Europäisches Patentamt erleichtert Ansprüche auf Cloud Computing
Das Europäische Patentamt hat die Richtlinien für seine Prüfer erneuert. Es will damit seinen umstrittenen Kurs zu Softwarepatenten festigen und ausweiten.
Künftig könnte es Antragstellern einfacher fallen, in Europa Patente etwa auf Maschinenlernen oder Cloud Computing zu erhalten. Das Europäische Patentamt (EPA) hat vergangene Woche vorab die jüngste Version der Leitlinien veröffentlicht, nach denen die Prüfer der Münchner Behörde von November an Anmeldungen begutachten sollen.
Erläutert wird in den Leitlinien das Kriterium der "Technizität", wenn es um zeitlich begrenzte Monopolansprüche auf "computerimplementierte Erfindungen" geht. Die überarbeiteten Richtlinien zählen dazu viele neue Beispiele auf, die sich etwa auf "technische Funktionen" rund um Maschinenlernen, Simulationen, Geschäftsmodelle, die Darstellung von Informationen, Methoden für den Ablauf von Computerspielen oder Datenanalyse geht.
Software als solche eigentlich ausgeschlossen
Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) schließt "Programme für Datenverarbeitungsanlagen" beziehungsweise Software "als solche" in Artikel 52 von der Patentierbarkeit aus, da es sich dabei nicht um technische Erfindungen handle. Die Beschwerdekammern des EPA legen diese Klausel aber seit Jahrzehnten so aus, dass sie Monopolansprüche auf "computerimplementierte Erfindungen" zulassen. So gehen sie etwa bei der "Verbesserung des Kontrastes" eines Bilds oder bei der effizienteren Aufteilung von Arbeitsspeicher durch eine auf einem Computer laufende Software von einem "technischen Effekt" aus, der schutzwürdig sein könne. Laut Kritikern wird damit der EPÜ-Kerngehalt ausgehöhlt.
Bestehende Praxis wird formalisiert
Ganz nach dieser Lesart findet sich in den EPA-Leitlinien nun etwa der Hinweis, dass Algorithmen für Maschinenlernen zum "technischen Charakter" einer Erfindung beitragen dürften, wenn sie Zwecken wie der Klassifizierung digitaler Bilder auf Basis niedrigschwelliger Charakteristika wie deren Ecken dienen. Ferner wird die bereits bestehende Praxis formalisiert, wonach verschiedene Ansprüche in der gleichen Kategorie zugelassen werden, die auf Systeme für verteilte Rechneranwendungen wie Cloud Computing zielen. Ähnlich wie bei elektronischen Systemen mit einem Stecker und einer Steckdose können so künftig in einem Antrag unterschiedliche "Claims" für die Client- und Serverseite abgesteckt werden. Patentanmeldungen etwa zum Internet der Dinge, zu Robotern oder Künstlicher Intelligenz sind beim EPA zunehmend gefragt. (anw)