IANA-Diskussion: Kommen die 1-Zeichen-Domains?
Domainname wie m.com oder g.com sind vielleicht bald erlaubt und könnten Millionenerlöse bringen. Offen ist nur, für wen.
- Monika Ermert
Bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers sind Diskussionen im Gange, eine langgehegte Konvention aufzuheben: die Reservierung von Domains mit nur einem oder zwei Buchstaben oder Zahlen.
Eine Arbeitsgruppe empfahl im Frühjahr, die attraktiven kurzen Adressen nicht mehr grundsätzlich zu sperren. Nun tobt der Streit, wie man am meisten Geld mit m.net verdienen kann, und vor allem, wer es verdienen soll. Bis zum 15. November nimmt die private Netzverwaltung noch Kommentare dazu entgegen.
Puristen sind der Ansicht, wenn die Adressen nicht mehr reserviert und damit geblockt werden sollen, wie es bislang in allen Verträgen mit den Betreibern der Top Level Domain Registries vereinbart ist, dann sollen sie einfach in den normalen Domainpool entlassen werden. Jederman könnte dann versuchen, eine solche Domain zu registrieren, und man kann sich leicht vorstellen, welcher Run auf die Adressen entstehen würde. Zu Geld machen könnten am Ende diejenigen m.com, die beim Registrierrennen die Nase vorne haben. Sie könnten m.com meistbietend an Microsoft, MAN oder Manchester United verkaufen.
Eine Mehrheit von Kommentatoren sprachen sich in der Konsultation bislang daher auch für Auktionsmodelle aus, bei denen die Adressen meistbietend verkauft werden. Dabei gibt es unterschiedliche Vorstellungen, wie man den besten Preis für die Adressen erzielen kann. Statt alle Adressen auf einmal zu versteigern, könne man interessierte Unternehmen auch um das Recht der ersten Wahl steigern lassen. Wer in Runde eins am meisten Geld hinlegt, dürfte dann aus dem vorhandenen Pool auswählen. Der kanadische Unternehmer George Kirikos entwirft folgendes Szenario: "Sagen wir mal, der Gewinner ist Microsoft, für 20 Millionen, und sie suchen sich m.com aus. Dann wird dieser Name aus der Liste der verfügbaren Adressen herausgenommen, und einen Monat später folgt die nächste Auktion. Nehmen wir an, Google gewinnt, bei einer Summe von 15 Millionen. Sie nehmen G.com aus dem Set der verfügbaren Namen." Insgesamt könnte auf diese Weise ein Haufen Geld zusammenkommen, selbst wenn ICANN keinen Anspruch auf die Auktionserlöse der "jüngeren" 13 generischen Adresszonen erhebt.
Auch dafür, was mit dem vielen Geld passieren soll, gibt es schon eine Reihe von Vorschlägen. Da die 1-Buchstabe-Adressen unter com, net, org auf Initiative des DNS-Übervaters Jon Postel 1993 für die Internet Assigned Numbers Authority reserviert wurden, stünden die Erlöse auf keinen Fall den Registries (also VeriSign oder PIR), den Registraren oder ICANN zu, meint Adam Peake vom Center for Global Communications an der International University of Japan. Vielmehr müsse das Geld via ICANN zum "Wohl der Internetgemeinde" ausgegeben werden, etwa "um die Sicherheit, Stabilität und Zuverlässigkeit des Netzes zu sichern", besonders in Entwicklungsländern. "Beispielsweise kann man Länderregistries in Entwicklungsländern bei der Herstellung von Sicherheit und Stabilität helfen," schreibt Peak.
Doch gerade die Einführung der 1-Buchstabe- oder auch 1-Zahl-Domains könnte die Sicherheit des Netzes beeinträchtigen, warnt einer der technischen Experten, der ehemalige IAB-Chef John Klensin. "Das Problem besteht nicht bei der Funktionsweise des DNS," räumt Klensin ein, der für seine konservative Haltung kritisiert wurde. Vielmehr habe man die Integrität der Adressen absichern wollen, bei Einzelbuchstaben komme es zu leicht zu Verwechslungen. Angesichts der Erweiterungen des Adresssystems um nicht-englische Buchstaben sei dieses Problem heute noch größer, warnt Klensin.
Er rechtnet mit trickreichen Phishing-Attacken. Der Umstand, dass einige Firmen vor der Einführung der Beschränkung 1993 bereits ihren Buchstaben registriert haben – etwa Nissan mit z.com oder QWest mit q.com – komme einem Vertragsbruch von Seiten VeriSigns gleich, kritisiert Klensin. Von den vor 1993 zugeteilten 1-Buchstabe-Adressen sind wirklich nur zwei direkt mit einer Webseite hinterlegt. X.com führt zur Paypal-Seite, x.org zur Open Source Software Seite X.org Foundation.
Für Kurzadressen auf oberster Ebene rät die bei ICANN zuständige Arbeitsgruppe übrigens zur Vorsicht. Top Level Domains wie .i oder .a müssten erst noch auf technische Fragen hin untersucht werden. Keine Probleme sieht man demgegenüber für Domains auf dem Second Level mit zwei Buchstaben oder Zahlen, allerdings gilt es, die ccTLD-Adressen wie .de, .us zu meiden. Als TLDs will man wegen der ccTLD-Liste 2-Buchstaben-Adressen weiter ausschließen, eine Kombination aus Buchstabe und Adresse soll aber möglich sein. Allerdings könnte es noch eine ganze Weile dauern, bis tatsächlich die ersten derartigen Adressen vom Stapel laufen. Monika Ermert (js)