Computer-Gesichtserkennung im Bahnhof – Proteste abgeflaut
Vor Beginn des sechsmonatigen Testlaufs war der Protest laut. Überwachungskameras, die Gesichter erkennen – das sorgte bei Datenschützern für Sorgenfalten. Nun sind knapp drei Monate verstrichen. Von Widerstand ist nicht mehr viel zu bemerken.
Der Test zur Gesichtserkennung durch Überwachungskameras und Computer in einem Bahnhof ist in der ersten Hälfte der Laufzeit störungsfrei geblieben. Es habe seit dem Beginn Anfang August keine Angriffe auf die Technik im Berliner Bahnhof Südkreuz gegeben, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Die Kameras seien nicht beschädigt worden, ebenso wenig die Markierungen auf dem Boden, die die Fahrgäste der Bahn auf die Beobachtung durch die Kameras hinweisen. Nach einigen friedlichen Protesten zum Beginn des sechsmonatigen Tests sei schnell Ruhe eingekehrt. Die Bundespolizei hatte vor Beginn des Versuchs befürchtet, dass gewalttätige Datenschützer oder Linksextremisten im Bahnhof Kameras zerstören könnten.
Probelauf läuft normal
Von den 300 freiwilligen Teilnehmern an dem Probelauf für Kameras und Computer seien nur drei Menschen nach dem Start abgesprungen, sagte der Sprecher. Die Gründe für den Ausstieg hätten alle im privaten Bereich gelegen, etwa weil nach einem Umzug der Bahnhof nicht mehr genutzt wird. Aus politischen Gründen habe keiner der Teilnehmer seine Mitwirkung abgebrochen.
Ob die Kameras und Computer tatsächlich im täglichen Betrieb zuverlässig die gespeicherten Gesichter der Testpersonen erkennen, wollte die Bundespolizei nicht sagen. Man werde erst den Schluss des Probelaufs Ende Januar abwarten und dann die Auswertung der großen Datenmengen, bevor man etwas veröffentlichen werde, hieß es. Zudem hatten die Software-Firmen in der ersten Testphase noch Zeit, ihre Programme anzupassen und zu verändern. Es habe eine "Feinjustierung" gegeben, sagte der Sprecher.
"Unglaublicher Sicherheitsgewinn für die Bevölkerung"
Seit dem 1. August werden in dem Fern- und S-Bahnhof die Bilder von drei Kameras – je eine an einem Ein- und Ausgang sowie an einer Rolltreppe – speziell ausgewertet. Drei Computerprogramme vergleichen alle gefilmten Gesichter mit den gespeicherten Profilen von 300 Testpersonen, die den Bahnhof regelmäßig benutzen. Das Bundesinnenministerium, die Bundespolizei und die Deutsche Bahn wollen so klären, wie zuverlässig die Technik der automatisierten Gesichtserkennung funktioniert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zum Start des Projekts von einer "erstaunlichen Treffgenauigkeit" und einem "unglaublichen Sicherheitsgewinn für die Bevölkerung" gesprochen.
Die öffentliche Fahndung nach "Terroristen, nach Gefährdern, nach schweren Straftätern" könne durch Gesichtserkennungsprogramme und Kameras massiv verbessert werden, hob de Maizière damals hervor. Alles unter der Voraussetzung, dass die Technik zuverlässig funktioniere. Datenschützer kritisierten den Test scharf. Durch diese Technik würden die Persönlichkeitsrechte von Menschen verletzt, und der Überwachungsstaat weite sich aus.
Die Bahn hat in etwa 900 ihrer Bahnhöfe insgesamt 6000 Kameras installiert. Im Testbahnhof Südkreuz sind es 77 Kameras, 3 davon liefern die Bilder für die Computerprogramme zur Gesichtserkennung. (mho)