Atomkraft: Feine Risse machen AKW Tihange 2 und Doel 3 nicht unsicher
Belgische und deutsche Experten haben die Risse in den beiden belgischen AKW begutachtet und meinen nun, es gäbe "ausreichende Reserven" gegen einen Kollaps.
Die belgischen Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 machen seit Jahren wegen feiner Risse in den Druckbehältern der Reaktoren Negativ-Schlagzeilen – doch Experten sehen kein größeres Risiko. Die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK), die die Bundesregierung berät, legte am Montag einen 19-seitigen Bericht zu den Meilern vor, die sich nahe an der deutschen Grenze befinden. Darin heißt es, es sei "plausibel", dass die Risse während der Herstellung entstanden seien und es sei nicht erkennbar, dass die Risse durch den Betrieb der Reaktoren zugenommen hätten. Für den Fall von erhöhtem Innendruck gebe es "ausreichende Reserven" gegen einen Kollaps.
Die Kommission sei davon überzeugt, dass eine Analyse 2017 alle "für die Bewertung relevanten Risse gefunden wurden", sagte RSK-Leiter Rudolf Wieland der Aachener Zeitung. Demnach widersprach er dem Verdacht, dass es noch "relevante, versteckte Risse" geben könnte.
"Offene Fragen geklärt"
Die offenen Sicherheitsfragen der deutschen Experten seien nun weitgehend geklärt, heißt es in einer Mitteilung des Bundesumweltministeriums; in einem Punkt sollen sie mit zusätzlichen Experimenten untermauert werden. Hierzu arbeiteten deutsche und belgische Experten in Forschungsvorhaben zusammen.
2016 hatte die ehemalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) Belgien gebeten, die AKW bis zur Klärung von Sicherheitsfragen stillzulegen. Auch ihre Nachfolgerin Svenja Schulze (SPD), die wie Hendricks aus Nordrhein-Westfalen kommt, hat bereits Sicherheitsbedenken in der Grenzregion angesprochen.
"AKW abschalten"
"Die Bitte an Belgien, die Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 vorsorglich abzuschalten, war 2016 richtig, weil es eine ganze Reihe offener Sicherheitsfragen gab", sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Belgien sei der Bitte damals zwar nicht gefolgt, aber seitdem hätten deutsche Experten einen engen fachlichen Austausch mit Belgien aufgebaut.
"Die aktuelle Bewertung durch die Reaktor-Sicherheitskommission ändert nichts an meiner grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber alten Atomkraftwerken in unseren Nachbarländern", sagte Schulze weiter. "Bei der Atomkraft gibt es immer ein Restrisiko. Daher bin ich froh über jeden Tag, den ein Atomkraftwerk früher vom Netz geht, und ich werde nicht nachlassen, für den Atomausstieg in unseren Nachbarländern zu werben."
Drei AKW sind noch in Deutschland in Betrieb (7 Bilder)
(mit Material der dpa) / (anw)