Ägypten: Razzia gegen regierungskritische Nachrichtenseite

Mada Masr ist das letzte bedeutende unabhängige Nachrichtenmedium in Ägypten. Nun wurden vorübergehend mehrere Redakteure festgenommen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Ägypten: Razzia gegen regierungskritische Nachrichtenseite

(Bild: wk1003mike/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die autoritäre Führung Ägyptens ist am Wochenende gegen die letzte bedeutende unabhängige Nachrichtenseite des Landes vorgegangen und hat vorübergehend mehrere Mitarbeiter festgenommen, darunter auch den bekannten Redakteur Shady Zalat. Wie das betroffene Nachrichtenportal Mada Masr selbst berichtet, waren am Sonntag neun Kriminalpolizisten in die Redaktionsräume eingedrungen. Drei Redakteure wurden demnach mitgenommen und zu einer Polizeidienststelle gebracht, bevor sie am Abend wieder freigelassen worden. Wenig später kam demnach auch Zalat frei, der bereits am Samstag in den frühen Morgenstunden festgenommen worden war.

Mada Masr gilt als letztes unabhängiges Medium in Ägypten und ist für investigativen Journalismus und kritische Analysen in arabischer sowie englischer Sprache bekannt, fasst die taz zusammen. Die Seite ist seit Jahren blockiert und nur per VPN erreichbar, schreibt die BBC. Vor wenigen Wochen sei nun bereits ein US-amerikanischer Redakteur an der Einreise nach Ägypten gehindert und deportiert worden. Was genau die Eskalation am Wochenende ausgelöst hat, sei unklar, aber Mada Masr hatte zuletzt darüber berichtet, dass einer der Söhne von Präsident Abdel Fattah al-Sisi seinen Posten beim Geheimdienst verloren habe, nachdem er die Medien während einer kurzlebigen Protestwelle im September "nicht im Griff gehabt habe".

Wie das ägyptische Onlineportal nun erläutert, waren Sonntagmittag Kriminalpolizisten in die Redaktion eingedrungen und hatten rasch die Laptops und Telefone aller Anwesenden konfisziert. Sie hätten sich nicht ausgewiesen und auf Nachfragen barsch reagiert. Schließlich seien alle Ausweise eingesammelt und die anwesenden 16 Personen in den Newsroom gebracht worden. Einige hätten sogar ihre Smartphones und Laptops entsperren müssen, woraufhin diese durchsucht worden seien. Befragt wurden demnach auch zwei Mitarbeiter des französischen Nachrichtensenders France 24, die für ein Interview zur Festnahme von Zalat gekommen waren. Einen Haftbefehl hätten die Sicherheitskräfte nicht gehabt.

Die Franzosen seien danach in ihre Unterkunft gebracht und ihre Ausweise kontrolliert worden. Man habe ihnen gesagt: "Sie sind nicht das Problem, das Problem ist die Seite." Unterdessen seien drei Redakteure von Mada Masr mit einem Kleinbus zu einer Polizeidienststelle gebracht worden. Freunde seien ihnen gefolgt und hätten danach beobachtet, wie die drei mit Handschellen aneinander gekettet wieder in ein Fahrzeug gebracht und an den Rand Kairos gefahren worden seien. Kurz darauf habe das Fahrzeug aber gewendet und bei der ersten Polizeidienststelle seien sie freigelassen worden. Kurz zuvor habe sich auch Zalat gemeldet, der demnach nach anderthalb Tagen in Gewahrsam auf der großen Ringstraße Kairos ausgesetzt worden war.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach angesichts der Ereignisse von einer "gefährlichen Eskalation". Ägyptens Führung geht immer wieder mit harter Hand gegen Kritiker und Oppositionelle vor. Menschenrechtsorganisationen zufolge sitzen Tausende Menschen aus politischen Gründen in Haft. Ende September war es in dem Land erstmals seit Jahren wieder zu größeren Protesten gegen al-Sisi und die Regierung gekommen. Die Menschenrechtsorganisation Egyptian Commission for Rights and Freedoms (ECRF) berichtete, danach seien 4300 Menschen festgenommen worden. Ihnen würden Proteste ohne Genehmigung, die Verbreitung von Falschinformationen und Missbrauch sozialer Medien vorgeworfen. (mit Material der dpa) / (mho)