dmexco: "Coalition for better ads" will Adblocker überflüssig machen

Ein globales Bündnis aus Werbeindustrie, Werbetreibenden und Publishern soll das Netz von den nervigsten Werbeformen befreien. Der Anfang war eher unscheinbar.

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Demo-Transparent "Hier könnte Ihre Werbung stehen"

(Bild: Alex Schröder CC-BY-SA 2.0<br>)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
Inhaltsverzeichnis

Mit großen Zielen ist die Coalition for better ads auf der Werbemesse dmexco gestartet. Die ständig steigenden Adblocker-Raten machen der Industrie seit Jahren zu schaffen – nun wollen die größten Player der Industrie zusammen gegensteuern. "Gemeinsam wollen wir die Qualität der Anzeigen steigern und so schließlich Adblocker überflüssig machen", sagte Oliver von Wersch, stellvertretender Vorsitzender des Online-Vermarkterkreises auf der Messe in Köln.

Die Vorstellung der Initiative erfolgte eher weniger öffentlich.

(Bild: Torsten Kleinz)

Die Vorstellung dieser neuen Weltkoalition war eher unscheinbar. Die Pressekonferenz wurde erst verschoben und fand dann schließlich in einem kleinen Nebenraum der Messehalle 9 statt. Aufgrund einer Panne bei der Aussendung der Presseeinladung war alleine ein Reporter von heise online anwesend.

Die Koalition kann mit großen Namen auftrumpfen. So sind auf Seiten der Werbeindustrie sowohl Google als auch die Group M, weltgrößter Agentur-Konzern, Teil der "Coalition for better ads" vertreten. Bei den Werbetreibenden sind es sowohl die weltgrößten Werbekunden Procter & Gamble und Unilever als auch die World Federation of Advertisers. Auch Publisher wie die Washington Post und Forbes gehören zu den Gründungsmitgliedern, dazu Verbandsorganisationen wie verschiedene Gliederungen des Interactive Advertising Bureau (IAB), die Network Advertising Initiative (NAI) und das European Publishers Council.

"Adblocking ist für uns eine ernsthafte Herausforderung", sagte Stephan Loerke, Chef der World Federation of Advertisers, die die größten Werbekunden vertritt. So sei durch die Adblocker-Raten nicht nur ein Teil des Publikums nicht mehr für Werbung erreichbar gewesen, die Frustration über invasive Werbeformen habe sich auch auf das Ansehen der Marken niedergeschlagen, die angepriesen werden. "Wir können das Problem nur global adressieren", erklärte Loerke in Köln. In den kommenden Monaten sollen sich viele weitere Mitglieder anschließen.

Mit dem globalen Ansatz soll die in der Vergangenheit praktizierte Selbstblockade der verschiedenen Player beendet werden. So haben Website-Betreiber längst den Überblick verloren, welche Werbung auf ihren Seiten erscheint – und die Werbekunden haben nur noch eingeschränkte Kontrolle darüber, welche Werbeplätze sie eigentlich kaufen. Im Gegenzug fordern Werbetreibende ständig neue Zahlen über den Erfolg der Werbung, während Publisher die sinkenden Werbepreisen mit ständig neuen und auffallenderen Werbeformen auszugleichen versuchen.

Das Bündnis beginnt mit einer noch leeren Agenda. Zwar arbeitet die IAB bereits seit über einem Jahr an dem LEAN-Standard, der sichere, schlanke und nicht-invasive Werbeformen auszeichnen soll. Doch was unter "nicht-invasiv" zu verstehen ist, muss die neue Koalition nun erst festlegen.

Alanna Gombert, Chefin des IAB Tech Labs arbeitet derzeit an ausgiebigen Nutzeranalysen um herauszufinden, welche Werbeformen die Endnutzer besonders ablehnen. "Nutzer in Japan mögen blinkende Werbung, die amerikanischen Nutzer hingegen nicht so sehr", sagte sie in Köln. Weitere Ergebnisse sollen in den kommenden Wochen vorgestellt werden. Auch die anderen Teilnehmer der Gründungskonferenz wollten sich nicht dazu äußern, welche Werbeformen konkret verschwinden sollten.

Die umstrittene Firma Eyeo, die mit dem Acceptable Ads-Programm für sich in Anspruch nimmt, die Werbung für den Nutzer zu verbessern, war wohlweislich nicht eingeladen. "Es geht hier nicht um Eyeo, sondern um den Nutzer", betonte von Wersch. Zwar könnten die Firmen Input geben, eine Zusammenarbeit sei jedoch nicht geplant.

(Bild: heise online/Statista)

So setzt die IAB mit ihren Mitgliedern darauf, Adblock-Nutzer per Skript zu identifizieren und dann mit ihnen in Dialog zu treten. Manche Medien haben ihre Websites etwa mit der Bitte ausgestattet, den Adblocker zu deaktivieren, andere sperren Werbeverweigerer ganz. Die IAB sieht diesen Schritt als Erfolg – allerdings seien Nutzer nicht erfreut, wenn sie beim Deaktivieren des Adblockers feststellen müssten, dass sich an der nervenden Werbung nichts geändert hätte. Daran will die Koalition nun arbeiten.

Erster Schritt der Koalition ist die Gewinnung weiterer Mitlieder – schließlich nützt es nichts, wenn weiterhin ein Teil der täglich genutzten Websites die Nutzer zur Nutzung von Adblockern treibt. Durch den globale Ansatz der Koalition soll es möglich sein Standards zu schaffen, die nicht erst in einem jahrelangen Prozess nur teilweise von der Industrie implementiert zu werden. "Unsere Mitglieder sind daran interessiert, mit dem Kunden in einen qualitativen Austausch zu treten", betont Loerke, "Alles andere ist nur kurzfristiges Denken." (mho)