Kleine-Welt-Phänomen soll bei der Internet-Datenvermittlung helfen

Spanische Forscher wollen die immer komplexer werdenden Routing-Tabellen innerhalb des Border-Gateway-Protokolls mit Anleihen aus der Soziologie verkleinern.

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Wie die gute, alte Briefpost folgen auch Daten, die durch das Internet wandern, normalerweise einem weitgehend vorhersehbaren Pfad, wenn es nicht zu Leitungsstörungen kommt. Mit zunehmendem Wachstum des Netzes sorgen sich Experten allerdings darum, dass die aktuell verwendeten Routing-Protokolle, über die die Informationen vermittelt werden, nicht mehr mit der stark anwachsenden Bandbreitennachfrage Schritt halten können. Spanische Forscher arbeiten deshalb an neuen Lösungen – und lassen sich dabei ausgerechnet von einem berühmten soziologischen Experiment inspirieren, bei dem es darum ging, Briefe über ein Netzwerk von Fremden auszuliefern, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe.

Seit vielen Jahren setzen Internet-Router auf das so genannte Border-Gateway-Protokoll (BGP). Die Technik legt die Wege, die die Datenpakete im Netz zu nehmen haben, relativ statisch fest und setzt voraus, dass jeder Knoten eine Liste von Netzwerkadressen speichert, die ihm sagt, wo Informationen basierend auf einem Gesamtüberblick des Netzes hinbefördert werden müssen. Diese Routing-Tabellen werden durch die Zunahme an Internet-Maschinen stetig größer und müssen immer häufiger aktualisiert werden. Das kann schlimmstenfalls zu einer Verlangsamung des Datenverkehrs führen. Denn: Jedes Mal, wenn sich das Netzwerk verändert, müssen zahlreiche zentrale Router aktualisiert werden.

An dieser Stelle könnte nun die Arbeit des Psychologen Stanley Milgram Abhilfe leisten. Er führte in den Sechzigerjahren soziologische Experimente durch, die die Idee des Kleine-Welt-Phänomens bekannt machten. Milgram stellte damals Freiwilligen die Aufgabe, einen Brief an einen Unbekannten weiterzuleiten, in dem sie ihn an Freunde oder Bekannte schickten, die dem Ziel einen Schritt näher sein könnten. Milgram maß damals, wie viele Zwischenstationen zwischen Sender und Empfänger notwendig waren und kam auf den erstaunlichen Mittelwert von 5,2.

Von dieser Idee ließ sich nun Marian Boguna von der Universität Barcelona inspirieren. Er konnte erstmals zeigen, dass sich dieser Ansatz auch auf Internet-ähnliche Netzwerke anwenden lässt. In einem Aufsatz, der in der Fachzeitschrift "Nature Physics" veröffentlicht wurde, demonstrierte er zusammen mit seinem Team, dass sich aus der Theorie ein Protokoll erstellen lässt, das Router die verlässliche Weiterleitung von Informationen ermöglicht, ohne zu viele Daten über das Gesamtnetzwerk zu besitzen. Dabei orientiert sich der Router unter anderem am physischen Ort sowie jenen Daten, die zuletzt erfolgreich übertragen wurden. Das Ergebnis: Die Routing-Tabelle konnte signifikant verkleinert werden. Boguna will seine Technik bald in einer echten Internet-Simulation testen.

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(bsc)