Euro-Staaten wollen weiter MĂĽnzen im Milliardenwert produzieren

Trotz bargeldloser Bezahlmöglichkeiten mit Karte oder Smartphone planen die EU-Länder, auch 2020 Euromünzen in großem Stil in Umlauf bringen.

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Euro-M�nzen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Friederike Marx
  • Jörn Bender
  • dpa
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Zu teuer und zu umständlich, bemängeln Kritiker. Andere hängen dagegen an den kleinen Euromünzen. Auch 2020 wollen die Euroländer Geldstücke in großer Menge in Umlauf bringen – vom verkupferten Kleingeld bis zu den Zwei-Euro-Stücken. Die 19 Staaten des gemeinsamen Währungsraumes wollen wie schon im Vorjahr einschließlich Sammlermünzen Geldstücke im Gesamtvolumen von 2,1 Milliarden Euro produzieren, wie aus der Genehmigung der Europäischen Zentralbank (EZB) hervorgeht.

Die meisten Geldstücke will auch 2020 Deutschland produzieren. Auf 621 Millionen Euro beläuft sich in Europas größter Volkswirtschaft das Volumen, davon 209 Millionen Euro für Sammler. Die EZB legt jährlich anhand des von den 19 Euroländern gemeldeten Bedarfs eine Obergrenze für das Gesamtvolumen der Münzen fest. In diesem Rahmen können die Länder dann die Geldstücke prägen lassen.

Umstritten sind vor allem 1- und 2-Cent-Münzen. Viele Verbraucher finden sie lästig, weil sie sich im Geldbeutel sammeln und diesen dick und schwer machen. Händler nutzen zwar gerne den psychologischen Effekt krummer Preise knapp unter dem vollen Euro, müssen dann aber an der Kasse Kleinstbeträge an Wechselgeld herausgeben.

Trotz der Kritik an dem verkupferten Kleingeld werden, gemessen an der Stückzahl, am häufigsten kleine Münzen produziert. Im Jahr 2018 gaben die Euro-Länder jeweils rund 3,4 Milliarden 1-Cent-Münzen und 2-Cent-Stücke aus. Zum Vergleich: 1-Euro-Münze und 2-Euro-Münze wurden jeweils etwa 1,5 Milliarden Mal geprägt. "Solange der Handel mit Preisen von 98 oder 99 Cent wirbt, werden die kleinen Münzen bleiben", sagt Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann. "Es gibt eine ganze Reihe von Menschen, die mit jedem Cent rechnen. Es ist also auch eine Frage der Wertschätzung."

In manchen Staaten ist das Auf- und Abrunden hingegen bereits üblich – etwa in den Niederlanden, Finnland und inzwischen auch in Belgien. Die kleinen Geldstücke bleiben aber auch dort gesetzliches Zahlungsmittel. Die Abschaffung einzelner Münzen könnte nur auf europäischer Ebene beschlossen werden. Befürworter einer Abschaffung kleiner Münzen führen als Argument auch ins Feld, allein die Materialkosten zu Herstellung von 1- und 2-Cent-Münzen übersteige deren Nennwert bei Weitem.

Deutschlands Einzelhändler halten nichts von freiwilligen Rundungsregeln im nationalen Alleingang. Das wäre erklärungsbedürftig und würde den Handel in den Verdacht einer Übervorteilung des Kunden bringen, argumentiert der Branchenverband HDE. Man würde sich allenfalls der Forderung nach einer europaweit verpflichtenden Regelung anschließen. Ein Versuch von Händlern in Kleve am Niederrhein, die Nutzung der Kleinstmünzen zurückzudrängen, lief vor einigen Jahren nicht wie erhofft. Das Problem: Die Händler mussten den Kunden das Rundungsverfahren immer wieder erklären.

Bundesbank-Vorstand Beermann sieht es pragmatisch: "Wir finden auch kleines Bargeld gut. Zuständig für die Prägung oder Einführung einer nationalen Rundungsregel sind aber die einzelnen EU-Länder, bei denen das Recht für die Ausgabe von Münzen liegt." Für Regelungen für die gesamte Europäische Union sei die Kommission in Brüssel zuständig.

In Deutschland ist Bargeld nach wie vor sehr beliebt – auch wenn die Liebe etwas zu schwinden scheint. Kleinere Beträge werden beim Einkauf meist noch mit Scheinen und Münzen bezahlt, doch bei größeren Besorgungen dominiert einer Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI zufolge inzwischen die Zahlung per Karte. Im Jahr 2018 wurde im stationären Einzelhandel erstmals mehr Geld per Giro- und Kreditkarte ausgegeben als in bar. Das EHI spricht von einem Wendepunkt. Mehr als drei Viertel der rund 20 Milliarden Einkäufe wurden allerdings in bar abgewickelt.

Zugleich sind mobile Bezahlverfahren wie Apple Pay oder Google Pay auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Immer wieder flammt die Diskussion über die Zukunft von Banknoten und Münzen auf. Die Debatte über eine mögliche Abschaffung des Bargeldes ist aus Beermanns Sicht eine "Phantomdiskussion": "Sie wird vor allem von denjenigen geführt, die damit bestimmte Geschäftsmodelle verbinden", meint der Bundesbank-Vorstand. (axk)