Deutsche Konkurrenz fĂĽr dot.cd

Ein Werbegag der besonderen Art: Josef Kabila, Präsident des Kongo, soll dem Bundeskanzler die Domain www.gerhard.schröder.com überreichen.

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Von
  • Monika Ermert

Josef Kabila, Nachfolger seines Vaters im Präsidentenamt der Demokratischen Republik Kongo, soll heute dem deutschen Kanzler bei einem gemeinsamen Gespräch ein etwas extravagantes Gastgeschenk überreichen: die Domain gerhard.schröder.com. Nicht dass das vom Bürgerkrieg zerrissene Land ein Vorreiter bei der Einführung multilingualer Domains wäre – vielmehr handelt es sich dabei um einen kleinen Marketing-Gag des Friedrichsthaler Unternehmens Key-Systems, das künftig die kongolesischen Domains unter .cd verwalten und weltweit vermarkten wird. Für 50 Euro können laut der Erklärung des Startup-Unternehmens ab kommender Woche die cd-Domains registriert werden, Neukunden im Kongo sollen zwischen 18 und 30 Euro bezahlen. Spezielle Preise sind für Adressen mit nur drei Buchstaben geplant, etwa abc.cd.

"Ein regelrechter Kauf der Domain wäre im dortigen Parlament nicht durchgegangen", meint ein Berater von Key-Systems. Daher sieht der nun ausgehandelte Vertrag nach Angaben des Unternehmens eine prozentuale Beteiligung des für den Bereich zuständigen Telekommunikationsministeriums an den Registriergebühren vor. Wie hoch der Anteil ist, wollte das Unternehmen nicht mitteilen. Man fürchtet angeblich, der Konkurrenz einen zu genauen Einblick in die eigene Kalkulation zu gewähren. Mehrere Konkurrenten hatten sich offensichtlich ebenfalls für die Länderdomain interessiert. Geschäftsführer Alexander Siffrin nannte sowohl das US-Unternehmen dot.TV, das sich direkt an Key-Systems gewandt hatte, als auch die schwedische Telia als Interessenten.

Die Jagd auf die möglicherweise für die Musikbranche interessante Domain offenbart den Trend, immer mehr Länderdomains (ccTLDs) als echte Top Level Domains über die eigenen Ländergrenzen hinweg zu vermarkten oder vom Ausland aus vermarkten zu lassen. Key-Systems, das sich bislang als Mitbegründer des Council of European Registrars (CO-EUR) um die eu-Domain kümmert und die von der ICANN nicht gern gesehenen Vorregistrierungen für die sieben neuen Top Level Domains und die noch umstritteneren mehrsprachigen Domains entgegennimmt, hatte .cd bei der Suche nach einer attraktiven Länderdomain entdeckt.

"Es war dann allerdings ziemlich schwierig, den bisherigen Manager aufzuspüren", berichtet Alexander Siffrin. Der Mann, dem Jon Postel verschiedene afrikanische ccTLDs übertragen hatte, lebt in der Schweiz, und hatte die Domain offenbar in Eigenregie und unabhängig vom kongolesischen Ministerium betrieben. "Semilegal" bezeichnet Siffrin das Geschäftsgebaren. Ein Vertreter innerhalb der kongolesischen Administration habe möglicherweise mitverdient.

Das kongolesische Telekommunikationsministerium, durch die Siffrinschen Aktivitäten aufmerksam geworden, bemühte sich anschließend jedenfalls selbst um die vernachlässigte Einnahmequelle und schloss schließlich den Vertrag mit Key-Systems, das nun auch Büros in Berlin und Kinshasa eröffnen will.

Viele afrikanische Domains werden derzeit noch vom Ausland aus betrieben, sagt Pierre Ouedraogo vom Serverzentrum des Institut francophone des Nouvelles Technologies de l'Informations et de la Formation (INTIF). Ein zentrales Anliegen für ihn ist dabei vor allem, die Verträge so zu gestalten, dass die jeweiligen Länder die Domains selbst managen können, sobald die technischen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Angesichts des Interesses internationaler Unternehmen für sprechende Adressen wie etwa auch .dj, urteilt er: "Eigentlich gehört das ccTLD-Management schon ins eigene Land, genauso wie die Entscheidung über andere Infrastrukturen." Die INTIF unterstützt afrikanische Länder beim Aufbau eigener Strukturen.

Der Vertrag von Key-Systems ist zunächst einmal unbefristet. Die an die 1.000 bereits bestehenden Registrierungen will Siffrin allerdings auf Servern im Land selbst weiterbetreuen, vorerst zu den gleichen Konditionen und zum bestehenden, hohen Preis. Es seien auch namensrechtlich bedenkliche Domains dabei, fürchtet Siffrin, die man gerne nach kongolesischem Recht behandelt sehen möchte. Für Neuregistrierungen aus Deutschland und Europa, die auf hiesigen Servern liegen, soll in Zukunft deutsches Recht gelten. Bei der Streitschlichtung will man auf die Regelung für den europäschen Adressbereich warten und nicht die von ICANN für die gTLDs entworfene Unified Dispute Resolution Procedure (UDRP) zurückgreifen. Geplant ist auch, künftig CO-EUR- und ICANN-Registrare bei der Vermarktung einzubinden.

ICANN muss die Redelegation übrigens noch vollziehen, mit der behördlichen Zustimmung aus dem Kongo im Rücken glaubt sich Key-Systems allerdings auf der sicheren Seite. "Möglicherweise wird ICANN zwar versuchen, das parallel für den Kongo noch aktive .zr (für Zaire), für das wir ebenfalls verantwortlich sind, abzuschaffen", hieß es. Aber auch andere Länder verfügten doch über mehr als eine Top Level Domain. "Die USA haben immerhin neben us auch noch gov, mil oder edu."

Am Rande des heutigen Staatsbesuchs will Key-Systems der kongolesischen Delegation übrigens gleich noch weitergehende Pläne des deutschen Startups darlegen. Weil innerhalb des Kongos die Telekommunikationsinfrastruktur völlig defizitär ist, soll das dort noch zu gründende Tochterunternehmen mit lokalen Partnern Internet über das Stromkabel anbieten. (Monika Ermert) / (jk)