Blaue Briefe für Pop-Ups: Google warnt Website-Betreiber wegen Chrome-Adblocker
1000 Website-Betreiber bekamen laut Medienberichten eine Vorwarnung, besonders intrusive Werbung zu unterbinden. Der Konzern bereitet damit den Chrome-internen Adblocker vor.
Ab 2018 will Google intrusive Werbung mit einem Adblocker in Chrome blockieren -- nun verschickte der Konzern Warnungen an Websites, die von der Blockade betroffen sein könnten.
In der vergangenen Woche hat Google bereits den kommenden Chrome Adfilter in Entwicklerversionen des konzereigenen Browsers eingeführt – bislang ist die Funktion jedoch noch wirkungslos. Welche Websites von dem Adblocker betroffen sein könnten, legt der Konzern jetzt offen. Laut einem Bericht von AdvertisingAge haben nun zirka 1000 Betreiber von Websites eine drängende Warnung, Werbeformate wie Popups, Autoplay-Videos mit Ton oder Vorschaltseiten zu entfernen.
Populäre Angebote betroffen
Zu den Empfängern der Warnungen gehören demnach prominente Angebote wie Forbes.com, der britische Independent, ZDNet, PCMag und Eurogamer. Insgesamt soll Google über 100.000 Websites erfasst haben. Davon soll ungefähr ein Prozent so stark auf disruptive und nervende Werbung gesetzt haben, dass Google sich nun zu den Warnungen veranlasst sah. Informationen, ob deutsche Websites betroffen sind, liegen bislang nicht vor; Antworten auf entsprechende Anfragen von heise online stehen noch aus.
Augenscheinlich hat die Ankündigung von Google, seinen Adblocker im Jahr 2018 freizuschalten, bei den Verlegern bisher noch nicht allzu großen Eindruck gemacht. So hat Forbes.com gerade seine Website überarbeitet, um die Ladezeiten zu optimieren und so im Google-Ranking besser abzuschneiden. Dennoch setzt das Angebot weiterhin auf Autoplay-Videos mit Ton und Vorschaltseiten, um den Nutzern mehr Werbung präsentieren zu können. Diese beiden Werbeformate hatte die Coalition for Better Ads bereits im Frühjahr als zu disruptiv und damit als unzulässig eingestuft.
Chrome soll radikal blockieren
Um den Webmastern einen möglichst großen Anreiz zu bieten, sich an die neuen Werberichtlinien der Coaltion for Better Ads zu halten, setzt Google auf einen radikalen Ansatz. Der Google Adfilter blockiert nach den aktuellen Plänen nicht nur als unzulässig erkannte Werbeformen: Hat eine Website nach Auffassung von Google einen Grenzwert störender Werbeformate überschritten, soll gleich jede Werbung blockiert werden – selbst die Werbeformate, die von Googles Werbesparte selbst ausgespielt werden. Angesichts der Marktdominanz von Chrome dürfte eine solche Totalblockade zu erheblichen Einnahmeverlusten führen. Verleger werfen Google deshalb bereits im Vorfeld Machtmissbrauch vor.
Wie es um die eigenen Website steht, können Betrieber in dem Ad Experience Report nachschlagen, in dem Google ähnlich wie bei Google Analytics Daten zu der ausgespielten Werbung bereitstellt. Teilweise wird hier sogar in Videos präsentiert, wie sich eine Website für einen Nutzer darbietet.
Einnahmequellen sollen erhalten bleiben
Das Marktpotenzial für Online-Werbung will Google jedoch nicht zu stark beschneiden – schließlich ist Werbung fast die einzige relevante Einnahmequelle des Milliardenkonzerns. Die Marktinitiative von Google und der Teilnehmer der Coalition for Better Ads soll nur Fehlentwicklungen beseitigen. So experimentiert Google derzeit selbst mit Autoplay-Videos, bei denen allerdings der Ton stumm bleibt, bis der Nutzer das Video aktiviert.
Google versuchte auch parallel mit einer Neuauflage der Bezahl-Option Google Contributor den Website-Betreibern eine neue Einnahmequelle zu schaffen. Allerdings ist das Programm wenig erfolgreich. So schaltete Androidpolice als einer der ersten Teilnehmer an Google Contributor das Programm schon nach wenigen Wochen wieder ab. Der Gründer der Website Artem Russakovskii nannte die Neuauflage "a huge mess" – ein großes Schlamassel.
So sorgte das Program dafür, dass Büroarbeiter hinter manchen Firewalls nicht mehr auf die Inhalte der Website zugreifen konnten. Offenbar wurde die Blockade von Skripten von Google als Umgehungsversuch eingestuft und sorgte so für eine Sperre der betroffenen Nutzer. Dem gegenüber standen gerade einmmal 100 Besucher pro Tag, die jeweils geringe Cent-Beträge zur Finanzierung der Website beitrugen. Androidpolice hat deshalb seine Teilnahme an Contributor zurückgezogen. (jk)