re:publica 24: Nachhaltigkeit ist mehr als "Recht auf Reparatur"

Umweltministerin Lemke ist zuversichtlich, dass EU-Instrumente wie Produktpass und Reparierbarkeitsindex gegen Überkonsum und für Kreislaufwirtschaft wirken.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf der Bühne der republica 2024.

Steffi Lemke (Grüne) setzt auf "strukturelle Stellschrauben".

(Bild: heise online/vbr)

Lesezeit: 3 Min.

Mit der Ökodesign-Verordnung führt die Europäische Union neue Regeln ein, damit Produkte länger halten sowie einfacher zu reparieren oder zu verwerten sind. Im Hinblick auf das "Recht auf Reparatur" hingegen versucht Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zumindest die Erwartungen der Verbraucher zu dämpfen.

"Wir müssen uns beim Recht auf Reparatur von der Vorstellung verabschieden, dass wir alle unsere Waschmaschine selbst reparieren", sagte Lemke auf der Konferenz re:publica am Dienstag in Berlin. "Es geht darum, Reparierbarkeit und Nachhaltigkeit schon beim Design zu berücksichtigen." Kreislaufwirtschaft oder Zirkularität lautet das Stichwort.

Für Gebrauchselektronik wie etwa Smartphones gebe es schon eine funktionierende Reparatur-Infrastruktur, sagte die Ministerin: "Da geht es für uns darum, deren Bedingungen zu verbessern" – etwa was den Zugang zu Ersatzteilen und Software angeht. Die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Softwareupdates kann darüber hinaus ein Kriterium für die Verbraucherentscheidung sein, was die Hersteller dann berücksichtigen werden.

Lemke sieht auch bereits Impulse aus der Wirtschaft. Knappe Rohstoffe führen dazu, dass Herstellerbranchen umdenken. "Durch veränderte Lieferketten und global ansteigende Nachfrage nach Rohstoffen gibt es ökonomische Zwänge, die sich in verschiedenen Branchen schon bemerkbar machen", sagte Lemke.

Zwar freut sich Lemke über die "weltweite Diskussion über Zirkularität", doch gibt es global noch keinen Konsens über nachhaltige Produktion und Recycling. "Es gibt einzelne Staaten, die ihre Wirtschaft durch Zirkularität bedroht sehen."

"Wir werden den Überkonsum nicht über Verbrauchsappelle in den Griff bekommen", sagte Lemke und setzt stattdessen auf "strukturelle Stellschrauben". Das können etwa die mit der Ökodesign-Richtlinie eingeführten Instrumente sein. "Wenn wir einerseits digitale Produktpässe und andererseits einen Reparaturindex haben, werden das Faktoren für Verbraucher sein und die Wirtschaft richtet sich darauf ein."

Werbeverbote etwa für Billigprodukte, die über neue Verkaufsplattformen wie Wish, Temu oder Shein in die EU gelangen, hält Lemke für nicht für machbar und zielführend. Hier kann der Verbraucherschutz eine "strategische Stellschraube" sein. Als Beispiel nannte die Ministerin die erfolgreichen Abmahnungen der Plattformen Temu und Shein durch die deutschen Verbraucherzentralen.

Die Ökodesign-Verordnung löst mit Inkrafttreten die alte Ökodesign-Richtlinie ab. Eine Verordnung gilt in allen EU-Staaten unmittelbar; es gibt eine Übergangsfrist von 18 Monaten, sich auf die neuen Regeln einzustellen. Das Recht auf Reparatur soll auf Grundlage einer Richtlinie eingeführt werden, die erst noch in nationales Recht umgesetzt werden muss.

"Für das Recht auf Reparatur ist in Deutschland das Justizministerium für die Umsetzung ins nationale Recht zuständig", sagte Lemke auf der re:publica und zeigte sich zuversichtlich, dass die Bundesregierung das dann schnell über die Bühne bekommt.

(vbr)