eHealth: Viele Missverständnisse bei elektronischer Patientenakte

Die elektronische Patientenakte soll 2025 für alle starten, doch bei den Versicherten gibt es Aufklärungsbedarf. Das geht aus einer qualitativen Studie hervor.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 51 Kommentare lesen
Businessman,Using,A,Computer,To,Insurance,Health,Concept.,Health,Insurance

(Bild: Deemerwha studio/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die elektronische Patientenakte (ePA) wird nur zögerlich angenommen. Forscher der Ruhr-Universität Bochum, der Leibniz Universität Hannover und des Helmholtz-Zentrums für Informationssicherheit CISPA verweisen in einer Interviewstudie auf zahlreiche "Missverständnisse rund um die digitale Infrastruktur" der ePA. So sei beispielsweise unklar, wer welche Daten einsehen kann. Jedoch könne man, wie bereits oft kritisiert, nicht die Ärzte und Apotheker dazu verpflichten, über die Patientenakte aufzuklären.

Seit 2021 steht die ePA gesetzlich Versicherten in Deutschland zur Verfügung, die privaten Krankenversicherungen arbeiten noch an der Umsetzung. Bisher wird sie kaum genutzt – lediglich 737.731 Menschen haben laut TI-Dashboard der Gematik (Stand 09.08.2023) bisher eine ePA. Das liegt unter anderem an fehlender Aufklärung und der komplizierten Beantragung der ePA. Mit dem geplanten Digitalgesetz (DigiG) soll sich das ändern – eine ePA sollen Versicherte 2025 automatisch erhalten, Krankenkassen sollen aufklären.

"Die digitale Infrastruktur der elektronischen Patientenakte könnte deutlich verbessert werden", sagt Professorin Karola Marky von der Ruhr-Universität Bochum. Beispielsweise sollten den befragten Versicherten zufolge nicht die Krankenkassen "die Apps bereitstellen, mit denen Versicherte den Zugriff auf ihre Daten festlegen können", sondern stattdessen solle es eine zentrale Open-Source-App geben.

Versicherte sollten den Forschern anhand einer Skizze zeigen, wie sie sich den Datenfluss vorstellen, wenn ein Versicherter seiner Ärztin oder seinem Arzt Zugriff auf seine ePA gewährt. Dabei kamen Icons zum Einsatz, mit denen eine Ärztin, ein Smartphone, die Krankenkassen oder ein Krankenhaus symbolisiert wurden. Ebenfalls waren Icons von Einrichtungen enthalten, die nicht zur digitalen Infrastruktur gehörten. Keine der 21 befragten Personen wusste, wie die Struktur tatsächlich ist.

Die Darstellungen wichen zudem "deutlich" voneinander ab, manche gingen beispielsweise davon aus, "dass alle Arztpraxen automatisch die Daten in ihrer Akte einsehen können". Tatsächlich ist es jedoch so, dass die Versicherten den Ärzten Berechtigungen erteilen können. Dazu stellen aktuell 85 Krankenkassen Apps bereit. Mit denen können Versicherte die Daten in der Akte laut Forschern auch bearbeiten und löschen. "Es ist gesetzlich geregelt, welche Daten Krankenkassen einsehen dürfen", sagt Marky. Das sorgte aber auch für gemischte Gefühle: Positiv sahen die Versicherten die Kontrolle über die eigenen Daten, negativ etwa möglichen Medikamentenmissbrauch. Dieser ist beispielsweise möglich, wenn Personen sich dasselbe Medikament von verschiedenen Ärzten verschreiben lassen und die Informationen darüber löschen.

Dass die Kassen den Versicherten Apps zur Verfügung stellen, suggeriere, dass Krankenkassen mehr Daten sehen könnten als ohne digitale Akte, ob das tatsächlich stimmt, untersuchten die Forscher allerdings nicht. "Aus Sicherheitsperspektive wäre es besser, eine zentrale Open-Source-App in Deutschland anzubieten, die alle Versicherten nutzen können“, erklärt Marky. "Das würde für mehr Vertrauen sorgen, einen einheitlichen Sicherheitsstandard garantieren und auch den Wartungsaufwand reduzieren".

Außerdem fordern die Forschenden, dass es bei allen Krankenkassen unterschiedliche Zugriffsmöglichkeiten auf die Akte geben sollte, sodass Menschen ohne Smartphone die Dienste ebenfalls nutzen können. Nach Ansicht des Forschungsteams sollte "die elektronische Patientenakte in einem medizinischen Notfall leichten Zugriff auf die Daten ermöglichen". Finanziert wurde die Studie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat sie im Rahmen des Verbundprojekts "Digitale Fitness für Bürgerinnen und Bürger – realistische Risikowahrnehmung, sichere Routinen" unterstützt.

(mack)