Frankreich: Taser darf als Foltergerät bezeichnet werden

Ein Pariser Gericht weist eine Klage von Taser France wegen Schädigung der Marke und des Namens der Elektroschockwaffe ab.

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Von
  • Thomas Pany

Das Unternehmen SMP Technologies, das Taser- Elektroschockpistolen in Frankreich vertreibt, hat ein Gerichtsverfahren gegen die Menschenrechtsorganisation Raid-H ("Alarm- und Eingreif-Netzwerk für die Menschenrechte") wegen Rufschädigung des Namens und der Marke "Taser" verloren. Wie die Tageszeitung Libération berichtet, hatte SMP Technologies Taser France, so der vollständige Namen des Unternehmens, der Menschenrechtsorganisation vorgeworfen, die Marke "herabzuwürdigen".

Taser France, das über einen Exklusivvertrag mit dem französischen Inenministerium verfügt, klagte vor dem Gerichtshof in Paris, weil Raid-H (Réseau d'alerte et d'intervention pour les droits de l'Homme) die angeblich harmlose Taserpistole im April 2007 auf seiner Webseite als "letztes 'Gégéne' im Land der Menschenrechte" bezeichnet hatte. Bei "Gégéne" handelt es sich um ein altmodisches Foltergerät, das mit einem Dynamo betrieben wird und dem Opfer Stromschläge versetzt. Es wurde im Kolonialkrieg in Algerien (1954 bis 1962) massiv von französischer Seite eingesetzt.

Darüber hinaus warb Raid-H für einen Anti-Taser-Abend im selben Monat mit einem Flyer, betitelt "Elektroschock", der einen Roboter zeigt mit einem Taser und einem Zielbild, das einen toten Menschen abbildet. Damit, so das Argument von Taser France, werde die Marke und der kommerzielle Name, sprich die Handelsbezeichnung, Taser geschädigt.

Die 17. Kammer des Tribunal de Grande instance von Paris gab der Klage auf 50.000 Euro Entschädigung seitens Taser France nicht statt, da SMP Technologies "keinerlei Rechte auf die Marke" habe, die 2003 in den USA angemeldet wurde. Ein Antrag wegen Herabwürdigung der Marke Taser sei damit unzulässig. Was die Handelsbezeichnung "Taser" angehe, so sei die gerichtliche Aktion von SMP Technologies zwar zulässig, die beanstandeten Äußerungen und Darstellungen würden aber trotz der von ihnen vermittelten Schockwirkung den Rahmen der freien Meinungsäußerungen nicht sprengen. Zumal, wie das Gericht betonte, es sich um eine Organisation handele, die sich dem öffentlichen Interesse und Wohlergehen verschrieben habe und die Debatte über den Taser die nationalen Grenzen überschreite.

Das Gericht verurteilte das Unternehmen zu einer Zahlung von 2000 Euro an Raid-H, zudem muss SMP-Technologie für die Gerichtskosten aufkommen. Indessen kündigt die Menschenrechtsorganisation weitere Schritte seiner Kampagne "Non au Taser" an.

Bereits am 20. Oktober fand ein Prozess zwischen SMP Technologies und dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Olivier Besancenot der Revolutionären Kommunistischen Liga (Ligue Communiste Révolutionnaire, LCR) statt. In dem aufsehenerregenden Fall ging es wiederum um Äußerungen, die nach Ansicht von Taser France die Elektroschockwaffe diffamieren. Besancenot hatte wiederholt öffentlich vor Mißbrauch und gesundheitlichen Langzeitwirkungen der "nicht-tödlichen Waffe" gewarnt. Der Streit zwischen SMP Technologies und dem kommunistischen Präsidentschaftskandidaten wurde über die Landesgrenzen hinaus bekannt, weil der Chef des Unternehmens, Antoine di Zazzo, zwischenzeitlich festgenommen wurde: Er soll zusammen mit anderen Besancentot beschattet und abgehört haben. Das Urteil im Prozess Taser France vs. Olivier Besancenot wird für den 24. November erwartet.

Laut Informationen der Tageszeitung Le Figaro sind in Frankreich 4.530 Taser im Einsatz: 2.625 bei der Gendarmerie und 1.905 bei der Polizei. Nicht mitgezählt sind jene Elektroschockpistolen, die sich angeblich des Öfteren in den Handtaschen der Pariser Damenwelt befinden. ()