"Love and Sex with Robots": Menschen, Maschinen, große Gefühle
Vernetzte Technik bestimmt den Großteil unseres Alltags. Was passiert mit uns, wenn wir sie in unsere Schlafzimmer und Betten lassen? Darüber diskutieren Forscher auf dem zweiten Kongress zu "Love and Sex with Robots" am Goldsmith College in London.
Humans, Westworld, Ex Machina, Her: In aktuellen TV-Serien und Kinofilmen ist die Mensch-Maschine-Kommunikation in ihrer intimsten Form ein großes Thema. Die Pop-Kultur neigt dazu, eine mit Sex- und Liebesrobotern bevölkerte Welt als Dystopie zu beschreiben. Roboter lehnen sich gegen Ausbeutung auf, verlassen ihren Menschen oder töten gar ihren Schöpfer. Möglich wird das, weil sie über ein Bewusstsein verfügen. In der Realität ist die Technik rund um Künstliche Intelligenz (KI) noch annähernd nicht ausgereift genug, um Robotern solche Fähigkeiten zu geben.
Moralische Dilemma
Trotzdem ist Maschinen-Ethik in anderen Bereichen schon jetzt ein Thema, das für Designer und Entwickler eine Rolle spielt. Der Informatiker Oliver Bendel, Experte für Informationsethik und Maschinenethik, gab deshalb bei der "Love and Sex with Robots"-Konferenz einen Überblick darüber, welche Fragen in Bezug auf Sex-Roboter relevant sein können. Soll der Roboter zum Beispiel selbst aktiv werden und und nicht nur auf sexuelle Wünsche des Menschen reagieren? Roboter kennen keine Ermüdung, sie haben keinen organischen Körper, der ihnen Grenzen auferlegt. Damit können sie einen Menschen potenziell überfordern. Und dürfen Roboter umgekehrt auch nein sagen, sich menschlichen sexuellen Wünschen widersetzen?
Sex-Roboter nicht verbieten
Diese Probleme scheinen vielleicht noch weit entfernt. Aber vernetzte Sex-Tech Geräte, zu denen auch Sex-Roboter gehören, haben schon jetzt einen Jahresumsatz von 30 Milliarden US-Dollar und ihre weitere Verbreitung ist nicht aufzuhalten, sagt Kate Devlin. Die Informatikerin arbeitet in den Bereichen Human Computer Interaction (HCI) und KI und verteidigte in ihrer Keynote den Einsatz von Sex-Robotern. Statt die Roboter verbieten zu wollen, wie es unlängst eine Kampagne in Großbritannien forderte, setzt sich Devlin für den Dialog ein. Menschen sehnen sich nach Berührung und Zuneigung, aber nicht alle haben Zugang zu menschlichen Partnern. Alter, Behinderung oder soziale Phobien sind nur einige der möglichen Faktoren, die Menschen einsam bleiben lassen.
Devlin führt als positives Beispiel therapeutische Begleit-Roboter an, die schon jetzt in Alten- und Pflegeheimen sehr erfolgreich im Einsatz sind. Einen Schritt weiter gedacht, könnten Sex-Roboter das Wohlbefinden derer steigern, die keinen menschlichen Partner haben.
Menschlicher Kontakt durch Sex-Tech
Selbst diejenigen mit Partner können von Sex-Tech und Sex-Robotern profitieren. Die Anzahl der Menschen in Fernbeziehungen steigt stetig. Sexspielzeuge, die über das Internet miteinander verbunden sind, geben Paaren die Möglichkeit zu Intimität, selbst wenn sie in unterschiedlichen Zeitzonen leben. So präsentierte Emma Yann Zhang Kissenger, einen Mobile Kiss Messenger. Nutzer brauchen die Kissenger-Hardware, eine Art Schale, in die das eigene Smartphone gesteckt wird. Auf einer ovalen Fläche können die Nutzer ihren Kuss platzieren, der dann beim Empfänger als individueller Druck ankommt, während sie über eine App auch Video und Ton austauschen.
Erkenne dich selbst
Wird Sex mit Robotern also menschliche Intimität bald vollständig ersetzen? Die Wissenschaftler sehen es positiver: Durch den Kontakt mit Sex-Robotern hat der Mensch die Chance, sich selbst besser kennenzulernen und eigene Bedürfnisse zu formulieren. Das führt letztlich zu einem gesünderen Umgang mit der eigenen Sexualität – ob mit oder ohne Sex-Tech im Schlafzimmer. (kbe)