Facebook-Transparenzbericht: Mehr Sperrungen wegen volksverhetzender und jugendgefährdender Inhalte
Facebook gibt über seinen halbjährlichen Transparenzbericht Einblick in einen Teil seiner Löschpraxis und welche Anfragen der Staat an das Netzwerk stellt. 2016 wurden Inhalte in Deutschland wesentlich häufiger "eingeschränkt" als zuvor.
Facebook hat im ersten Halbjahr 2016 wesentlich mehr Postings gesperrt, die als volksverhetzend, jugendgefährdend oder als Leugnung des Holocausts eingestuft wurden. Laut dem Transparenzbericht des Unternehmens wurden zwischen Januar und Juni 2016 insgesamt 1093 Inhalte "eingeschränkt", 940 davon wegen Leugnung des Holocausts.
Stetig gestiegen
Von Juli bis Dezember 2015 waren nur 366 Inhalte gesperrt worden, in den sechs Monaten von Januar bis Juni 2015 lediglich 188. In der zweiten Hälfte von 2014 waren es 60. Davor lag die Zahl nur im zweiten Halbjahr 2013 mit 84 "Einschränkungen" leicht höher. Nicht für alle Jahre ist genau ausgewiesen, welchen Anteil die Holocaustleugnung an der Gesamtzahl der gesperrten Inhalte hat. Zahlen für die Zeit vor 2013 werden von Facebook nicht bereitgestellt.
Auch Regierungsanfragen im Zusammenhang mit strafrechtlichen Fällen nahmen über die Halbjahre in Deutschland zu. Im ersten Halbjahr 2015 gab es 2344 Anfragen, im zweiten waren es schon 3140. Im ersten Halbjahr 2016 gab es 3695 Regierungsanfragen. Etwas weniger als der Hälfte der Anfragen wurde entsprochen. Seit 2013 ist der Anteil sukzessive gestiegen.
Auch im Transparenzbericht für die Facebook-Nutzung in Österreich ist ein hoher Anstieg der Inhalts-Einschränkungen über die erfassten Halbjahre sichtbar. Im ersten Halbjahr 2016 sollen ebenfalls 940 Inhalte wegen der Leugnung des Holocausts gesperrt worden sein. Im zweiten Halbjahr 2015 wurden 231 Beiträge aus diesem Grund gesperrt. Im ersten Halbjahr 2015 hatte die Zahl noch bei 170 gelegen, im zweiten Halbjahr 2014 wurden "0" Beiträge wegen Holocaustleugnung gesperrt.
Es werden in den Transparenzberichten sowohl Vorfälle erfasst, in denen Inhalte entfernt wurden, die Behörden als rechtswidrig eingestuft haben, als auch Fälle, die von nicht-staatlichen Stellen, wie beispielsweise Mitgliedern der Facebook-Gemeinschaft, Nicht-Regierungs- oder Wohltätigkeitsorganisationen, gemeldet wurden.
Auswertung schwierig
Die Zahl der Sperrungen kann sich durch ein größeres Bewusstsein für problematische Inhalte erklären, allerdings auch durch stärkere Auseinandersetzungen innerhalb sozialer Netzwerke. Der Transparenzbericht lässt diese Fragen offen. Facebook muss sich allerdings seit Monaten der Kritik aussetzen, bei Hasskommentaren und rechtswidrigen Postings viel zu intransparent und inkonsequent einzuschreiten. Das Unternehmen hat mittlerweile die Bertelsmann-Tochter Arvato damit beauftragt, Nutzerbeschwerden im Auftrag von Facebook zu bearbeiten, Beiträge zu bewerten und gegebenenfalls zu sperren. Rund 600 Mitarbeiter sind dafür bei Arvato im Einsatz. Die Richtlinien, nach denen die Arvato-Mitarbeiter Inhalte klassifizieren müssen, sind umstritten. (kbe)