Einwanderungsgesetz: IT-Fachkräfte auch ohne formalen Abschluss willkommen
Die Bundesregierung hat Eckpunkte zur Fachkräftezuwanderung aus Drittstaaten beschlossen. Die Vorgaben für IT-Experten werden deutlich gesenkt.
Die von der Wirtschaft händeringend gesuchten IT-Fachkräfte und weitere Spezialisten in "ausgewählten Engpassberufen" sollen künftig aus Nicht-EU-Staaten auch ohne jeden formalen Bildungsabschluss nach Deutschland kommen und hier arbeiten dürfen. Dies geht aus Eckpunkten zur Fachkräfteeinwanderung vor, die das Bundeskabinett am Dienstag befürwortet hat.
Voraussetzung für eine Immigration ist laut dem Papier, das Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gemeinsam mit seinen für Wirtschaft und Arbeit zuständigen Kollegen Peter Altmaier (CDU) und Hubertus Heil (SPD) erarbeitet hat, dass sie "über ausgeprägte berufspraktische Kenntnisse" verfügen und bereits eine feste Zusage für einen Arbeitsplatz haben.
Nicht nur Hochschulabsolventen
Alle Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung sollen für bis zu sechs Monate zur Arbeitssuche in passenden Bereichen auch ohne konkretes Jobangebot nach Deutschland kommen dürfen. Dies ist bislang nur Hochschulabsolventen etwa mit der "Blauen Karte" der EU gestattet. Bedingung ist, "dass eine anerkannte Qualifikation und der angestrebten Tätigkeit entsprechende deutsche Sprachkenntnisse vorliegen". Aus "konjunkturellen Gründen" soll die Regierung per Verordnung "bestimmte Berufsgruppen" von diesem Angebot ausschließen können.
Den Bezug von Sozialleistungen hat das Kabinett für diese Phase explizit ausgeschlossen. Zugleich hält es daran fest, dass Interessierte vor der Einreise nachweisen müssen, für ihren Lebensunterhalt aufkommen zu können. Die Klausel soll zudem zunächst auf fünf Jahre befristet werden. Von der Möglichkeit eines "Spurwechsels" vom Asyl- in das Einwanderungsverfahren, wie sie die SPD gefordert hatte, ist wörtlich keine Rede.
Ist ein Arbeitsvertrag bereits unterschrieben, sollen Akademiker und Fachkräfte "in allen Berufen, zu denen die erworbene Qualifikation befähigt", in Deutschland tätig werden können. Bisher ist dies Möglichkeit auf Arbeitsbereiche beschränkt, in denen die Bundesagentur für Arbeit Engpässe festgestellt hat. Dies gilt momentan für 61 Berufe und Untergruppen.
Lob aus der Wirtschaft
Zudem soll die bereits bestehende Option, auf der Basis ausländischer Qualifikationen einen hierzulande anerkannten Abschluss zu erreichen, stärker genutzt werden. Das Anerkennungssystem für Berufsabschlüsse will Schwarz-Rot etwa durch eine "Clearingstelle" vereinfachen.
Die Informationsseite Make it in Germany soll "zu einem Dachportal der Bundesregierung" ausgebaut werden. Schwarz-Rot will ferner das Visumverfahren digitalisieren, E-Government verstärkt nutzen und ein "wettbewerbsfähiges Online-Angebot" zur Information rund um Verfahren zwischen Visastellen, Ausländerbehörden, Arbeitsverwaltung, Prüfstellen sowie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schaffen.
Der IT-Branchenverband Bitkom begrüßte den Kompromiss, da derzeit in Deutschland rund 55.000 Stellen für IT-Spezialisten unbesetzt seien. Dadurch gingen den Unternehmen rund zehn Milliarden Euro Umsatz pro Jahr verloren. Gerade in der Digitalbranche seien formale Bildungsabschlüsse weniger wichtig als die beruflichen Erfahrungen und Fähigkeiten, die häufig etwa mit Zertifikaten nachgewiesen werden könnten. (anw)