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Eve Online: Citizen Science löst wissenschaftliche Aufgaben per Crowdsourcing

Statt ihre Zeit nur zum Spaß zu verdaddeln, können Spieler von Eve Online helfen, menschliche Proteine zu kartieren. CCP hat in Köln neue Wissenschaftsprojekte für Spieler vorgestellt.

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Eve Online: Citizen Science löst wissenschaftliche Aufgaben per Crowdsourcing

(Bild: c't)

Lesezeit: 3 Min.

Hunderttausende Online-Spieler verbringen Millionen Stunden in ihrem Spiel. Die isländischen Entwickler von Eve Online überlegten mit Wissenschaftlern von den Universitäten in Reykjavik und Upsala, wie sie einen Teil dieser Zeit für wissenschaftliche Projekte nutzen könnten. So entwarfen sie das Project Citizen, bei dem Spieler wissenschaftliche Fleißaufgaben lösen. Auf der Game Developers Conference in Köln stellten sie erste Ergebnisse vor und gaben einen Ausblick auf kommende Projekte.

Als erstes sollten sie bei der Kartierung menschlicher Proteine für den Human Protein Atlas helfen. Dazu entwickelte CCP ein Minispiel, das in die Welt von Eve Online nahtlos eingebunden wurde. Aufgabe war es, Proteine auf Fotos von Zellen farbig zu markieren. Um die Korrektheit der Daten zu verifizieren, mussten Spieler zunächst ihre Genauigkeit an einigen Testbildern beweisen. Zudem wurden die Bilder immer mehren Spielern zugewiesen, sodass sie sich selbst überprüfen konnten.

In Eve Online mussten Spieler Bilder von Zellen einfärben. Das Minispiel wurde nahtlos in die Rollenspielwelt integriert.

(Bild: ccp)

Die Resonanz war überwältigend. Eigentlich hatten die Wissenschaftler für die Kartierung 2 bis 3 Monate angesetzt. Aber die Spieler hatten bereits in den ersten 24 Stunden über 463.000 Klassifikationen auf 14.500 Bildern durchgeführt. Innerhalb von 3 Wochen waren sie mit allen Bildern fertig. Während dieser Zeit spielten 50,000 Spieler das Minispiel in Eve Online und fanden 3 bislang unbekannte Protein-Komponenten sowie 109 neue Protein-Kandidaten.

Damit eine solche wissenschaftliche Aufgabe gut in ein Spiel integriert werden kann, müssen gewisse Voraussetzungen vorhanden sein, erklärten Projektleiter Bergur Finnbogarson und Attila Szantner auf der GDC in Köln. So muss sich die Aufgabe in zeitlich konstante Abschnitte aufteilen lassen, damit Spieler ihre Zeit zum Lösen der Aufgaben gut kalkulieren können. Um Spieler über einen längeren Zeitraum am Ball zu halten, implementierte CCP diverse virtuelle Trophäen, die Spieler durch ihre Mitarbeit gewinnen und ihre Reputation im Spiel steigern können. Nach einem anfänglichen Peak konnten so rund 10 bis 20 Prozent der Spieler über einen längeren Zeitraum zur Mitarbeit motiviert werden.

CCP hat mit diesem ersten wissenschaftlichen Projekt unter dem Namen MMOS (Massive Multiplayer Online Science) eine allgemeine Schnittstelle und Datenbank für wissenschaftliche Minispiele in EVE Online implementiert. Mit ihr sollen künftig weitere Projekte folgen. Als nächstes sei etwa in Kooperation mit der Universität in Genf die Suche nach Exoplaneten geplant. Sie soll bis Ende des Jahres in Eve Online starten. Zudem denke CCP darüber nach, wie sich aus solchen Wissenschaftsspielen eSports-Wettbewerbe gestalten lassen.

Doch es gibt noch andere Spieleentwickler, die derzeit an der Integration wissenschaftlicher Projekte arbeiten. So sei CCP im Gespräch mit Gearbox, ob sie ein solches System nicht auch in Borderlands einbauen könnten. Das Project Zooniverse arbeite derzeit an Minispielen, in denen Spieler Fotos nach neuen Tierarten durchsuchen oder Handschriften erkennen. Eyewire sei dabei, aus der Kartierung des Gehirns ein Spiel zu machen. Ebenso könnte man in Fallout 4 beispielsweise die Untersuchung von Krebszellen in ein Minispiel integrieren oder aber die Suche nach neuen biologischen Spezies in No Man's Sky auf ein wissenschaftliches Fundament stellen. (hag)