Kanzler-Halbbruder im Internet – "Weiser Ratgeber in ratlosen Zeiten"
Der Halbbruder von Bundeskanzler Gerhard Schröder bietet im Internet Ratschläge und Lebenshilfe an.
Auch Lothar Vosseler ist jetzt drin. Im Internet bietet der Halbbruder von Bundeskanzler Gerhard Schröder Ratschläge und Lebenshilfe an (www.lothar-vosseler.de). Der 53-Jährige beantwortet Fragen zu seinem bekannten Bruder, sagt, wie viel der größte Eisberg der Welt wiegt und verrät sein Rezept für original ungarisches Gulasch. Organisiert wird Vosselers Website von der Radioproduktionsfirma MB Produktionskontor GmbH i.G. (Düsseldorf). Nach Angaben des Unternehmens gab es im Juli 36.468 Besuche auf Vosselers Homepage, rund 400 E-Mails trudelten ein.
"Der Auftritt ist ziemlich gut angekommen, besser als erwartet", sagt Bodo Scheffels, Geschäftsführer der Firma. "Es gibt reine Juxgeschichten wie Fragen nach Lottozahlen oder nach dem Wetter auf Mallorca am 17. September. Außerdem kommen Wissensfragen, da muss Herr Vosseler teilweise sogar Lexika wälzen." In der Hauptsache drehen sich die E-Mails um Vosseler und sein Verhältnis zu Gerhard Schröder. Einige Surfer wollen wissen, ob die beiden sich immer gut verstanden haben und wie Vosseler mit Schröders Ehefrau Doris klar kommt. Andere interessiert, welche Politik Vosseler als Bundeskanzler machen würde und warum er als Kanzler-Halbbruder kein Amt hat.
Vosseler, ältestes von drei Kindern aus der zweiten Ehe von Schröders Mutter Erika, lebt in Detmold. 1995 verlor der gelernte Heizungsmonteur seine Arbeit als Programmierer in einem Rechenzentrum in Bielefeld. Nach dreieinhalb Jahren ohne Job ist der 53-Jährige seit Juli 1999 bei einer Firma beschäftigt, die Abwasserkanäle saniert. "Früher, als Gerhard noch Ministerpräsident war, war es einfacher, mit ihm in Kontakt zu treten. Zu meinen Aktivitäten sagt er nichts Negatives", sagt Vosseler. "Ich bitte ihn da nicht um Rat. Wenn wir Zeit haben, sprechen wir über private Sachen."
Im Wechsel blinken auf der Seite verschiedene Sprüche auf wie "Bruder ohne Kaschmir", "Bruder ohne Brioni", "Lothar Vosseler – Weiser Ratgeber in ratlosen Zeiten" und "Kanzler der Menschlichkeit". Außerdem können Tonbänder abgerufen werden. Neben seinen Auftritten in einer Comedy-Serie im Rundfunk in Nordrhein-Westfalen ist Vosseler auch mit einer wöchentlichen Kolumne im "Kölner Express" präsent.
"Ich kriege für diese Aktionen kein Geld. Am Internet reizt mich, dass da Freunde und Bekannte nachgucken können", erzählt Vosseler. "Ich helfe eben gerne, wenn ich kann. Für mich ist das alles eine Möglichkeit, einen Ausgleich zum Beruf zu finden und Menschen kennen zu lernen." Die Idee zu dem zusätzlichen Auftritt im Internet hatte die Düsseldorfer Radioproduktionsfirma. "Wir sehen das als Ergänzung zum Radio. Es gibt viel mehr Möglichkeiten, mit den Hörern zu kommunizieren, beispielsweise per E-Mail", sagt Geschäftsführer Scheffels.
Tauschen möchte Vosseler mit dem Bundeskanzler nicht. "Ich interessiere mich schon für Politik. Aber Politiker würde ich nicht sein wollen. Das ist mir zu stressig. Wenn ich sehe, was Gerd um die Ohren hat", sagt er. "Ich bin ein bisschen prominent und kann noch ungestört ein Bier trinken gehen." Offiziell hat sich das Bundeskanzleramt laut Produktionsfirma nicht zu Vosselers Internet- Auftritt geäußert. Scheffels: "Geplant sind noch ein Gästebuch und ein Chat-Forum, aber einen Link zum Bundeskanzleramt wird es nicht geben." Iris Auding, dpa ()
