iPhone XR: Die 10 wichtigsten Testergebnisse

Seit heute ist das dritte und günstigste von Apples neuen Smartphones im Handel. Mac & i konnte es bereits testen.

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Das iPhone XR: Die 10 wichtigsten Testergebnisse
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Inhaltsverzeichnis

Sind die neuen iPhones XS und XS Max mit OLED-Display bereits seit 21. September auf dem Markt, kam am heutigen Freitag pünktlich zu dem von Apple angekündigten Termin auch das iPhone XR (sprich: "iPhone Zehn R") in die Läden. Es bringt ein LCD-Display und die meisten technischen Neuerungen des XS mit, kostet bei gleicher Speicherausstattung aber jeweils 300 Euro weniger und gilt als das potenziell erfolgreichere Modell, was die Absatzzahlen anbelangt. Uns steht ein iPhone XR mit 256 GByte Speicher zum Test zur Verfügung, das in dieser Ausstattung 1029 Euro kostet. Für 64 GByte zahlt man 849 Euro, für 128 GByte 909 Euro. Ein Modell mit 512 GByte bietet Apple hier nicht an.

Seit langer Zeit gibt es mal wieder iPhones in unterschiedlichen Farben: Bei dem Modell in Schwarz, Blau, Rot und Koralle (Rosa-Orange) ist der Rahmen in einem ähnlichen Ton gehalten wie die Rückseite aus Glas. Beim weißen sieht der Rahmen stattdessen silber- und beim gelben Modell goldfarben aus. Unser Testexemplar ist weiß.

Der Gehäuserahmen besteht beim iPhone XR aus Aluminium. Im Unterschied dazu ist er bei den beiden anderen beinahe randlosen Modellen XS und XS Max aus Stahl gefertigt. Das XR dürfte damit etwas empfindlicher auf Kratzer reagieren, weshalb man es – wie jedes iPhone – besser mit einer Hülle schützt.

Insgesamt wirkt das iPhone XR sehr wertig und liegt gut in der Hand, obwohl es etwas größer ausfällt als das XS. Weil das XR aber kleiner ist als das XS Max und auch etwas kürzer und schmaler (aber dicker) als das iPhone 8 Plus, dürfte es für viele Interessenten einen guten Kompromiss in Sachen Display-Größe und Hosentaschentauglichkeit darstellen.

Beim iPhone XR stehen sechs Farben zur Auswahl: Neben Schwarz und Weiß auch Rot, Gelb, Blau und Koralle.

Gegen Staub und Wasser geschützt ist das LCD-iPhone lediglich wie die Vorgänger bis zum X nach IP67. Es verträgt somit ein dreißigminütiges Bad in einem Meter Wassertiefe. XS und XS Max folgen bereits dem IP68-Standard.

Das iPhone XR besitzt zwar keinen OLED-, sondern einen LCD-Bildschirm, der geht aber nun auch bis fast an den Rand, weil es keinen Home-Button mehr gibt. Gegenüber den OLED-Modellen X, XS und XS Max fallen die schwarzen Streifen an den Seiten beim XR etwa einen Millimeter breiter aus. Das Display zeigt ebenfalls abgerundete Ecken und die seit dem X typische Einbuchtung (Notch) am oberen Rand. Auf ein Rechteck hochgerechnet misst die Bildschirmdiagonale 6,1 Zoll. Das ist deutlich mehr als beim iPhone 8 Plus mit 5,5 Zoll.

Die Zahl der Pixel liegt mit 1792 × 828 Pixel unter der des LCD des iPhone 8 Plus mit seinen 1920 × 1080 Pixel. Die Auflösung von 326 dpi entspricht der vom iPhone 8 und ist damit also ebenfalls geringer als beim iPhone 8 Plus (401 dpi) sowie bei den OLED-Bildschirmen von X, XS und XS Max (jeweils 458 dpi). Dennoch passen mehr Inhalte etwa von Homescreen, Browser oder Einstellungen aufs XR-Display als auf alle anderen iPhones. Texte und Icons sind kleiner: Apple arbeitet beim XR mit einer anderen Bildschirmskalierung (2x) als bei den iPhones X, XS, XS Max und 8 Plus (3x). Die etwas geringere Schärfe fällt aber nur bei genauem Hinsehen und im direkten Vergleich auf. Das Panel ist scharf, aber eben nicht ganz so scharf wie etwa das vom XS. Als maximale Helligkeit konnten wir 640 Candela/qm messen. Das bietet genügend Reserven um die üblichen Spiegelungen der Glossy-Panels etwas abzumildern.

Das Panel zeigte im Test eine sehr geringe Winkelabhängigkeit, den erweiterten Farbraum DCI P3 und einen Kontrast von 2452:1 mit einem fantastischen Schwarzwert für ein IPS-Display. Damit ist es das beste LCD in einem Smartphone, das wir je getestet haben.

Apple gibt zwar an, der Bildschirm sei kompatibel zu HDR10 und Dolby Vision, allerdings kann er den erhöhten Kontrastumfang nicht anzeigen. Per True-Tone-Technik passt das System auf Wunsch Weiß an das Umgebungslicht an, sodass man zum Beispiel beim Surfen am Abend bei Kunstlicht nicht von einem kaltweißen Seitenhintergrund gestört wird. Dank einer Abfragerate (Touch Sensing) von 120 Hertz reagiert der Screen unmittelbar.

Das iPhone XR beherrscht den 3D Touch nicht mehr, bei dem iOS und Apps an bestimmten Stellen zusätzliche "Quick Actions" in Pop-Up-Menüs anbieten, wenn man mit dem Finger fester drückt ("Peek") und dann an einer bestimmten Stelle loslässt, um eine erweiterte Funktion aufzurufen ("Pop"). Ersetzt wird das hier durch den neuen "Haptic Touch", bei dem man länger mit dem aufgelegten Finger an einer Stelle verweilt und zur Bestätigung ein kleines Klopfen der Taptic Engine spürt.

Im Test zeigte sich, dass Haptic Touch weit weniger Angebote zur Verfügung stellt als 3D Touch. Zum Beispiel kann man beim XR nicht das Pop-up-Menü der Einstellungen zum schnellen Wählen der Einträge Bluetooth, WLAN, Mobile Daten und Batterie aufrufen. Drückt man es beim XR fester, passiert nichts. Hält man das Einstellungen-Icon lange gedrückt, beginnt es zu wackeln, sodass man seine Position auf dem Display verschieben kann – wie gewohnt. Drückt man länger auf das Icon der Notizen-App, erhält man auch kein Menü zum direkten Erstellen eines neuen Dokumentes, einer neuen Checkliste oder eines neuen Scans.

Obwohl der Haptic Touch neuer ist als der 3D Touch, kann er also weniger – das ist ungewöhnlich bei Apple. Auf dem XR gehen de facto Funktionen verloren, welche alle iPhones seit dem 6s bieten. Womöglich verabschiedet sich Apple also von dieser eigentlich pfiffigen Idee wieder, sodass auch künftige iOS-Geräte nur noch mit Haptic Touch kommen: Im Vorfeld war zu vernehmen, dass angeblich nur wenige Nutzer den 3D Touch tatsächlich nutzen.

Unterm Strich lassen sich die XR-iPhones genauso bedienen wie iPads und ältere iPhones, freilich mit dem Schmankerl des haptischen Feedbacks durch den Schrittmotor.

Die rückseitige Kamera des iPhone XR entspricht dem Weitwinkel der Modelle XS und XS Max: Sie besitzt einen verbesserten 12-Megapixel-Sensor mit optischer Bildstabilisierung und einem schnelleren Autofocus. Die Brennweite hat Apple gegenüber den Vorjahresmodellen von 28 auf 26 Millimeter verkürzt, was zu einem etwas weiteren Kamerablickwinkel führt. Das Objektiv mit sechs Linsen belichtet mit Blende 1.8.

Die Kamera unterstützt auch das neue Smart HDR, mit dem der Belichtungsumfang spürbar erweitert wird. Davon profitieren Aufnahmen bei Gegen- und Schlaglicht. Details in abgeschatteten wie auch überstrahlten Bereichen bleiben mit Smart HDR erhalten, statt wegzubrechen.

Die Porträt-Funktion der rückseitigen Einzelkamera akzeptiert nur Personen zum Freistellen.

Obwohl es kein zweites Objektiv und damit kein Tele gibt, vermag das iPhone XR Tiefenunschärfe (Bokeh) in Porträts zu produzieren. Während die iPhones X, XS und XS Max die Entfernung zwischen der Person im Vordergrund und dem Motiv im Hintergrund mithilfe des Teleobjektivs messen (um anschließend den Rest unscharf zu rechnen), übernehmen diese Aufgabe beim XR Software-Algorithmen. Weil hier die Gesichtserkennung zum Einsatz kommt, lassen sich nur Personen, aber anders als bei den iPhones mit zwei Objektiven keine Gegenstände freistellen. Die Stärke des Effekts ist ebenfalls nachträglich per Blendenregler veränderbar.

Im Unterschied zu den Doppelkameras macht die einzelne Optik des iPhone XR Porträts mit dem Blickwinkel des Weitwinkelobjektivs – man muss also näher an die Person herangehen, um sie in der gleichen Größe abzubilden. Im Test erwiesen sich die Ergebnisse als beinahe ebenbürtig; es kam zu den gleichen gelegentlichen Fehlern beim Freistellen von lockigen Haaren und Brillen wie bei den iPhones XS und XS Max.

Panorama-Aufnahmen gelingen wie beim XS wesentlich besser als bei allen Vorgängern bis 2017, da die Belichtung nachgeführt wird: Startet man im Schatten und dreht ins Licht, gelingen trotzdem korrekt ausgeleuchtete Bilder.

Im Porträt-Modus geschossene Bilder lassen sich nachträglich im Grad der Unschärfe des Hintergrundes verändern.

Mit dem iPhone XR lassen sich tolle 4K-Videos mit 60 Hertz Bildwiederholrate und wie bei den iPhones XS und XS Max mit Stereoton aufnehmen. Schwierigkeiten gab es wie bei diesen lediglich bei Schwenks in Richtung Himmel: Der erschien dann für einen Augenblick weiß statt blau. Unterstützt wird die Rückkamera durch einen optischen Bildstabilisator und einen verbesserten Blitz mit Flackererkennung.

Die Selfiekamera auf der Vorderseite entspricht ebenfalls der vom iPhone XS mit Porträt-Funktion und Blende 2.2. Sie macht Fotos mit maximal 7 Megapixeln und Videos bis zu Full HD mit jetzt 60 Hertz. Als Blitz dient auch hier das gesamte Display (Retina Flash).

Entsperrt wird das iPhone XR wie schon das X mit der Infrarot-Gesichtserkennung "Face ID" in Kombination mit der Frontkamera. Seit dem XS setzt Apple einen verbesserten Algorithmus und eine schnellere Secure Enclave ein, in der iOS den Gesichtsscan auf dem Gerät verschlüsselt ablegt. Alle neuen iPhones XS, XS Max und XR kommen mit anspruchsvollen Situationen wie dem Erkennen des Besitzers trotz Brille, Mütze oder Schal besser zurecht als das iPhone X. Den Infrarot-Sensor und die Gesichtserkennung verwendet Apple bei Bokeh-Selfies wie eine zweite Kamera (Depth Control).

Das iPhone XR kommt in den Genuss des gleichen A12-Bionic-Prozessors wie die anderen beiden Modelle von 2018. Auch er arbeitet mit einer Taktrate von 2,5 GHz und ist der aktuell wohl schnellste Prozessor in einem Smartphone. Zum A12 Bionic zählt die um 50 Prozent schnellere Grafik und der verbesserte KI-Beschleuniger (Neural Engine). Beim Arbeitsspeicher muss das XR mit 3 GByte auskommen statt wie XS und XS Max mit 4 GByte.

In unseren CPU-Messungen mit Geekbench 4 erreichte das iPhone XR genau das gleiche Niveau wie XS und XS Max, das etwas über dem der iPhones 8/8 Plus/X mit A11-Prozessor liegt.

Die verbesserte Grafik erreichte bei GFX Bench Metal und 3D Mark Icestorm Unlimited in etwa gleich hohe Werte wie die XS-Modelle. Beim 3D Mark liegt das XR 25 Prozent vor dem iPhone X.

Der Akku hielt beim einfachen Websurfen 14,8 Stunden durch. Das ist deutlich mehr als bei den OLED-iPhones, deren Pixel selbst leuchten und deshalb bei hellem Bildinhalt mehr Strom benötigen. Das XR schafft auch etwas mehr Laufzeit als das iPhone 8 Plus – trotz des größeren Bildschirms.

Beim Videoschauen erzielte das iPhone XR 20 Minuten mehr (11,1 h) als das 8 Plus (10,8 h), aber weniger als XS (11,6 h) und XS Max (11,9 h). Unterm Strich kommt man bei allen mit einer Akku-Ladung und normaler Nutzung gut über den Tag. Alle Tests führten wir bei einer mittleren Helligkeit von 200 cd/qm durch.

Wie schon die anderen beiden iPhones von 2018 kommt das XR mit zwei SIMs gleichzeitig klar, wobei eine davon die integrierte eSIM ist, die man in den Einstellungen konfiguriert. Angebote hierfür machen anders als für die Apple-SIM in einigen iPads in Deutschland nur die Provider Telekom und Vodafone, die Zweijahresverträge anbieten. O2 arbeitet an einer eigenen Offerte. Die Funktion konnten wir noch nicht testen, da sie erst mit dem kommenden iOS 12.1 freigeschaltet wird.

Das iPhone XR mit seinem Glasrücken beherrscht kabelloses Laden nach dem Standard Qi mit 7,5 Watt und schnelles Laden per USB-C-Ladegerät mit Power Delivery und einem geeigneten Kabel von Apple (25 Euro). Hiermit ist der Akku nach 30 Minuten halb voll.

Die rückseitige Kamera entspricht dem Weitwinkel-Teil des iPhone XS mit verbessertem 12 Megapixel-Sensor für Videos bis 4K bei 60 Hertz. Ein Tele fehlt.

Im Unterschied zum iPhone XS schafft das XR wie schon das X nur Advanced LTE mit 800 MBit/s statt Gigabit LTE. In Deutschland macht das derzeit aber kaum einen Unterschied.

Standard sind weiterhin Bluetooth 5.0, GPS (auch Glonass und Galileo), Barometer, 3-Achsen-Gyroskop, Beschleunigungs-, Annäherungs- und Umgebungslichtsensor. Zum Lieferumfang zählen Earpods, Netzteil und Ladekabel, aber kein Lightning-Adapter für Klinkenstecker zum Ausgleich der fehlenden Kopfhörerbuchse.

Wir werden den Test des iPhone XR in den nächsten Tagen fortsetzen. Den vollständigen Testbericht mit allen Test- und Messergebnissen und das Fazit mit unserer Einschätzung lesen Sie in Mac & i Heft 6/2018, das ab 6. Dezember im Handel erhältlich ist. Zuvor erscheint noch das c't special iPhone, iPad und Apple Watch am 8. November mit ausführlichen Kaufberatungen zu den genannten Geräten, in denen wir auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen allen iPhones ab dem 5s noch einmal sehr detailliert beschreiben und Empfehlungen geben.

(jes)