hat mein Leben auf so viele Weisen verbessert". Tja, und macht man eine Bildersuche, kommt man irgendwann auf diesen Artikel in der britischen Zeitung Daily Mail, wo über eine Frau berichtet wird, die falsche Stromrechnungen bekommen hat. Was allerdings komplett null mit irgendwelchen Stromsparkästchen zu tun hat.

Klauen die etwa einfach Bilder aus dem Internet? Sieht so aus, denn nachdem der c't-Artikel erschienen war, hat sich ein Leser gemeldet, dem aufgefallen ist, dass Voltbox ein Foto von ihm und zwei seiner Kollegen verwendet, unterschrieben mit "DIE GRÜNDER DIESES MÄCHTIGEN NEUEN GERÄTS". Ja, Gründer ist der Mann zwar, aber von einer ganz anderen Firma.

Ebenfalls richtig dreist sind die "Facebook-Bewertungen": Zum Beispiel die von "Elias Suter": "Ich habe gerade Voltbox erhalten. Wenn jemand meiner Bekannten die Stromrechnung mindestens um die Hälfte senken möchte, empfehle ich dieses Gerät sehr! Einfach einstecken und das war es!" Darauf antwortet dann "Emma Zimmermann": "Ich denke, wir sollten einen Club der Voltbox-Liebhaber gründen LACH-WEIN-EMOJI. Ich habe kürzlich 4 davon für jedes Zimmer gekauft. Ich kann immer noch nicht glauben, was für ein tolles Angebot ich bekommen habe."

Hmm, sind die etwa ausgedacht, diese Bewertungen? Kann ja nicht, weil man kann ja auch selbst eine Bewertung abgeben. "9 kommentarer" gibt es da unten schon. Ich schreibe mal was rein. Hmm, der Kommentar taucht auf der Seite auf, aber da steht immer noch "9 kommentarer". Mal Reload machen. Oh, weg ist der Kommentar. Wurde der womöglich gar nicht gespeichert?

Was auch noch sehr interessant ist: Auf der Voltbox-Bestell-Seite sieht das Gerät so aus, mit schickem Blitz auf dem Gehäuse. Was wir bekommen haben, wir haben zwei Stück bestellt: Ist dieses hier. ELECTRICITY SAVING BOX. THE RESULT IS THE BEST! Jo, das sieht irgendwie genauso aus wie die Dinger, die inklusive Versand für circa 6 Euro auf wish.com und aliexpress vertkauft werden. Hier bei Aliexpress gibts auch eine 5-Sterne-Bewertung: "ICH nicht wissen, wenn es wirklich funktioniert."

Kein Problem, wir können dir das sagen, wir haben das überprüft. Erstmal: Das Teil kann gar nicht den Strom der Verbraucher beeinflussen, weil es gar keinen Steckdosen-Ausgang hat, an den man andere Geräte anschließen könnte. Die Voltbox sitzt einfach parallel im Hausstrom-Netz und kann deshalb nur auf die Spannung wirken. Sie KÖNNTE da theoretisch die sogenannte Blindleistung reduzieren, aber a) tut sie das nicht und b) ist das für Oma-Normalverbraucher vollkommen irrelevant: Blindleistung wird nämlich nur bei gewerblichen Großabnehmern berechnet, Privatkunden bezahlen eh nur die Wirkleistung. Kollege Ernst hat das Ding aber sicherheitshalber auch zum Prüf- und Zertifizierungs-Institut des VDE, Verband der Elektrotechnik, geschickt und da kam raus: "Das Produkt weist keinerlei Merkmale auf, die dem Produktversprechen entsprechen". Sogar im Gegenteil: Die Voltbox steigert die Stromkosten, weil sie selbst eine Leistungsaufnahme von 0,3 Watt hat, schließlich leuchtet da eine LED.

Aber wer weiß, vielleicht macht das Ding ja sonst noch irgendwelche tollen Sachen; drin steckt nämlich ein rätselhafter Klotz dem man von außen nicht ansieht, was der macht. Wir haben ihn deshalb deshlb Röntgen lassen, ja -- und außer den Drahtenden ist da außer Vergussmasse nix drin; also ein reines Placebo. Tja, und die elektromagnetischen Strahlung kann die Voltbox auch nicht verringern, weil sie ja auf die Ströme anderer Verbraucher gar nicht einwirken kann.

Und dann ist da noch die Überspannungsbegrenzung; also dass wenn ein Blitz einschlägt, die im Stromnetz hängenden Geräte nicht beschädigt werden. Die Voltbox hat tatsächlich einen sogenannten Varistor eingebaut, der Ladung ableitet. Allerdings ist dieser Varistor nicht mit einer Temperatursicherung versehen: Je mehr der Varistor altert, desto wahrscheinlich wird es, dass das Ding einen Wohnungsbrand auslöst.

Das einzige, was also wirklich funktioniert, ist die LED da dran: Cool, ein Nachtlicht für 59 Euro. Top-Angebot! Tschüss!


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Johannes Börnsen und Şahin Erengil veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)