heise meets… Digitalisierung bei KMU – Herausforderung und Chance

99,4 Prozent der deutschen Unternehmen sind KMU. Auch kleine Unternehmen können digitale Vorreiter sein und neue Wege bei der Mitarbeiterakquise gehen.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Gisela Strnad
Inhaltsverzeichnis

Die deutsche Unternehmenslandschaft ist geprägt durch den deutschen Mittelstand (KMU mit 1 bis 249 Mitarbeitenden). Eine Stabilität, die uns über Jahre erfolgreich gemacht hat. Der Mittelstand stellt unter anderem 81,7 Prozent aller Ausbildungsstellen und 58 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Moritz von Soden, Bornemann Gewindetechnik

Eines dieser Unternehmen ist Bornemann Gewindetechnik mit 53 Mitarbeitenden. In dritter Generation führen Kathrin und Moritz von Soden das Unternehmen. Im Gespräch mit Moritz von Soden erörtern wir, wie digital und kreativ kleine Unternehmen heute sein müssen. Bornemann Gewindetechnik fertig kundenspezifische Gewinde für den Maschinen- und Anlagebau. Die Gewinde und Förderschnecken werden in Hebeanlagen, im Offshore Bereich, in Textilanlagen, in der Medizintechnik oder als Leitspindeln in Drehmaschinen eingesetzt.

Das Thema Industrie 4.0 habe auch bei Bornemann Gewindetechnik seit einiger Zeit Einzug gehalten. In den Gewinden würden Sensoren verbaut, um die Bauteile smart zu machen und Informationen an Maschinen zu übermitteln, die etwa durch vorausschauende Instandhaltung ("Predictive Maintenance") lange Maschinenausfallzeiten vermeiden könnten. Aber auch im Bereich von Online-Marketing, automatisierter Fertigungssteuerung, digitalem Archiv und automatisierter Belegverwaltung und Buchung sei die Digitalisierung im Unternehmen angekommen. "Wir liefern in 56 Länder auf der Welt. Ohne Online-Marketing, in 20 verschiedenen Sprachen, hätten wir unsere neuen Kunden nie erreicht", erklärt Moritz von Soden.

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Durch gefüllte Auftragsbücher oder ein Unverständnis, welche neuen Chancen in digitalen Möglichkeiten steckten, hätten einige der KMU den Weg in die Digitalisierung noch nicht gefunden. "Mittelständler sind Schnellboote, die den Anschluss schnell aufholen können. Das Meiste wird bereits angeboten und kann adaptiert werden", so Moritz von Soden. Gerade ältere Geschäftsführer würden sich noch schwertun. Jede Veränderung berge auch Gefahren und bislang habe das traditionelle funktioniert und solange der Erfolg da ist, werde kein Änderungsbedarf gesehen.

"Es werden oft nur die Risiken und nicht die Chancen gesehen", beklagt Moritz von Soden. Ein Problem dabei könne sein, dass die Digitalisierung nicht richtig verkauft werde. "Digitalisierung ist kein Modetrend, sondern ein Werkzeug und ein Verbesserungsprozess, der nie abgeschlossen sein wird. Digitalisierung vereinfacht Arbeitsprozesse. Der Nutzen muss bei allen Darstellungen in den Vordergrund gestellt werden", so der Wunsch von Moritz von Soden.

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Jede Branche klage über Fachkräfte- und Mitarbeitermangel, so natürlich auch der Mittelstand und kleine Unternehmen. Dieses Problem sei bereits vor 10 Jahren absehbar gewesen, wurde aber teilweise ausgeblendet. Bornemann hole bereits seit vielen Jahren Mitarbeiter aus dem Ausland. So komme der Online-Marketingexperte etwa aus Venezuela. Andere Mitarbeiter im Unternehmen kämen aus Marokko, Syrien, Polen, dem Iran, dem Kosovo, dem Sudan, der Ukraine und Russland. Eine Möglichkeit, mit der Bornemann gute Erfahrungen bei der Mitarbeiterakquise gemacht habe, sei AIESEC, ein internationaler Studentenaustausch oder Programme wie zum Beispiel ADELANTE – Gewinnung von Fachkräften aus dem EU-Ausland. Die Außen-Handelskammern seien bei der Auswahl, dem Sprachunterricht und der Wohnungssuche behilflich. "Ich würde mir mehr solche Initiativen von der Politik wünschen", erläutert von Soden.

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Als Mitglied des neu formierten Mittelstandbeirats vom Bundeswirtschaftsminister Habeck, erklärte sich von Soden auch dazu bereit, in einem Ausschuss mitzuwirken, um die Themen Digitalisierung von KMU und Sicherung von Fachkräften mit konkreten Vorschlägen weiter voranzutreiben.

Wichtig sei der Mut zum Ausprobieren und Gespräche mit anderen Unternehmern, denn die Probleme und Herausforderungen seien oft vergleichbar. Es müsse auf Augenhöhe gesprochen und die oft gleichen Prozesse geschaut werden – die Transferleistung sei dann einfach. Ein Beispiel für einen schnellen Wandel sei Korea. Noch vor 40 Jahren lagen von Soden zufolge Welten im industriellen Bereich zwischen Deutschland und Korea. Durch digitale Ansätze hätten koreanische Unternehmen in vielen Bereichen deutsche Unternehmen überholt – viele neue Unternehmen seien in kurzer Zeit schnell gewachsen.

"Unser traditionelles konservatives Denken, welches uns erfolgreich gemacht hat, beginnt uns zu blockieren. "Made in Germany" muss neu gedacht werden. Ein Umdenken ist absolut notwendig. Wir müssen gerade in kleinen und mittleren Unternehmen experimentierfreudiger werden und uns Neuem nicht verschießen. Nicht nur die Risiken sehen, sondern eine digitale Offenheit aufbauen", wünscht sich von Soden.

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(bme)