Für fliegende Autos: NASA testet forscheren Autopiloten

Die NASA hat eine Cessna umgebaut, um neue autonome Systeme zu testen, darunter automatischen Flugfunk: "Wenn die Urban Air Mobility kommt, brauchen wir das."

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Rotes Aerocar

Vom straßentauglichen Luftfahrzeug Taylor Aerocar wurden 1949 sechs Stück gebaut. Dieses Stück steht im Museum of Flight in Seattle.

(Bild: gemeinfrei)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Urbaner Luftverkehr (Urban Air Mobility) gilt manchen Investoren als vielversprechendes Mittel, dem Stadtverkehr zu entfleuchen. Enge Straßenschluchten erforderten aber Flugmanöver, die klassische Flugzeug-Autopiloten niemals fliegen würden. Das ruft die NASA auf den Plan: Sie hat eine Cessna LC40 mit einem Autopilot-Prototypen ausgerüstet, der deutlich engere Kurven und stärkere Neigungen zu fliegen bereit ist. Dazu kommt eine Reihe weiterer experimenteller Sicherheitssysteme, darunter ein vollautomatischer Flugfunk.

"Es war schwierig, einen Lieferanten zu finden, der einen Autopiloten modifiziert und dann vielleicht ein, zwei Stück davon verkauft", berichtete NASA-Ingenieur Charles Howell, III., am Montag auf der Drohnenkonferenz Xponential in Chicago. Bei der südafrikanischen MGL Avionics wurde die NASA fündig. Sie lieferte einen Autopiloten, der im Vergleich zu zertifizierten Modellen waghalsige Flugmanöver durchführt.

Eine Cessna LC40 (Columbia 300)

(Bild: Farhill CC BY-SA 2.0 (Ausschnitt) )

Die Cessna LC40 (Lancair Columbia 300) gehört seit 2001 der NASA. Angeschafft wurde sie damals für ein Projekt zur Auslotung besserer Nutzung unausgelasteter Flugplätze. Jetzt wurde das Flugzeug um den zweiten Autopiloten erweitert, was auch doppelte Ausstattung mit Servomotoren erforderte. Dazu kommen Geräte zur Aufzeichnung von Video und allerlei Daten.

Die Testpiloten können zwischen dem klassischen Autopiloten, keinem Autopiloten und dem Einzelstück von MGL wählen. Sobald alle Genehmigungen vorliegen, sollen die Testflüge im zivilen Luftraum beginnen. Howell hofft, dass das in ein, zwei Monaten der Fall sein wird, wie er heise online verraten hat.

Doch mit dem Autopiloten alleine ist es nicht getan. Die LC40 soll eine ganze Reihe von Sicherheitssystemen aus NASA-Labors testen: EVAA, AGCAS, Autonomy Operating System, Automatic Voice Response System, sowie ICAROUS samt DAIDALUS.

Die graue Stange verbindet den bronzenen, analogen Servomotor mit dem Ruder, die orange Stange den neuen, digitalen Servo.

(Bild: NASA - gemeinfrei)

EVAA steht für Expandable Variable-Autonomy Architecture, ein modulares Software-Framework. Unter anderem hält es nach Hindernissen, anderen Luftfahrzeugen sowie Geländestrukturen Ausschau, um Kollisionen zu vermeiden. AGCAS (Automatic Ground Collision Avoidance System) wurde bereits 2013 entwickelt, um Piloten vor einem möglichen unerwünschten Bodenkontakt zu warnen. Es kommt inzwischen in F16-Kampfflugzeugen zum Einsatz und soll bereits mehr als einem halben Dutzend Piloten das Leben gerettet haben.

Neu ist, dass AGCAS nicht bloß Warnhinweise geben, sondern selbsttätig die Servomotoren aktivieren soll, um einen Aufschlag zu vermeiden. Das Automatic Voice Response System der NASA wiederum hört den Flugfunk ab, erkennt gesprochene Anweisungen von Fluglotsen und setzt sie automatisch in Flugmanöver um. "Wenn die Urban Air Mobility kommt, werden wir diese Art von Fähigkeiten brauchen", betonte Howell – auch wenn das so manchem menschlichen Piloten besonders zu denken geben dürfte.

NASA-Luftfahrtforscher Charles Howell, III., im Gespräch mit einer Konfernzteilnehmerin auf der Xponential 2019 in Chicago.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

ICAROUS steht für Integrated and Configurable Algorithms für Reliable Operations of Unmanned Systems und spricht aus, wohin die Reise gehen soll: Zu wendigen Luftfahrzeugen ohne menschliche Piloten. ICAROUS ist ein Forschungsprojekt für die Erkennung anderer Luftfahrzeuge zwecks Kollisionsvermeidung und setzt auf einen von der NASA entwickelten Algorithmus namens Detect and Avoid Alerting Logic for Unmanned Systems (DAIDALUS).

In der griechischen Mythologie bastelt Daidalos (Dädalus) aus Vogelfedern und Wachs Flügel für sich und seinen Sohn Ikaros (Ikarus), um von der Insel Kreta zu fliehen. Ikarus stürzt dabei ins Meer und überlebt die Flucht nicht.

Zwar ist die NASA vor allem für ihre Raumfahrtprogramme bekannt, ihren Ursprung hat sie aber in der Luftfahrt. Die Organisation wurde 1915 als Luftfahrtforschungsagentur NACA (National Advisory Committee for Aeronautics) gegründet. Ein steiniger Weg führte sie zur zivilen Raumfahrt, sodass sie 1958 zur NASA (National Aeronautics and Space Administration) erweitert wurde. Nach wie vor ist Luftfahrtforschung eine wichtige Aufgabe der NASA. (ds)