re:publica 2014: Internetjünger im Angesicht der Unberechenbarkeit

Die Netzkonferenz re:publica, die dieses Jahr unter dem Motto "Into the Wild" Anfang Mai in Berlin stattfindet, hat ihr Beta-Programm mit den ersten hundert Punkten veröffentlicht. Es soll verschiedene Ansätze für die digitale Gesellschaft aufzeigen.

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Mit den "Yes Men" will die re:publica 2014 am 6. Mai mit zwei Medienaktivisten insgesamt 250 Stunden Programm mit rund 500 Vortragenden einläuten, die normalerweise uneingeladen Konferenzen kapern oder als angebliche Sprecher von Großkonzernen, Regierungen sowie Welthandelsorganisationen diese satirisch bloßstellen. "Die Hacker der öffentlichen Wahrnehmung" gelten den Organisatoren als Vortänzer der vernetzten Wildnis.

Passend zum Motto bieten die jetzt enthüllten ersten 100 Programmpunkte wieder einen wilden Themen- und Rednermix. Der Lieblingsinternetskeptiker des deutschen Feuilletons, der weißrussische, derzeit an der US-Ostküste forschende Medienwissenschaftler Evgeny Morozov, soll wieder dabei sein, nachdem er die re:publica 2010 im damals noch überschaubaren Kreis eröffnet hatte, voriges Jahr aber kurzfristig absagen musste.

Die Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin Saskia Sassen will über ihre Globalisierungs- und Vernetzungstheorien sprechen, der Internetforscher Viktor Mayer-Schöneberger seine Erkenntnisse über die "Big-Data-Revolution" ausführen. Der Politikwissenschaftler Ron Deibert darf sein Buch "Black Code" vorstellen, das als "Manifest für eine digitale Netzverantwortung im 21. Jahrhundert" gehandelt wird. Die Autorin Annalee Newitz will den Weltuntergang absagen, ihre Kollegin Greta Taubert verspricht dagegen experimentell die "Apokalypse jetzt!".

Auch sonst ist Programm voll von Gegensätzen und unterschiedlichen Ansätzen für die digitale Gesellschaft. Der IT-Sicherheitsexperte Morgan Marquis-Boire, der Staatstrojaner jagt, soll vor einer neuen Phase der globalen, digitalen Proliferation von Spionagesoftware und anderen Waffen im Arsenal der Cyberkrieger warnen, die Wirtschaftswissenschaftlerin Sarah Spiekermann für eine Ethik der Maschinenwelt werben.

Dazu kommen Erörterungen etwa über "Aristoteles mit der Brechstange" zu Computerspielen im Unterricht, die neu entdeckte Liebe der Überwachung oder die "Macht der Buttermilch" aus Sicht einer "amischen Futuristin". Einen besonderen Schwerpunkt soll das "Science Lab" in Kooperation mit dem Wissenschaftsjahr 2014 bilden, das etwa mit einer Subkonferenz zu "Open Science" aufwartet.

Die re:publica wird wieder in der Station in Kreuzberg zelebriert und geht bis zum 8. Mai. Standardtickets für die drei Tage sind noch für 180 Euro verfügbar. Der frühere Postbahnhof dürfte dieses Jahr noch voller werden als 2013, da gleichzeitig dort erstmals das Medienboard Berlin-Brandenburg eine "Media Convention Berlin" abhalten will, nachdem das klassische Medienforum während der IFA im Herbst nicht mehr die Massen in seinen Bann zog. Um die beiden Konferenzen herum sollen etwa auch die auf die Next, die auf die digitale Wirtschaft ausgerichtet ist, und der Linuxtag während der "Berlin Web Week" Fachbesucher in die Hauptstadt locken. (anw)