c't 3003: Traumtastatur selbst bauen: Ist das schwierig?

Gehäuse, Switches, Tastenkappen: Will man die "perfekte" Tastatur, muss man selbst Hand anlegen. c't 3003 probiert's mit einem Keychron-Q6-Barebone aus.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Der Gipfel der Tastatur-Dekadenz: Sich ein mechanisches Custom-Keyboard selbst bauen. Aber lohnt sich das wirklich? Ist das kompliziert? c't 3003 hat's getestet.

(Hinweis: Es handelt sich hier um einen Bonusinhalt für Menschen, die das Video oben nicht schauen können oder wollen. Die Informationen auf der Bildspur gibt das Transkript nicht wieder.)

Da mir niemand meine Traum-Tastatur verkaufen wollte, habe ich jetzt in den sauren Apfel gebissen und mir eine in Einzelteilen zum Selbstzusammenbauen bestellt: Eine Keychron Q6 als Barebone, einzelne Schalter und dazu Tastenkappen. In diesem Video seht ihr: Kriege ich das zusammengefummelt, so als Totalanfänger? Wenn ja, wie lange dauert das? Vor allem: Lohnt sich das am Ende? Spoiler: Es hat zumindest nicht reibungslos geklappt. Bleibt dran.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei...

Bevor es mit dem Gebastel losgeht, kurz mal zur Erklärung, was das überhaupt soll mit diesen teuren mechanischen Tastaturen: Seit ein paar Jahren gibt es den Trend, dass Leute sich besondere Tastaturen bauen oder kaufen: Es geht da auch ums Aussehen, klar, aber mich persönlich hat das Thema gepackt, weil das Tippgefühl und der Sound einfach so ein Ledersessel-Luxus-Feeling vermittelt, das ich auch gerne haben wollte. Weil man sich echt so ein bisschen wie so'n echter Schriftsteller fühlt, so wie Hemingway auf seiner massiven Schreibmaschine. Bisschen peinlich, aber hmm...

Tja, und über meine Versuche, sowas als fertiges Produkt zu kaufen, habe ich ja schon ein Video gemacht. Viele Leute hatten da kommentiert, dass sie ähnliche Erfahrungen haben wie ich, andere waren völlig irritiert: Es gibt doch Tastaturen für 10 Euro, warum ich nicht einfach sowas kaufe? Ja, klar, man kann mit solchen 10-Euro-Dingern auch Texte schreiben. Aber man kann halt auch sagen: Ich verbringe jeden Tag so viele Stunden mit dieser Tastatur, da kann ich mir auch was Edles gönnen. Und dann gab’s noch die Kritik, warum ich so auf einen Hersteller fokussiert bin, nämlich auf Keychron: Und das ist tatsächlich legitime Kritik, hat aber wirklich nur mit meinen ganz persönlichen Vorlieben zu tun: Ich finde deren Tastaturen vom Aussehen sehr schön clean und neutral, während die meisten anderen mechanischen Tastaturen diesen RGB-Science-Fiction-Gaming-Hardware-Look haben – ich mag den persönlich nicht so gerne. Aber natürlich machen von der Sache auch Cherry, Corsair, Sharkoon, Ducky, Razer, GMMK und andere gute mechanische Tastaturen.

So. Los geht’s. Ich wollte ja eine 100%-Fullsize-Tastatur mit Ziffernblock und hatte fertig keine gefunden, die mich vollständig überzeugt. Deshalb habe ich mir folgendes bestellt, direkt bei Keychron (und ich weiß, es ist fucking teuer – und wenn ich darüber kein Video machen würde, hätte ich auch definitiv nicht so viel Geld ausgegeben).

  • Ein sogenanntes Tastatur-Barebone, also nur das Gehäuse mit Aufnahmen für die Schalter. Und zwar das Keychron-Q6-ISO mit Drehknopf für 185 Euro
  • 110 rote Gateron-Pro-Switches für 19 Euro
  • Ein Keycap-Set mit deutscher Tastenbelegung so im early 90ies Retro-Style für 40 Euro

Obendrauf kommen noch 23 Euro Porto – Summasummarum sind das 267 Euro. (Ich sage übrigens Euro, obwohl auf der Rechnung Dollar steht – aber der Kurs ist zurzeit nahezu 1:1).

Ein paar Wochen später war das Paket aus China dann auch bei mir und ich konnte losbasteln. Ohne jegliche Vorbereitung, ich hatte mir auch extra kein Video oder so angeschaut zum Aufbau, sondern ich wollte wissen, ob das einfach so klappt – und wie lange das dauert.

Tatsächlich war das Ganze am Ende wirklich deutlich einfacher als ich gedacht hatte: Man steckt wirklich einfach nur die Switches ins Gehäuse und man muss lediglich darauf achten, wo oben und unten ist – aber ja, da wo die beiden Draht-Kontakte sind ist oben dann steckt man die Switches einfach in die Löcher rein. 23 Minuten hat das bei mir gedauert, bis alle Switches drin waren. Übrigens: Die Gateron-Pros sind vorgeschmiert, es gibt aber auch Switches, die man manuell schmieren muss – das hätte natürlich länger gedauert.

Jau, und als alle Switches drin waren, kamen die Keycaps. Müsste man sich die alle einzeln raussuchen, würde das auch sehr lange dauern, aber netterweise waren die direkt im Karton so angeordnet, wie sie am Ende auch auf die Tastatur gehören. Die drückt man da einfach auf die Switches drauf. Tja, und dafür habe ich nochmal 14 Minuten gebraucht. Also insgesamt läppische 37 Minuten für den kompletten Zusammenbau, das finde ich recht unproblematisch.

ABER: Als ich das Teil dann das erste Mal an den Rechner gehängt habe, tja, da funktionierten ziemlich viele Tasten nicht. 18 Stück, genau genommen.

Kurzer Schockmoment, weil ich natürlich sehr wenig Lust hatte, die Tastatur zum Hersteller zurückzuschicken. Ich habe dann aber mal mit den mitgelieferten Werkzeugen Keycap und Switch von einer nicht funktionierenden Taste abgezogen – und siehe da, ein Draht-Pin war umgebogen. Spulen wir mal kurz zurück: Weil Gateron die Switches einfach so ungeschützt in diesem Kunststoffzylinder verpackt hat, waren schon beim rausnehmen viele Pins verbogen. Das war mir schon beim Zusammenbauen aufgefallen und ich habe die dann halt immer so notdürftig mit den Fingern geradegebogen. Und bei den 18 nicht funktionierenden Tasten war das offenbar nicht gut genug geradegedrückt. Also alle nochmal rausnehmen und mit einer Zange gerade machen. Jo, und das hat geklappt, aber nur ganz ganz knapp. Im Karton hätten 110 Switches sein sollen, 108 brauchte ich, am Ende waren 109 drin und bei einem ist beim Geradebiegen ein Pin abgerissen. Also eine absolute Punktlandung, Glück gehabt. Das ist definitiv ein großer Kritikpunkt: Switches mit so fragilen Draht-Pins sollte man vielleicht nicht einfach so in so eine Kunststoffbox reinschütten, Gateron. Am Ende hat das Troubleshooting mit dem Geradebiegen ungefähr nochmal eine halbe Stunde gekostet.

Insgesamt also vom Auspacken bis zur komplett funktionsfähigen Tastatur etwas über eine Stunde. Das geht, finde ich.

Aber wie ist die denn jetzt, diese unnormal teure Tastatur? Also erstmal ist das Teil wirklich ein Schlachtschiff: 2,5 Kilo wiegt die fertig zusammengebaut, jo, und das wirkt schon wertig. Außerdem gefallen mir die Tastenkappen sehr gut, die sind nämlich nicht aus ABS-Kunststoff wie bei den meisten anderen Tastaturen, sondern aus PBT. Das ist deutlich härter und das merkt man beim Tippen auch, ich finde, das fühlt sich fast so ein bisschen keramikmäßig an. Ja und ABS kann auch leicht speckig werden auf Dauer, also PBT sollte widerstandsfähiger sein. Da bin ich mal gespannt, wie das so auf Dauer ist. Ich weiß nicht, ob man das gut sehen kann, aber hier im Vergleich mal die PBT-Tastenkappen meiner Q6 und die von der billigeren Keychron K8. Man fühlt auf jeden Fall, dass die K-Kappen weicher sind.

Nett ist auf jeden Fall bei der Q6, dass man mit der VIA-Software jede Taste ummappen kann, also zum Beispiel kann man sich auch Makros auf diese vier Zusatztasten legen. Für Teams-Meetings habe ich mir zum Beispiel die Mikrofon-Stumm-Tastenkombination also, CTRL-Shift-M auf diese Taste hier rechts gelegt. Oder auch mal so’n Shruggie hier hin. Taschenrechner poppt hier auf und der Taskmanager hier.

Über den KNOB, also den Drehregler, hab ich noch keine endgültige Meinung, da ist standardmäßig die Lautstärke drauf gemappt, aber dafür habe ich eigentlich eh einen Regler an meinem Audiointerface. Ich hab jetzt einfach mal die Cursortasten rechts links drauf und kann damit dann so im Video spulen. Mal sehen, ob das praktisch ist, auf Dauer.

Ein paar Kritikpunkte gibt’s auch: Es gibt komischerweise weniger Blinkmuster bei den teuren Q-Tastaturen als auf den billigeren Keychron-K-Modellen. Zum Beispiel fehlen auf den Q diese Sachen, die beim Tippen so Animationen machen. UND: Warum kann man die K-Modelle bitte auf Wunsch kabellos über Bluetooth betreiben, die teuren Qs aber nicht? Hä? Ok, dafür läuft die Via-Software nicht auf K-Tastaturen, die kann man also nicht so einfach umprogrammieren.

Tippen macht auf der Q6 auf jeden Fall Spaß, ich bin aber noch nicht 100% zufrieden mit dem Sound der Leertaste, das ist mir noch etwas zu metallisch "pingy". Vielleicht dämpfe ich das Ding noch mit Klebeband im Gehäuse, oder fette die Stabilisatoren nochmal nach. Ihr merkt, dieses mechanische Tastaturding ist wirklich so ein endloses Kaninchenloch, wo man dann ständig am Rumoptimieren ist und irgendwas modded und nachschmiert – aber so ist das ja mit Hobbys, macht ja auch ein bisschen Spaß. Falls ihr mich für komplett bescheuert haltet, dass ich hier ne 270 Euro Tastatur benutze – schreibts gerne in die Kommentare. Und gerne den Channel abonnieren, natürlich. Tschüss!


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t magazin. Redakteur Jan-Keno Janssen und die Video-Producer Johannes Börnsen und Şahin Erengil veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)