Konsolidiertes EU-Handelsabkommen mit Kanada steht im Netz
Mit dem Freihandelsvertrag sollen Urheber- und Patentrechte besser durchgesetzt werden können, Abfilmen im Kino kann strafbar werden. Auch enthält er das umstrittene Streitbeilegungsverfahren für Investoren.
Europa und Kanada wollen wirtschaftlich näher zusammenrücken. Seit Anfang August steht ein seit Jahren zwischen Brüssel und Ottawa verhandeltes Freihandelsabkommen weitgehend. Dessen Text ist jetzt im Internet nachzulesen: die Tagesschau hat das noch als "vertraulich" gekennzeichnete Dokument für das "Canada-EU Comprehensive Economic and Trade Agreement" (CETA) veröffentlicht.
Im Bereich der Rechte an immateriellen Gütern gibt es keine großen Überraschungen mehr, nachdem die Piraten im März einen Entwurf dazu online gestellt hatten. Viel geändert haben die Vertragsparteien daran nicht mehr. So könnte das sogenannte Camcording, das Abfilmen direkt von der Kino-Leinwand, bald in Europa kriminalisiert werden.
Gängige zivilrechtliche Durchsetzungsoptionen wie einstweilige Verfügungen oder Schadensersatz sollen nicht nur für Urheberrechte, sondern etwa auch für Patente gelten. Diese stünden so etwa auch "Softwarepatent-Trollen" zur Verfügung.
DRM wird noch einmal verankert
Noch einmal verankert wird der rechtliche Schutz von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM). Kopierschutztechniken wissentlich zu knacken soll genauso geahndet werden können wie Herstelunng und Vertrieb entsprechender Werkzeuge. Ausnahmen können im Interesse der Allgemeinheit oder spezieller Nutzergruppen festgelegt werden.
Die im EU-Recht enthaltenen Haftungsprivilegien für Provider werden angeführt. Dazu kommen aber recht vage Auflagen dafür, Inhalte nach Aufforderung von Rechteinhabern im "Notice-and-Takedown"-Verfahren herunterzunehmen, wie Nutzer darauf erwidern können sowie dazu, Beweismaterialien für Rechtsverstöße aufzubewahren, wozu eventuell auch Verbindungsdaten gehören könnten. Einzelheiten regelt der Text nicht.
Kritiker warnen vor einer "Paralleljustiz"
Enthalten sind auch Bestimmungen für das umstrittene Investor-State Dispute Settlement (ISDS). Laut Kritikern könnten damit Konzerne Nationalstaaten etwa wegen missliebiger Klauseln im Patent- oder Urheberrecht verklagen, so gegen umfangreichere Nutzungsfreiheiten vorgehen und eine "Paralleljustiz" etablieren. Die Bundesregierung hält solche Investitionsschutzabkommen zwischen "entwickelten Rechtsstaaten" zwar eigentlich nicht für erforderlich. In einer Antwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag schreibt sie aber zugleich, dass die Klausel eventuell trotzdem "hingenommen" werde, falls das europäische Gesamtinteresse an dem Vertrag überwiege.
Insgesamt gilt CETA als Vorlage für die geplante und stärker diskutierte "Handelspartnerschaft" TTIP zwischen der EU und den USA. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ist derzeit nach ARD-Angaben dabei, den Text zu prüfen. Der EU-Rat und das Straßburger Parlament müssen der Übereinkunft noch zustimmen. Mit großen Korrekturen ist nicht mehr zu rechnen. (anw)