Fire Emblem Three Houses im Test: Lehrreiche Taktikstunden

Das neue Fire Emblem bietet auf Wunsch viel Harry-Potter-Flair und Geselligkeit. Im Kern bleibt es aber die rundenbasierte Taktik-Schlacht, die Fans erwarten.

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Fire Emblem Three Houses im Test: Lehrreiche Taktikstunden
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Michael Wieczorek
Inhaltsverzeichnis

Der Alltag als Magister in der Militärakademie Garreg Mach wirkt harmonisch und friedlich: Nach dem Aufstehen dürfen Spieler eine Runde Angeln oder Blumen pflanzen. Nach dem gemeinsamen Mittagessen mit den Studenten und Studentinnen wird vielleicht noch eine Chorprobe abgehalten – fast könnte man meinen, in Fire Emblem Three Houses, Nintendos neuem Taktik-Spiel für die Switch, geht es mehr um zwischenmenschliche Interaktion als um abwechselnde Schwerthiebe auf dem Schlachtfeld. Das ist aber nur in den ersten drei Spielstunden so.

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Die Entwickler von Intelligent Systems erklären die vielen neuen Optionen und Spielelemente gehörig holprig nach dem Schema: Frontalunterricht! Auf Text-Boxen folgen ausschweifende Dialoge, die das nächste Tutorial begleiten. Nur zwischendurch darf der Spieler auch mal eine Einheit über das gitterförmige Schlachtfeld führen. Hier verlangt Nintendo außerordentlich viel Geduld.

Fire Emblem Three Houses im Test (10 Bilder)

Unser Hauptcharakter mit den Haus-Führern Edelgard, Claude und Dimitri (von links nach rechts)

Der Serientradition folgend übernehmen wir die Rolle eines weiblichen oder männlichen Kommandanten. Wir haben uns für die – nach heutzutage überholten Geschlechter-Klischees gezeichnete – feminine Variante entschieden. Die Handlung von Fire Emblem Three Houses umreißt das Schicksal des Königreichs Fódlan, das von den zahlreichen NPCs, Schurken und auch dem Spieler entschieden wird. Bereits früh müssen wir uns einem der drei namensgebenden Häuser anschließen: den Schwarzen Adlern, Blauen Löwen oder Goldenen Hirschen.

Die Häuser werden uns von ihrem jeweiligen Anführer schmackhaft gemacht. Die Schwarzen Adler werden zum Beispiel von der konservativen Adligen Edelgard geleitet. Entscheidet sich der Spieler für sie, bekommt er auch ihr komplettes soziales Umfeld dazu und lenkt es durch die Geschichte. Im späteren Spielverlauf ist es auch möglich, den anderen Häusern ein paar Charaktere abzuwerben.

Die Militärakademie Garreg Mach, in der unsere Kommandantin als Magistra angestellt wird, ist eindeutig inspiriert von Harry-Potters Hogwarts. Dort können Spieler viel Zeit mit teilweise sehr elegant verwobenen Kurzgeschichten und Dialogen verbringen. Wirklich wichtig für das Vorankommen ist aber nur die Ausbildung und Spezialisierung der eigenen Streitkräfte. Das funktioniert mit einer visuell aufgebohrten Version der aus den Vorgängern bekannten Menüs.

Wer schon einige Fire-Emblems durchgespielt hat, freut sich über zahlreiche Individualisierungsmöglichkeiten. Zum ersten Mal kann jeder Charakter das Führen aller Waffen- und Magie-Kombinationen erlernen. Das bedeutet viel Freiheit, setzt aber auch das nötige Fachwissen über die Klassen und penible Planung voraus.

Das Stein-Schere-Papier-Prinzip der Waffen (Weapon-Triangle) wurde entschärft, sodass nun auch Lanzenträger gegen Axt-schwingende Gegner eine Chance haben. Mit der Fertigkeit Lanzenbrecher werden sie sogar noch effektiver. Auf solche Fähigkeiten müssen Spieler nun viel mehr achten als auf die geführte Waffe. Auch den Spezialmanövern muss mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden als früher. Sie nutzen die Waffen stark ab, weswegen ein Besuch beim Schmied nach den Kämpfen zur Pflicht wird.

Dritter wichtiger Baustein nach den Fertigkeiten und Spezialmanövern sind die neuen Bataillone, die Schwächen eines Charakters ausgleichen können. Mit einem Reiter-Bataillon an seiner Seite ist unser Bogenschütze zum Beispiel deutlich besser aufgestellt, wenn gegnerische Nahkämpfer anrücken.

Apropos: Die Battaillone sind auch optisch ein echter Hingucker. Die Schlachtfelder wirken durch sie deutlich lebendiger als in früheren Serienteilen. Freie Kamerafahrten sorgen für zusätzlichen Augenschmaus. Mehr Überblick bringt aber die klassische Sicht von oben. Während der Erkundung der Akademie fallen hier und da leichte Ruckler beim Bildaufbau unschön auf. 30 Bilder pro Sekunde hält Fire Emblem nicht stabil. Das Gameplay wird dadurch allerdings nicht negativ in Mitleidenschaft gezogen.

Serieneinsteiger freuen sich über das automatische lineare Aufleveln auf vorbestimmte Spezialisierungen, eine Rückspulfunktion auf dem Schlachtfeld und den abschaltbaren Permadeath der Charaktere. Das sollte man sich aber gut überlegen: Der permanente Tod ist eine gepflegte Serientradition, die den Kämpfen die nötige Prise Dramatik geben kann.

Während sich die grobe Handlung zwischen den drei Häusern zu Beginn kaum unterscheidet, ist die zweite Spielhälfte der rund 70-stündigen Kampagne dominiert von politischen Ansichten und Entscheidungen ihrer Anführer und Anführerinnen. Zwar darf auch der Spieler Einfluss nehmen, meist aber nur in kleinem Maße in einem Multiple-Choice-Dialog. Romanzen sind in jedwede Geschlechterorientierung möglich, allerdings beschränkt sich Three Houses auf nur eine spielbare Generation.

Besonders lobenswert ist die Musikuntermahlung sowie die gute englische und japanische Sprachausgabe. Deutsche Stimmen gibt es leider nicht, aber ordentliche Übersetzungen aus dem japanischen Original. Mit englischen Stimmen kommt es also mitunter zu ein paar Diskrepanzen bei der Übersetzung.

Fire Emblem Three Houses ist von der USK ab 12 Jahren freigegeben. Das Mindestalter ist wegen der Gewaltdarstellung im späteren Spielverlauf angemessen, wenn das Switch-Fire-Emblem auch mit einigen Handlungswendungen punkten kann. Abseits vom sehr holprigen Einstieg hat Intelligent Systems mit Three Houses fast alles richtig gemacht. Wer die Welt eifrig erkundet und jeden Story-Schnipsel aufsaugt, wird mit ambitionierten Kurzgeschichten belohnt. Hardcore-Taktiker bekommen so viele Freiheiten wie nie zuvor und können sich ihr Runden-Schach so gestalten, wie es ihnen gefällt. (wie)