Mit der Smartphone-App gegen die Angst
Ist Sicherheit messbar? Ein ehemaliger Bundespolizist entwickelt gemeinsam mit einem Studenten eine App, die Angsträume in Nordrhein-Westfalen aufdecken soll. Doch bei vielen Kommunen kommt die Idee nicht gut an.
Ein menschenleerer Bahnhof irgendwo auf dem Land, kaum beleuchtet, mitten in der Nacht. "Ein klassisches Beispiel für einen Angstraum", erklärt Udo Diederich. 41 Jahre lang war er Bundespolizist, nun hat er sich aus dem Berufsleben zurückgezogen. Das Kämpfen für mehr Sicherheit aber, das lässt ihn nicht los.
Gemeinsam mit Anton Borries, einem Studenten der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, arbeitet der 61-Jährige an einer App, die für mehr Sicherheit in Städten und Gemeinden sorgen soll. "Ich wollte für meine Abschlussarbeit etwas entwickeln, das am Ende auch einen praktischen Nutzen hat", sagt Borries.
Mehr Sicherheit in Städten
Nutzer sollen ihre ganz persönlichen Angsträume mit nur einem Knopfdruck melden können, so der Plan der App-Entwickler. Das Smartphone protokolliert den Standort und sendet ihn, gemeinsam mit eventuell zusätzlich freigegebenen Daten, an eine zentrale Datenbank.
Die Standortdaten werden gesammelt und analysiert. Den teilnehmenden Kommunen und Gemeinden soll am Ende jeden Monats eine aufbereitete Version zur Verfügung gestellt werden. Das soll den Kommunen in Rechnung gestellt werden.
Ideengeber Udo Diederich denkt über eine Verknüpfung mit dem jeweiligen Stadtplan nach, registrierte Angsträume will er farblich markieren. "So können Kommunen Schwerpunkte einfach erkennen und anschließend dafür sorgen, eben diese Angsträume abzuschaffen." Das könne man beispielsweise durch "die Installation zusätzlicher Beleuchtung oder vermehrte Präsenz der Ordnungshüter" erreichen, sagt Andreas Wohland vom Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen.
Skepsis bei den Kommunen
Mit der App wollen die Entwickler die Fakten auf den Tisch legen und den Kommunen zeigen, wo sie nachbessern müssen. Bei den Bürgern kommt das gut an, bei den Verwaltungsbehörden weniger - denn das Nachbessern kann hohe Kosten verursachen. Das sei wohl ein Grund dafür, dass viele Kommunen an der Testphase nicht teilnehmen wollen, sagt Diederich. Bisher hat lediglich die Stadt Willich ihre Teilnahme zugesagt.
Doch es gibt auch Kritik an der geplanten Anwendung. Angstforscher Borwin Bandelow von der Uni-Klinik Göttingen befürchtet, dass einzelne Stadtteile ein negatives Image bekommen könnten, "obwohl dort gar keine Straftaten verzeichnet wurden. Für Geschäfte und Händler kann das ein enormer Nachteil sein."
Subjektive Angst
Der Angstforscher empfiehlt den Kommunen, stärker auf die Entwicklung der tatsächlichen Kriminalität zu schauen und entsprechende Maßnahmen zu treffen, statt sich zu stark auf die subjektive Angst der
Bevölkerung zu verlassen. "Denn sonst werden Gebiete für gefährlich erklärt, die eigentlich nicht gefährlich sind."
Auch Udo Diederich weiß nicht, ob seine App wirklich den gewünschten Erfolg bringt. Ausprobieren will er es aber: "So kann man auch Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen." (dpa) (akr)