Ist x86 ARM dran? | Zehn Snapdragon-Laptops im Test

Da bahnen sich große Veränderungen an: In Sachen Akkulaufzeit sind die ARM-Notebooks der x86-Konkurrenz deutlich überlegen – und die Leistung stimmt auch.

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Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Eine Erschütterung der Macht: Die Snapdragon-ARM-Notebooks machen sehr vieles besser als die x86-Windows-Konkurrenz. c't 3003 zeigt im Video anschaulich, warum ARM-Windows inzwischen wirklich gekommen ist, um zu bleiben.

(Das Video basiert auf diesem c't-Test.)

(Hinweis: Dieses Transkript ist für Menschen gedacht, die das Video oben nicht schauen können oder wollen. Der Text gibt nicht alle Informationen der Bildspur wieder.)

Schaut mal hier, das sind die Messergebnisse von zehn Copilot+-Notebooks, die wir ausführlich getestet haben.

Und ja, man kann wirklich von einer Erschütterung der Macht sprechen: Die Geräte sind nicht nur ein bisschen effizienter als die meisten bisherigen Windows-Notebooks, sondern deutlich effizienter. Schaut mal: Hier oben sind die Copilot+-Geräte, hier unten die Mitbewerber. Wenn wir die MacBooks ausblenden und uns auf die Laufzeit bei Last konzentrieren, sehen wir, dass alle Copilot+-Notebooks mindestens drei Stunden durchhalten – während die Konkurrenz mit Intel- oder AMD-CPU nur zwischen 1,2 und 2,6 Stunden schafft. Das Krasse daran: Die Leistung, wie hier zum Beispiel im Cinebench-Benchmark, ist meist mindestens genauso gut, oft sogar besser.

In diesem Video stelle ich euch die zehn Geräte etwas genauer vor und erkläre, ob es in der Praxis Nachteile gibt – schließlich setzen die Copilot+-Geräte auf eine ganz andere Prozessorarchitektur als bisherige Windows-Geräte, nämlich ARM statt x86. Außerdem beantworte ich noch ein paar eurer Fragen zu den Rechnern, die ihr uns bei unserem ersten Video zum Thema gestellt habt. Bleibt dran!

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei…

Also, nochmal eine kurze Zusammenfassung, worum es hier überhaupt geht: Letzten Monat sind eine ganze Reihe von Notebooks erschienen, die alle die neuen Snapdragon-X-Prozessoren von Qualcomm nutzen. Wem das jetzt nichts sagt: Ihr habt Snapdragon wahrscheinlich schon mal im Kontext von Smartphones gehört – und ja, genau, das ist die gleiche Architektur, nämlich ARM. Bis vor kurzem konnte man das so zusammenfassen: Handys und Tablets nutzen ARM, Computer nutzen x86, also die Mikroprozessor-Architektur, die Intel vor 46 Jahren erfunden hat. (Kleiner Fun Fact am Rande: Der erste Mikroprozessor, der in Serie gefertigt wurde, war 1971 der Intel 4004 – 4004, 3003, merkt ihr? Aber das ist nur eine der vielen Inspirationen, die uns auf den Namen des Channels gebracht haben, die anderen erzähle ich euch ein andermal.)

Also, jahrzehntelang liefen Computer primär mit x86 – bis Apple ab Ende 2020 anfing, eigene ARM-Chips in ihre Rechner einzubauen. M1, M2, M3 usw. – ja, und die haben mal richtig für Furore in der Notebook-Welt gesorgt, denn die Leistung und Akkulaufzeit waren im Vergleich zu vielen x86-Windows-Notebooks nicht nur besser, sondern eine ganz andere Liga. Dazu hatten wir ja schon Videos gemacht.

Fast-forward 3,5 Jahre später: Jetzt gibt's ARM auch in Windows-Notebooks. Es gab zwar schon vorher ARM-Geräte, aber die waren nie richtig konkurrenzfähig. Jetzt aber schon. Vielleicht habt ihr unser erstes Video zum Thema gesehen, da hatten wir das Microsoft Surface 7 mit 15 Zoll getestet. Da ging es viel um die sagen wir mal eher enttäuschenden KI-Copilot-Funktionen in Windows. Deshalb klammere ich das KI-Thema in diesem Video aus, dazu ist eigentlich alles gesagt. Wichtig ist nur: Alle in diesem Video vorgestellten Rechner haben eine sogenannte Neural Processing Unit, also einen KI-Prozessor, der diverses KI-Zeugs beschleunigen soll – aber bislang gibt's da wenig Sinnvolles. Mal sehen, wie das in Zukunft wird.

Wichtig ist vor allem, wie die Geräte im Alltag performen – und da muss man einfach sagen: Super. Vor allem die Akkulaufzeiten sind richtig gut. Über 34 Stunden bei ruhendem Desktop und eingeschaltetem Display haben wir zum Beispiel beim Lenovo ThinkPad T14s Gen 6 gemessen. Die Gen 4-Version des T14s-ThinkPads, die wir Ende 2023 mit dem AMD Ryzen 7 Pro 7840U getestet haben, hat weniger als halb so lange durchgehalten. Man sieht allerdings hier in der Benchmark-Tabelle der Snapdragon-X-Geräte: Das ThinkPad erreicht im Cinebench-Multicore nur 601 Punkte, die Konkurrenz mit demselben Prozessor kommt auf bis zu 950 Punkte, zum Beispiel das Asus Vivobook S15. Der Grund dafür ist einfach die unterschiedliche Kühl-Philosophie: Lenovo möchte, dass das ThinkPad im Standardmodus leise bleibt; statt also den Lüfter hochzudrehen, wird der Takt heruntergedrosselt. Asus macht es umgekehrt: Der Lüfter wird lauter, damit der Prozessor nicht drosseln muss. Aber wie gesagt: Wir reden hier vom Standardmodus, man kann das in Windows einfach umstellen und selbst entscheiden, ob man lieber maximale Geschwindigkeit oder ein leises Betriebsgeräusch haben möchte.

Generell gilt für alle Snapdragon-X-CPUs: Die gefühlte Schwuppdizität ist supergut, vor allem bei Modellen mit 120-Hz-Display – das waren in unserem Testfeld alle bis auf das Lenovo Yoga Slim 7x mit 90-Hz-Bildschirm und das HP Omnibook X AI 14 sowie das Lenovo ThinkPad T13s Gen 6 mit 60-Hz-Display. Es gibt die meisten Modelle aber auch mit unterschiedlichen Bildschirmkonfigurationen. Ich persönlich würde auf jeden Fall mehr als 90 Hz empfehlen, weil sich das einfach geschmeidiger anfühlt – ich habe allerdings schon Leute gesehen, die keinen Unterschied wahrnehmen, also am besten ausprobieren. Dass das ThinkPad so extreme Akkulaufzeiten schafft, liegt vor allem an diesem langsameren Display – das ist ein Low-Power-Panel, das Strom spart. Es gibt das Gerät auch mit 120-Hz-OLED – das sieht meiner Meinung nach viel besser aus, geht aber auf Kosten der Laufzeit.

Apropos OLED: Fünf von zehn Testgeräten haben ein solches Display. Die Vorteile kennt ihr wahrscheinlich: Richtig farbstark, nicht blickwinkelabhängig und vor allem ein superdunkles Schwarz. Allerdings sind alle OLEDs im Test spiegelnd, matte Bildschirme hatten nur das ThinkPad und das Dell XPS 13. Alle Displays haben das etwas höhere 3:2- bzw. 16:10-Format, nur das Asus Vivobook kommt mit 16:9.

Und wo wir schon bei Nummern sind: Qualcomm hat sich da für die Prozessoren ein ziemliches Bezeichnungschaos ausgedacht, dass ich zumindest kurz mal böse gucken muss: Das Topmodell ist der Snapdragon X Elite X1E-84-100, der X Elite X1E-80-100 ist bei den Taktraten etwas abgespeckt. Der X1E-78-100 ist eigentlich genauso wie der 80er, hat aber keinen Single-Threading-Boost. Und last but not least gibt es den Snapdragon X Plus (also nicht Elite) X1P-63-100. Der ist wie der Elite-78er, hat aber nur zehn statt zwölf CPU-Kerne. Alle vier haben die gleiche NPU, die also gleich leistungsstark ist, aber die GPU des 100ers ist mit 4,6 Tflops etwas leistungsstärker als die der anderen drei, die haben 3,8 Tflops.

Und jetzt nochmal kurz zur Leistung: Die sind wirklich schnell; also wirklich schnell. Schaut mal, beim Cinebench-Multicore kratzt das XPS 13 an den 1000 Punkten. 1000 Cinebench-Multicore-Punkte, sowas gab es bislang einfach nicht bei so kompakten Notebooks wie bei uns im Test. Dafür musste man bisher schon ein fetteres Gaming-Notebook mit viel lauteren Lüftern nehmen.

Aber wir haben ja bislang nur von der CPU-Leistung gesprochen, noch nicht von der GPU-Leistung. Und da muss man nicht lange um den heißen Brei herumreden, die GPU-Leistung ist unterdurchschnittlich. Zum Beispiel schaffen die ja allesamt aktiv gekühlten Snapdragon-Notebooks sogar deutlich weniger Grafikleistung als das passiv gekühlte MacBook Air mit M3. Gaming-Notebooks spielen hier in einer ganz anderen Liga.

Wenn es euch um Gaming geht: Dann solltet ihr zumindest um die erste Snapdragon-X-Generation einen Bogen machen. Das heißt aber nicht, dass man gar nicht spielen kann, gerade ältere Spiele laufen oft echt okay, zum Beispiel konnte ich Fallout 4 mit vollen Details flüssig spielen.

Leider ist oft gar nicht die Geschwindigkeit das Problem, sondern, dass die Spiele oft gar nicht erst starten: Vor allem Titel, die Anti-Cheat- oder Kopierschutzsoftware mitbringen, haben oft Probleme, weil solche Software ganz eng an der Hardware läuft und, wenn sie nicht angepasst ist, einfach nicht funktioniert. Spiele, die gar nicht laufen, sind zum Beispiel Fortnite, Valorant, PUBG, Counter-Strike 2, Warframe, Diablo IV und Elden Ring. Aber ich denke, das ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Anti-Cheat-Software an ARM angepasst wird und dann sollten diese Spiele auch funktionieren.

Hier könnte ich auch direkt eine Frage von euch beantworten: Gibt es für die Windows-ARM-Computer einen x86-Emulator wie bei Apple mit Rosetta? Ja, genau so. Da läuft ein Emulator im Hintergrund, der sofort aktiv wird, wenn man eine x86-Software startet. Den merkt man in den meisten Fällen gar nicht, also es ist nicht so, dass da dann erstmal steht „STARTE EMULATOR“ oder so, sondern das funktioniert einfach. Ob gerade x86- oder ARM-Software läuft, sieht man übrigens im Task-Manager – ansonsten merkt man das gar nicht.

Wie viel Prozent Leistung der Emulator kostet, kann man leider nicht pauschal sagen, aber es sind auf jeden Fall zweistellige Einbußen. Das ist jedoch kein Problem, weil die Geräte so schnell sind, dass das nicht ins Gewicht fällt – und sich das dann trotz Emulation schneller anfühlt als bei vielen x86-Notebooks.

Apropos Emulation: Ihr hattet auch gefragt, ob da auch alte Software läuft – und ja, ich habe 20 Jahre alte .exe-Dateien aufrufen können. Auch spezielle Software klappt. Wir haben zum Beispiel die Banking-Anwendung StarMoney 14 erfolgreich ausprobiert, sogar mit Smartcard-Reader. Für diesen (Cyberjack RFID) gab es zwar keinen ARM-kompatiblen Treiber per Windows-Update, aber auf der Website des Herstellers ReinerSCT. Die Netzwerkdrucker und -Scanner, die wir ausprobiert haben, druckten und scannten auch. Was allerdings nicht lief, war die Google-Drive-App, aber das ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Genauso wie die ARM-Version von Adobe Premiere, die schon angekündigt ist. Das Schnittprogramm DaVinci Resolve funktioniert seit Version 19 bereits explizit mit den Snapdragon-Xen.

Ihr hattet auch gefragt, ob die Notebooks aufrüstbar sind oder ob, wie bei Apple, alles fest verlötet ist. Zumindest habe ich da eine halbgute Nachricht für euch: Der Arbeitsspeicher ist zwar überall verlötet, aber die SSDs könnt ihr bei den meisten Geräten austauschen. Microsoft erklärt sogar in einem Video, wie das geht.

Nur bei den beiden Samsung-Geräten ist der Flash-Speicher wie bei Apple verlötet, die lassen sich also nicht aufrüsten.

Und viele von euch hatten kommentiert, dass sie gerne Linux installieren würden, weil sie ein effizientes Linux-Notebook mit langer Akkulaufzeit haben möchten. Da muss ich euch zumindest im Moment noch enttäuschen. Der aktuelle Linux-Kernel unterstützt zwar explizit die Snapdragon-X-Prozessoren, aber bislang funktioniert das alles mehr schlecht als recht. Ich habe jedenfalls noch keinen Linux-Desktop zum Laufen bekommen; und wenn ich mir hier so Meldungen anschaue, dass jetzt Linux-Patches herauskommen, die die komplette GPU-Einheit der Snapdragons deaktivieren – ja, das hört sich für mich so an, als würde das noch ziemlich lange dauern, bis das reibungslos funktioniert.

Mein Fazit:

Der Intel-Gründer Andy Grove soll ja Anfang der 90er in einem Meeting mal eine Zeichnung gemacht haben: In der Mitte eine Burg, die für Intels Profitabilität stehen sollte, und einen Burggraben, der die Burg beschützen sollte, was die x86-Architektur symbolisierte. Ich sage mal: Ich würde mal anzweifeln, dass der Burggraben noch lange hält. Die x86-Fraktion arbeitet natürlich daran, es kommt ja auch bald Zen-5 von AMD, aber mal sehen, ob das in Sachen Effizienz den Snapdragons Konkurrenz machen kann.

Sogar mein durchaus sehr kritischer c’t-Kollege Florian Müssig hat sich in seinem Test richtig aus dem Fenster gelehnt und gesagt, dass die neue Windows-on-ARM-Hardware so attraktiv ist, dass sie viel mehr Verbreitung als bisher finden wird und Hard- wie Softwareentwickler nachziehen müssen. Das wird vielleicht nicht so schnell wie im Apple-Kosmos passieren, aber Windows on ARM lässt endlich die Phase hinter sich, in der es weder Henne noch Ei gab.

Das sehe ich ganz genauso.

Achso, und wenn ihr euch jetzt konkrete Geräteempfehlungen der zehn Testkandidaten wünscht, da muss ich euch leider enttäuschen, denn das ist auf jeden Fall Geschmackssache. Will man lieber ein spiegelndes oder mattes Display? Findet man OLED wichtig? Möchte man viel Power oder ist ein leises Betriebsgeräusch wichtiger? Was ich auf jeden Fall sagen kann: Die beiden Samsung-Geräte sind am leisesten, gehören aber auch zu den teuersten Modellen. Am preisgünstigsten kommt man derzeit mit dem Microsoft Surface Laptop 7 mit 13,8 Zoll an ein Copilot+-Notebook, das kostet 1200 Euro, alle anderen Geräte kosten mindestens 100 Euro mehr.

Und wenn euch das alles noch zu teuer ist: Dann könnt ihr bis Herbst warten, dann kommen nämlich die günstigeren Snapdragon-X-Ableger mit maximal acht Kernen. Da wird es dann auch Geräte unter 1000 Euro geben, die deutlich massenmarkttauglicher sind.

Was meint ihr, überzeugen euch die Geräte? Oder ist das alles Teufelszeug für euch? Schreibt es gerne in die Kommentare. Und abonnieren natürlich, tschüss!


c't 3003 ist der YouTube-Channel von c't. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t Magazin. Die Redakteure Jan-Keno Janssen und Lukas Rumpler sowie die Video-Producer Şahin Erengil und Pascal Schewe veröffentlichen jede Woche ein Video.

(jkj)